In der Instruktion an die Fabrikinspektoren von 17291 wird diesen aufgetragen, zu sehen, daß die armen Tuchmacher Verleger bekommen, welche ihnen Wolle und Arbeitslohn vorschießen. Strenge wird befohlen, daß die im Zuchthaus zu Spandau das Rasch- und Zeugmachen erlernt haben, in die Zunft aufzunehmen seien. In dem Generalprivilegium für die Tuchmacher der Mark von 17342 wird erklärt, das Gewerbe sei ein ungeschlossenes, jeder Meister dürfe Gesellen halten so viel, als er wolle; ein niederes Maximum von 4--5 Thalern wird für die Kosten des Meisterwerdens festgesetzt; zwischen Fremden und Einheimischen, welche Meister werden wollen, soll kein Unterschied gemacht werden. Damit es nicht an Garn fehle für die Webe- rei, wird das Spinnen allen Hökerweibern, Handwerks- frauen und Bürgertöchtern, die in öffentlichen Buden feil halten, anbefohlen.
In Bezug auf die Zunftverfassung überhaupt wer- den schon vor dem Reichsgesetz von 1731 wesentliche Aenderungen getroffen. Das Handwerk soll in der Hauptsache den Städten bleiben, aber nicht der bloß bornirte Egoismus der Zunftgenossen der Stadt soll über die Ausnahmen entscheiden. Es werden 1718 Prin- cipia regulativa3 über das Verhältniß von Stadt und Land erlassen; nicht bloß Spinner und Leineweber, son- dern auch Schmiede, Schneider, Zimmerleute, Rade- macher sind zuzulassen, in jedem Dorfe wenigstens so
1 Mylius V. Abth. II. S. 467.
2 Mylius V. Abth. II. S. 375.
3 Mylius V. Abth. II. S. 670.
Ein Rückblick ins 18. Jahrhundert.
In der Inſtruktion an die Fabrikinſpektoren von 17291 wird dieſen aufgetragen, zu ſehen, daß die armen Tuchmacher Verleger bekommen, welche ihnen Wolle und Arbeitslohn vorſchießen. Strenge wird befohlen, daß die im Zuchthaus zu Spandau das Raſch- und Zeugmachen erlernt haben, in die Zunft aufzunehmen ſeien. In dem Generalprivilegium für die Tuchmacher der Mark von 17342 wird erklärt, das Gewerbe ſei ein ungeſchloſſenes, jeder Meiſter dürfe Geſellen halten ſo viel, als er wolle; ein niederes Maximum von 4—5 Thalern wird für die Koſten des Meiſterwerdens feſtgeſetzt; zwiſchen Fremden und Einheimiſchen, welche Meiſter werden wollen, ſoll kein Unterſchied gemacht werden. Damit es nicht an Garn fehle für die Webe- rei, wird das Spinnen allen Hökerweibern, Handwerks- frauen und Bürgertöchtern, die in öffentlichen Buden feil halten, anbefohlen.
In Bezug auf die Zunftverfaſſung überhaupt wer- den ſchon vor dem Reichsgeſetz von 1731 weſentliche Aenderungen getroffen. Das Handwerk ſoll in der Hauptſache den Städten bleiben, aber nicht der bloß bornirte Egoismus der Zunftgenoſſen der Stadt ſoll über die Ausnahmen entſcheiden. Es werden 1718 Prin- cipia regulativa3 über das Verhältniß von Stadt und Land erlaſſen; nicht bloß Spinner und Leineweber, ſon- dern auch Schmiede, Schneider, Zimmerleute, Rade- macher ſind zuzulaſſen, in jedem Dorfe wenigſtens ſo
1 Mylius V. Abth. II. S. 467.
2 Mylius V. Abth. II. S. 375.
3 Mylius V. Abth. II. S. 670.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0048"n="26"/><fwplace="top"type="header">Ein Rückblick ins 18. Jahrhundert.</fw><lb/>
In der Inſtruktion an die Fabrikinſpektoren von 1729<noteplace="foot"n="1">Mylius <hirendition="#aq">V.</hi> Abth. <hirendition="#aq">II.</hi> S. 467.</note><lb/>
wird dieſen aufgetragen, zu ſehen, daß die armen<lb/>
Tuchmacher Verleger bekommen, welche ihnen Wolle<lb/>
und Arbeitslohn vorſchießen. Strenge wird befohlen,<lb/>
daß die im Zuchthaus zu Spandau das Raſch- und<lb/>
Zeugmachen erlernt haben, in die Zunft aufzunehmen<lb/>ſeien. In dem Generalprivilegium für die Tuchmacher<lb/>
der Mark von 1734<noteplace="foot"n="2">Mylius <hirendition="#aq">V.</hi> Abth. <hirendition="#aq">II.</hi> S. 375.</note> wird erklärt, das Gewerbe ſei<lb/>
ein ungeſchloſſenes, jeder Meiſter dürfe Geſellen halten<lb/>ſo viel, als er wolle; ein niederes Maximum von<lb/>
4—5 Thalern wird für die Koſten des Meiſterwerdens<lb/>
feſtgeſetzt; zwiſchen Fremden und Einheimiſchen, welche<lb/>
Meiſter werden wollen, ſoll kein Unterſchied gemacht<lb/>
werden. Damit es nicht an Garn fehle für die Webe-<lb/>
rei, wird das Spinnen allen Hökerweibern, Handwerks-<lb/>
frauen und Bürgertöchtern, die in öffentlichen Buden<lb/>
feil halten, anbefohlen.</p><lb/><p>In Bezug auf die Zunftverfaſſung überhaupt wer-<lb/>
den ſchon vor dem Reichsgeſetz von 1731 weſentliche<lb/>
Aenderungen getroffen. Das Handwerk ſoll in der<lb/>
Hauptſache den Städten bleiben, aber nicht der bloß<lb/>
bornirte Egoismus der Zunftgenoſſen der Stadt ſoll<lb/>
über die Ausnahmen entſcheiden. Es werden 1718 <hirendition="#aq">Prin-<lb/>
cipia regulativa</hi><noteplace="foot"n="3">Mylius <hirendition="#aq">V.</hi> Abth. <hirendition="#aq">II.</hi> S. 670.</note> über das Verhältniß von Stadt und<lb/>
Land erlaſſen; nicht bloß Spinner und Leineweber, ſon-<lb/>
dern auch Schmiede, Schneider, Zimmerleute, Rade-<lb/>
macher ſind zuzulaſſen, in jedem Dorfe wenigſtens ſo<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[26/0048]
Ein Rückblick ins 18. Jahrhundert.
In der Inſtruktion an die Fabrikinſpektoren von 1729 1
wird dieſen aufgetragen, zu ſehen, daß die armen
Tuchmacher Verleger bekommen, welche ihnen Wolle
und Arbeitslohn vorſchießen. Strenge wird befohlen,
daß die im Zuchthaus zu Spandau das Raſch- und
Zeugmachen erlernt haben, in die Zunft aufzunehmen
ſeien. In dem Generalprivilegium für die Tuchmacher
der Mark von 1734 2 wird erklärt, das Gewerbe ſei
ein ungeſchloſſenes, jeder Meiſter dürfe Geſellen halten
ſo viel, als er wolle; ein niederes Maximum von
4—5 Thalern wird für die Koſten des Meiſterwerdens
feſtgeſetzt; zwiſchen Fremden und Einheimiſchen, welche
Meiſter werden wollen, ſoll kein Unterſchied gemacht
werden. Damit es nicht an Garn fehle für die Webe-
rei, wird das Spinnen allen Hökerweibern, Handwerks-
frauen und Bürgertöchtern, die in öffentlichen Buden
feil halten, anbefohlen.
In Bezug auf die Zunftverfaſſung überhaupt wer-
den ſchon vor dem Reichsgeſetz von 1731 weſentliche
Aenderungen getroffen. Das Handwerk ſoll in der
Hauptſache den Städten bleiben, aber nicht der bloß
bornirte Egoismus der Zunftgenoſſen der Stadt ſoll
über die Ausnahmen entſcheiden. Es werden 1718 Prin-
cipia regulativa 3 über das Verhältniß von Stadt und
Land erlaſſen; nicht bloß Spinner und Leineweber, ſon-
dern auch Schmiede, Schneider, Zimmerleute, Rade-
macher ſind zuzulaſſen, in jedem Dorfe wenigſtens ſo
1 Mylius V. Abth. II. S. 467.
2 Mylius V. Abth. II. S. 375.
3 Mylius V. Abth. II. S. 670.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/48>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.