fachen Handwerke, beweist, wie langsam die Gewohn- heiten des häuslichen und wirthschaftlichen Lebens ganzer Völker sich ändern.
Uebrigens hängt die Zahl der Bäcker von zwei ganz verschiedenen Ursachen ab, 1) davon, wie viel Brod gegessen wird gegenüber Breiarten, gegenüber der Kar- toffelkonsumtion und 2) davon, wie viel Brod vom Bäcker gekauft, wie viel von den Hausfrauen selbst bereitet wird. Die erste Ursache kommt besonders für das platte Land und für die östlichen preußischen Provinzen in Betracht. Wenig hat sich da in den Lebensgewohn- heiten des ländlichen Arbeiters, des Landvolks noch geändert. Die Zahl der Landbäcker ist beinahe dieselbe 1849 und 1858. In Preußen im engern Sinne kommen auf 10000 Einwohner, wie oben schon erwähnt ist, 6, in Westfalen 21, in Württemberg 36 Bäcker- meister.
Ebenso freilich ist an diesen Zahlen die Haus- bäckerei schuld. Viebahn nimmt an, daß in Frankreich die Hälfte, in ganz Deutschland nur 1/3 des gebackenen Brodes vom Bäcker gekauft wird. Hauptsächlich im Nordosten Deutschlands ist auf dem Lande das Haus- backen noch üblich. Das Leben ist in dieser Beziehung da fast dasselbe, wie vor 50 und 100 Jahren. Wenn auch z. B. im Regierungsbezirk Köslin, der die wenig- sten Bäcker überhaupt hat, die Landmeister von 17 im Jahre 1849 auf 41 im Jahre 1861 gewachsen sind, so will das nicht viel sagen. Aber auch auf dem Lande in Mittel- und Westdeutschland hat sich noch nicht viel geändert. Viebahn berichtet von Sachsen
Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
fachen Handwerke, beweiſt, wie langſam die Gewohn- heiten des häuslichen und wirthſchaftlichen Lebens ganzer Völker ſich ändern.
Uebrigens hängt die Zahl der Bäcker von zwei ganz verſchiedenen Urſachen ab, 1) davon, wie viel Brod gegeſſen wird gegenüber Breiarten, gegenüber der Kar- toffelkonſumtion und 2) davon, wie viel Brod vom Bäcker gekauft, wie viel von den Hausfrauen ſelbſt bereitet wird. Die erſte Urſache kommt beſonders für das platte Land und für die öſtlichen preußiſchen Provinzen in Betracht. Wenig hat ſich da in den Lebensgewohn- heiten des ländlichen Arbeiters, des Landvolks noch geändert. Die Zahl der Landbäcker iſt beinahe dieſelbe 1849 und 1858. In Preußen im engern Sinne kommen auf 10000 Einwohner, wie oben ſchon erwähnt iſt, 6, in Weſtfalen 21, in Württemberg 36 Bäcker- meiſter.
Ebenſo freilich iſt an dieſen Zahlen die Haus- bäckerei ſchuld. Viebahn nimmt an, daß in Frankreich die Hälfte, in ganz Deutſchland nur ⅓ des gebackenen Brodes vom Bäcker gekauft wird. Hauptſächlich im Nordoſten Deutſchlands iſt auf dem Lande das Haus- backen noch üblich. Das Leben iſt in dieſer Beziehung da faſt daſſelbe, wie vor 50 und 100 Jahren. Wenn auch z. B. im Regierungsbezirk Köslin, der die wenig- ſten Bäcker überhaupt hat, die Landmeiſter von 17 im Jahre 1849 auf 41 im Jahre 1861 gewachſen ſind, ſo will das nicht viel ſagen. Aber auch auf dem Lande in Mittel- und Weſtdeutſchland hat ſich noch nicht viel geändert. Viebahn berichtet von Sachſen
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Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
fachen Handwerke, beweiſt, wie langſam die Gewohn-
heiten des häuslichen und wirthſchaftlichen Lebens ganzer
Völker ſich ändern.
Uebrigens hängt die Zahl der Bäcker von zwei
ganz verſchiedenen Urſachen ab, 1) davon, wie viel Brod
gegeſſen wird gegenüber Breiarten, gegenüber der Kar-
toffelkonſumtion und 2) davon, wie viel Brod vom
Bäcker gekauft, wie viel von den Hausfrauen ſelbſt
bereitet wird. Die erſte Urſache kommt beſonders für das
platte Land und für die öſtlichen preußiſchen Provinzen
in Betracht. Wenig hat ſich da in den Lebensgewohn-
heiten des ländlichen Arbeiters, des Landvolks noch
geändert. Die Zahl der Landbäcker iſt beinahe dieſelbe
1849 und 1858. In Preußen im engern Sinne
kommen auf 10000 Einwohner, wie oben ſchon erwähnt
iſt, 6, in Weſtfalen 21, in Württemberg 36 Bäcker-
meiſter.
Ebenſo freilich iſt an dieſen Zahlen die Haus-
bäckerei ſchuld. Viebahn nimmt an, daß in Frankreich
die Hälfte, in ganz Deutſchland nur ⅓ des gebackenen
Brodes vom Bäcker gekauft wird. Hauptſächlich im
Nordoſten Deutſchlands iſt auf dem Lande das Haus-
backen noch üblich. Das Leben iſt in dieſer Beziehung
da faſt daſſelbe, wie vor 50 und 100 Jahren. Wenn
auch z. B. im Regierungsbezirk Köslin, der die wenig-
ſten Bäcker überhaupt hat, die Landmeiſter von 17
im Jahre 1849 auf 41 im Jahre 1861 gewachſen
ſind, ſo will das nicht viel ſagen. Aber auch auf
dem Lande in Mittel- und Weſtdeutſchland hat ſich
noch nicht viel geändert. Viebahn berichtet von Sachſen
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/440>, abgerufen am 22.11.2024.
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