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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
same. Im Jahre 1843 hatten 20 Spinnereien existirt,
im Jahre 1861 betrug ihre Zahl erst 38, von welchen
21 auf die ältern preußischen Provinzen kamen. Die Zahl
der Feinspindeln ist in dieser Zeit im Zollverein von
36000 auf 136492 gestiegen; auch 1865 zählte man
erst 219000 Spindeln. 1 Die Mehreinfuhr an rohem
Leinengarn war durchschnittlich 1860 -- 64 noch 90667
Zentner. Oestreich zählte 1865 -- 340000, Frankreich
600000, Großbritannien 1.781000 Spindeln, sie sind
also dem Zollverein weit voraus.

Ganz hat die Handspinnerei noch nicht aufgehört
und wird nicht so leicht aufhören, da einzelne Garn-
sorten nur mit der Hand zu spinnen sind. Aber es
wird nur noch als Nebenbeschäftigung auf dem Lande
gesponnen, und auch das schränkt sich von Jahr zu
Jahr ein. Immer weniger findet dieses Garn Anwendung

1 Viebahn III, 893. Die Zunahme der Maschinen-
spinnerei hat in Deutschland mehr noch als in England eine
Schwierigkeit: die Konstruktion von Flachsmaschinen ist so
viel seltener, als die von Baumwollmaschinen, daß sich
schwerer Etablissements bilden, die ausschließlich sich hiermit
abgeben; nur in Irland und in Yorkshire gibt es einige wenige
Firmen; in Belgien existirt ein einziges Haus von Bedeutung
in Gent. In Deutschland baut Hartmann in Chemnitz, "der
überhaupt Alles macht," auch Flachsmaschinen. Einige süd-
deutsche und schweizer Maschinenfabriken haben sich darauf gelegt,
es aber wieder aufgegeben, weil sich die Unmöglichkeit heraus-
stellte, stets genug Arbeit in dem Fache zu finden. Selbst die
paar englischen großen Fabriken fangen an, neben den Flachs-
maschinen sich auf Werkzeugmaschinen zu werfen, um bei ein-
tretender Ebbe nicht ganz feiern zu müssen. Oestreich. Aus-
stellungsbericht Bd. II, S. 517 -- 18.

Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
ſame. Im Jahre 1843 hatten 20 Spinnereien exiſtirt,
im Jahre 1861 betrug ihre Zahl erſt 38, von welchen
21 auf die ältern preußiſchen Provinzen kamen. Die Zahl
der Feinſpindeln iſt in dieſer Zeit im Zollverein von
36000 auf 136492 geſtiegen; auch 1865 zählte man
erſt 219000 Spindeln. 1 Die Mehreinfuhr an rohem
Leinengarn war durchſchnittlich 1860 — 64 noch 90667
Zentner. Oeſtreich zählte 1865 — 340000, Frankreich
600000, Großbritannien 1.781000 Spindeln, ſie ſind
alſo dem Zollverein weit voraus.

Ganz hat die Handſpinnerei noch nicht aufgehört
und wird nicht ſo leicht aufhören, da einzelne Garn-
ſorten nur mit der Hand zu ſpinnen ſind. Aber es
wird nur noch als Nebenbeſchäftigung auf dem Lande
geſponnen, und auch das ſchränkt ſich von Jahr zu
Jahr ein. Immer weniger findet dieſes Garn Anwendung

1 Viebahn III, 893. Die Zunahme der Maſchinen-
ſpinnerei hat in Deutſchland mehr noch als in England eine
Schwierigkeit: die Konſtruktion von Flachsmaſchinen iſt ſo
viel ſeltener, als die von Baumwollmaſchinen, daß ſich
ſchwerer Etabliſſements bilden, die ausſchließlich ſich hiermit
abgeben; nur in Irland und in Yorkſhire gibt es einige wenige
Firmen; in Belgien exiſtirt ein einziges Haus von Bedeutung
in Gent. In Deutſchland baut Hartmann in Chemnitz, „der
überhaupt Alles macht,“ auch Flachsmaſchinen. Einige ſüd-
deutſche und ſchweizer Maſchinenfabriken haben ſich darauf gelegt,
es aber wieder aufgegeben, weil ſich die Unmöglichkeit heraus-
ſtellte, ſtets genug Arbeit in dem Fache zu finden. Selbſt die
paar engliſchen großen Fabriken fangen an, neben den Flachs-
maſchinen ſich auf Werkzeugmaſchinen zu werfen, um bei ein-
tretender Ebbe nicht ganz feiern zu müſſen. Oeſtreich. Aus-
ſtellungsbericht Bd. II, S. 517 — 18.
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[468/0490] Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. ſame. Im Jahre 1843 hatten 20 Spinnereien exiſtirt, im Jahre 1861 betrug ihre Zahl erſt 38, von welchen 21 auf die ältern preußiſchen Provinzen kamen. Die Zahl der Feinſpindeln iſt in dieſer Zeit im Zollverein von 36000 auf 136492 geſtiegen; auch 1865 zählte man erſt 219000 Spindeln. 1 Die Mehreinfuhr an rohem Leinengarn war durchſchnittlich 1860 — 64 noch 90667 Zentner. Oeſtreich zählte 1865 — 340000, Frankreich 600000, Großbritannien 1.781000 Spindeln, ſie ſind alſo dem Zollverein weit voraus. Ganz hat die Handſpinnerei noch nicht aufgehört und wird nicht ſo leicht aufhören, da einzelne Garn- ſorten nur mit der Hand zu ſpinnen ſind. Aber es wird nur noch als Nebenbeſchäftigung auf dem Lande geſponnen, und auch das ſchränkt ſich von Jahr zu Jahr ein. Immer weniger findet dieſes Garn Anwendung 1 Viebahn III, 893. Die Zunahme der Maſchinen- ſpinnerei hat in Deutſchland mehr noch als in England eine Schwierigkeit: die Konſtruktion von Flachsmaſchinen iſt ſo viel ſeltener, als die von Baumwollmaſchinen, daß ſich ſchwerer Etabliſſements bilden, die ausſchließlich ſich hiermit abgeben; nur in Irland und in Yorkſhire gibt es einige wenige Firmen; in Belgien exiſtirt ein einziges Haus von Bedeutung in Gent. In Deutſchland baut Hartmann in Chemnitz, „der überhaupt Alles macht,“ auch Flachsmaſchinen. Einige ſüd- deutſche und ſchweizer Maſchinenfabriken haben ſich darauf gelegt, es aber wieder aufgegeben, weil ſich die Unmöglichkeit heraus- ſtellte, ſtets genug Arbeit in dem Fache zu finden. Selbſt die paar engliſchen großen Fabriken fangen an, neben den Flachs- maſchinen ſich auf Werkzeugmaſchinen zu werfen, um bei ein- tretender Ebbe nicht ganz feiern zu müſſen. Oeſtreich. Aus- ſtellungsbericht Bd. II, S. 517 — 18.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/490>, abgerufen am 22.11.2024.