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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Der Brodkonsum und die Hausbäckerei.
ausdrücklich, daß man mehr zu dem Systeme der
häuslichen Brodbäckerei auf dem Lande zurückkehre,1
wie das mit dem Bau von Gemeindebacköfen ja auch
anderwärts geschieht. Was die Städte betrifft, so hat
in den höhern Kreisen das Hausbacken bedeutend abge-
nommen; in den untern aber verhält es sich, theil-
weise wenigstens, umgekehrt. Selbst der Aermste wird
dem Bäcker etwas durch Einkauf frischer Semmeln zu
verdienen geben. Das Selbstbacken des Brodes aber
hat in diesen Kreisen mit der steigenden Theuerung des
städtischen Lebens, mit den Nothständen des städtischen
kleinen Mannes wieder zugenommen. Von verschiedenen
Orten höre ich das; hier in Halle ist es entschieden der
Fall. Es hängt das in den preußischen Städten theil-
weise mit der Mahlsteuer zusammen. Beim Bäcker
muß sie mit bezahlt werden; zum Hausbacken bringt
man das Mehl in so kleinen Quantitäten durch die
Kinder in die Stadt, daß die Steuer vermieden wird.
Zugleich aber rechnet die Hausfrau ihre Arbeit nicht,
weil sie sie häufig doch nicht anders verwerthen kann,
während sie die des Bäckers theuer bezahlen muß.

1 Die Ergebnisse der sächsischen Statistik sind sehr zweifel-
haft. Nach der Zeitschrift 1857, S. 44 -- 55 zählte man länd-
liche Bäckereien 1846 - 1460, 1855 - 2046; also eine wesentliche
Zunahme; nach Zeitschrift 1863, S. 102 gab es ländliche Bäcke-
reien 1849 - 1147, 1861 - 1318, also eine Zunahme, welche
etwa der Bevölkerungszunahme entspricht. Mag das platte Land
1846/55 und 1849/61 anders gefaßt, und so theilweise die
Differenz zu erklären sein; immer bleibt es unmöglich, daß alle
Zahlen richtig sind; das reale Resultat ist zu verschieden.
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Der Brodkonſum und die Hausbäckerei.
ausdrücklich, daß man mehr zu dem Syſteme der
häuslichen Brodbäckerei auf dem Lande zurückkehre,1
wie das mit dem Bau von Gemeindebacköfen ja auch
anderwärts geſchieht. Was die Städte betrifft, ſo hat
in den höhern Kreiſen das Hausbacken bedeutend abge-
nommen; in den untern aber verhält es ſich, theil-
weiſe wenigſtens, umgekehrt. Selbſt der Aermſte wird
dem Bäcker etwas durch Einkauf friſcher Semmeln zu
verdienen geben. Das Selbſtbacken des Brodes aber
hat in dieſen Kreiſen mit der ſteigenden Theuerung des
ſtädtiſchen Lebens, mit den Nothſtänden des ſtädtiſchen
kleinen Mannes wieder zugenommen. Von verſchiedenen
Orten höre ich das; hier in Halle iſt es entſchieden der
Fall. Es hängt das in den preußiſchen Städten theil-
weiſe mit der Mahlſteuer zuſammen. Beim Bäcker
muß ſie mit bezahlt werden; zum Hausbacken bringt
man das Mehl in ſo kleinen Quantitäten durch die
Kinder in die Stadt, daß die Steuer vermieden wird.
Zugleich aber rechnet die Hausfrau ihre Arbeit nicht,
weil ſie ſie häufig doch nicht anders verwerthen kann,
während ſie die des Bäckers theuer bezahlen muß.

1 Die Ergebniſſe der ſächſiſchen Statiſtik ſind ſehr zweifel-
haft. Nach der Zeitſchrift 1857, S. 44 — 55 zählte man länd-
liche Bäckereien 1846 - 1460, 1855 - 2046; alſo eine weſentliche
Zunahme; nach Zeitſchrift 1863, S. 102 gab es ländliche Bäcke-
reien 1849 - 1147, 1861 - 1318, alſo eine Zunahme, welche
etwa der Bevölkerungszunahme entſpricht. Mag das platte Land
1846/55 und 1849/61 anders gefaßt, und ſo theilweiſe die
Differenz zu erklären ſein; immer bleibt es unmöglich, daß alle
Zahlen richtig ſind; das reale Reſultat iſt zu verſchieden.
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[419/0441] Der Brodkonſum und die Hausbäckerei. ausdrücklich, daß man mehr zu dem Syſteme der häuslichen Brodbäckerei auf dem Lande zurückkehre, 1 wie das mit dem Bau von Gemeindebacköfen ja auch anderwärts geſchieht. Was die Städte betrifft, ſo hat in den höhern Kreiſen das Hausbacken bedeutend abge- nommen; in den untern aber verhält es ſich, theil- weiſe wenigſtens, umgekehrt. Selbſt der Aermſte wird dem Bäcker etwas durch Einkauf friſcher Semmeln zu verdienen geben. Das Selbſtbacken des Brodes aber hat in dieſen Kreiſen mit der ſteigenden Theuerung des ſtädtiſchen Lebens, mit den Nothſtänden des ſtädtiſchen kleinen Mannes wieder zugenommen. Von verſchiedenen Orten höre ich das; hier in Halle iſt es entſchieden der Fall. Es hängt das in den preußiſchen Städten theil- weiſe mit der Mahlſteuer zuſammen. Beim Bäcker muß ſie mit bezahlt werden; zum Hausbacken bringt man das Mehl in ſo kleinen Quantitäten durch die Kinder in die Stadt, daß die Steuer vermieden wird. Zugleich aber rechnet die Hausfrau ihre Arbeit nicht, weil ſie ſie häufig doch nicht anders verwerthen kann, während ſie die des Bäckers theuer bezahlen muß. 1 Die Ergebniſſe der ſächſiſchen Statiſtik ſind ſehr zweifel- haft. Nach der Zeitſchrift 1857, S. 44 — 55 zählte man länd- liche Bäckereien 1846 - 1460, 1855 - 2046; alſo eine weſentliche Zunahme; nach Zeitſchrift 1863, S. 102 gab es ländliche Bäcke- reien 1849 - 1147, 1861 - 1318, alſo eine Zunahme, welche etwa der Bevölkerungszunahme entſpricht. Mag das platte Land 1846/55 und 1849/61 anders gefaßt, und ſo theilweiſe die Differenz zu erklären ſein; immer bleibt es unmöglich, daß alle Zahlen richtig ſind; das reale Reſultat iſt zu verſchieden. 27 *

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/441>, abgerufen am 22.11.2024.