Auch in den übrigen Zweigen der Gewerbepolizei setzte König Friedrich eine ähnliche Politik fort;1 beson- ders die Beförderung aller Art von Einwanderern wurde systematisch betrieben. Magdeburg wurde von den Pfälzern vollständig wieder aufgebaut. In Berlin mehr- ten sich die französischen Geschäfte und Gewerbe. Im Jahre 1690 sollen schon 43 Arten neuer Gewerbszweige durch die Wallonen und Franzosen in der Mark hei- misch geworden sein. Heftig klagten die einheimischen Gewerbe über diese neue Konkurrenz; aber die Regierung achtete nicht auf diese Klagen.
Unter Friedrich Wilhelm, dem sparsam klugen, hausväterlichen Tyrannen seiner Unterthanen, knüpften sich an diese Maßregeln weitere und tiefer eingreifende; Ausfuhrverbote von Rohstoffen, besonders von Wolle, Einfuhrverbote oder hohe Zölle resp. Acciseabgaben für fremde Manufakte werden erlassen. Walkmühlen, Fär- bereien, Pressen, Wollmagazine werden von der Regie- rung angelegt. Das Berliner Lagerhaus, als staatliche Muster-Tuchfabrik, wird gegründet. Niedere Steuern oder vollständige Steuerfreiheit, Freiheit von Einquartie- rung und Werbung, Vorschüsse auf 3 Jahre vom Tage ihrer Verheiratung werden fremden Tuch-, Rasch-, Zeug-, Fries-, Strumpf- und Hutmachern versprochen.2
weber soll man auf dem Lande so viel als man kann und will ansetzen dürfen.
1 Siehe Stenzel, Geschichte des preuß. Staats. Hamburg 1841. III., 47 ff.
2 Stenzel III, 413.
Der große Churfürſt und König Friedrich I.
Auch in den übrigen Zweigen der Gewerbepolizei ſetzte König Friedrich eine ähnliche Politik fort;1 beſon- ders die Beförderung aller Art von Einwanderern wurde ſyſtematiſch betrieben. Magdeburg wurde von den Pfälzern vollſtändig wieder aufgebaut. In Berlin mehr- ten ſich die franzöſiſchen Geſchäfte und Gewerbe. Im Jahre 1690 ſollen ſchon 43 Arten neuer Gewerbszweige durch die Wallonen und Franzoſen in der Mark hei- miſch geworden ſein. Heftig klagten die einheimiſchen Gewerbe über dieſe neue Konkurrenz; aber die Regierung achtete nicht auf dieſe Klagen.
Unter Friedrich Wilhelm, dem ſparſam klugen, hausväterlichen Tyrannen ſeiner Unterthanen, knüpften ſich an dieſe Maßregeln weitere und tiefer eingreifende; Ausfuhrverbote von Rohſtoffen, beſonders von Wolle, Einfuhrverbote oder hohe Zölle reſp. Acciſeabgaben für fremde Manufakte werden erlaſſen. Walkmühlen, Fär- bereien, Preſſen, Wollmagazine werden von der Regie- rung angelegt. Das Berliner Lagerhaus, als ſtaatliche Muſter-Tuchfabrik, wird gegründet. Niedere Steuern oder vollſtändige Steuerfreiheit, Freiheit von Einquartie- rung und Werbung, Vorſchüſſe auf 3 Jahre vom Tage ihrer Verheiratung werden fremden Tuch-, Raſch-, Zeug-, Fries-, Strumpf- und Hutmachern verſprochen.2
weber ſoll man auf dem Lande ſo viel als man kann und will anſetzen dürfen.
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Der große Churfürſt und König Friedrich I.
Auch in den übrigen Zweigen der Gewerbepolizei
ſetzte König Friedrich eine ähnliche Politik fort; 1 beſon-
ders die Beförderung aller Art von Einwanderern
wurde ſyſtematiſch betrieben. Magdeburg wurde von den
Pfälzern vollſtändig wieder aufgebaut. In Berlin mehr-
ten ſich die franzöſiſchen Geſchäfte und Gewerbe. Im
Jahre 1690 ſollen ſchon 43 Arten neuer Gewerbszweige
durch die Wallonen und Franzoſen in der Mark hei-
miſch geworden ſein. Heftig klagten die einheimiſchen
Gewerbe über dieſe neue Konkurrenz; aber die Regierung
achtete nicht auf dieſe Klagen.
Unter Friedrich Wilhelm, dem ſparſam klugen,
hausväterlichen Tyrannen ſeiner Unterthanen, knüpften
ſich an dieſe Maßregeln weitere und tiefer eingreifende;
Ausfuhrverbote von Rohſtoffen, beſonders von Wolle,
Einfuhrverbote oder hohe Zölle reſp. Acciſeabgaben für
fremde Manufakte werden erlaſſen. Walkmühlen, Fär-
bereien, Preſſen, Wollmagazine werden von der Regie-
rung angelegt. Das Berliner Lagerhaus, als ſtaatliche
Muſter-Tuchfabrik, wird gegründet. Niedere Steuern
oder vollſtändige Steuerfreiheit, Freiheit von Einquartie-
rung und Werbung, Vorſchüſſe auf 3 Jahre vom Tage
ihrer Verheiratung werden fremden Tuch-, Raſch-,
Zeug-, Fries-, Strumpf- und Hutmachern verſprochen. 2
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1 Siehe Stenzel, Geſchichte des preuß. Staats. Hamburg
1841. III., 47 ff.
2 Stenzel III, 413.
2 weber ſoll man auf dem Lande ſo viel als man kann und
will anſetzen dürfen.
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/47>, abgerufen am 21.11.2024.
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