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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Flachsmaschinenspinnereien.
welches das Handgespinnst so billig und so über den Be-
darf lieferte, schwer halten, zur Maschinenspinnerei über-
zugehen. Die schutzzöllnerische Partei verlangte längst
einen Schutzzoll zu Gunsten der Maschinenspinnerei, sie
erinnerte an England und die englischen Schutzzölle für
diese Branche, sie pochte darauf, daß Belgien, in ähn-
licher Lage wie der Zollverein, sich durch Einführung
von Schutzzöllen seit 1838 außerordentlich rasch eine
bedeutende Maschinenspinnerei geschaffen 1 und dadurch
seiner ganzen Leinenmanufaktur wieder aufgeholfen habe.

Man zögerte aus Rücksicht auf die Spinner, man
wollte den Webern das Garn nicht vertheuern, man
entschloß sich mit Recht nicht so leicht zu Erhöhung und
Einführung von Schutzzöllen, obwohl ein Schutzzoll hier
vielleicht eher am Platze war, als für manche andere
Gewerbe.

Der Export des deutschen Garnes hörte mehr und
mehr auf; das fremde Maschinengarn wurde immer
nothwendiger. Noch 1833 hatte die Mehrausfuhr an
rohem Leinengarn 35267 Zentner betragen; schon 1840
belief sich die Mehreinfuhr auf 10939, 2 1842 -- 46
jährlich auf 29990 Zentner. Da entschloß man sich 1847
doch zur Erhöhung des Zolls von 5 Sgr. auf 2 Thlr.
pro Zentner. Doch blieb auch jetzt die Entwickelung
der zollvereinsländischen Maschinenspinnerei eine sehr lang-

1 Vergl. Ausstellungsbericht von 1851 II, 160. Hanse-
mann, die wirthschaftlichen Verhältnisse des Zollvereins, Berlin
1863. S. 44 (schutzzöllnerisch-tendenziös, aber sehr gut in sach-
lichen und technischen Ausführungen).
2 Dieterici, Uebersicht S. 412, zweite Fortsetzung S. 521.
30 *

Die Flachsmaſchinenſpinnereien.
welches das Handgeſpinnſt ſo billig und ſo über den Be-
darf lieferte, ſchwer halten, zur Maſchinenſpinnerei über-
zugehen. Die ſchutzzöllneriſche Partei verlangte längſt
einen Schutzzoll zu Gunſten der Maſchinenſpinnerei, ſie
erinnerte an England und die engliſchen Schutzzölle für
dieſe Branche, ſie pochte darauf, daß Belgien, in ähn-
licher Lage wie der Zollverein, ſich durch Einführung
von Schutzzöllen ſeit 1838 außerordentlich raſch eine
bedeutende Maſchinenſpinnerei geſchaffen 1 und dadurch
ſeiner ganzen Leinenmanufaktur wieder aufgeholfen habe.

Man zögerte aus Rückſicht auf die Spinner, man
wollte den Webern das Garn nicht vertheuern, man
entſchloß ſich mit Recht nicht ſo leicht zu Erhöhung und
Einführung von Schutzzöllen, obwohl ein Schutzzoll hier
vielleicht eher am Platze war, als für manche andere
Gewerbe.

Der Export des deutſchen Garnes hörte mehr und
mehr auf; das fremde Maſchinengarn wurde immer
nothwendiger. Noch 1833 hatte die Mehrausfuhr an
rohem Leinengarn 35267 Zentner betragen; ſchon 1840
belief ſich die Mehreinfuhr auf 10939, 2 1842 — 46
jährlich auf 29990 Zentner. Da entſchloß man ſich 1847
doch zur Erhöhung des Zolls von 5 Sgr. auf 2 Thlr.
pro Zentner. Doch blieb auch jetzt die Entwickelung
der zollvereinsländiſchen Maſchinenſpinnerei eine ſehr lang-

1 Vergl. Ausſtellungsbericht von 1851 II, 160. Hanſe-
mann, die wirthſchaftlichen Verhältniſſe des Zollvereins, Berlin
1863. S. 44 (ſchutzzöllneriſch-tendenziös, aber ſehr gut in ſach-
lichen und techniſchen Ausführungen).
2 Dieterici, Ueberſicht S. 412, zweite Fortſetzung S. 521.
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[467/0489] Die Flachsmaſchinenſpinnereien. welches das Handgeſpinnſt ſo billig und ſo über den Be- darf lieferte, ſchwer halten, zur Maſchinenſpinnerei über- zugehen. Die ſchutzzöllneriſche Partei verlangte längſt einen Schutzzoll zu Gunſten der Maſchinenſpinnerei, ſie erinnerte an England und die engliſchen Schutzzölle für dieſe Branche, ſie pochte darauf, daß Belgien, in ähn- licher Lage wie der Zollverein, ſich durch Einführung von Schutzzöllen ſeit 1838 außerordentlich raſch eine bedeutende Maſchinenſpinnerei geſchaffen 1 und dadurch ſeiner ganzen Leinenmanufaktur wieder aufgeholfen habe. Man zögerte aus Rückſicht auf die Spinner, man wollte den Webern das Garn nicht vertheuern, man entſchloß ſich mit Recht nicht ſo leicht zu Erhöhung und Einführung von Schutzzöllen, obwohl ein Schutzzoll hier vielleicht eher am Platze war, als für manche andere Gewerbe. Der Export des deutſchen Garnes hörte mehr und mehr auf; das fremde Maſchinengarn wurde immer nothwendiger. Noch 1833 hatte die Mehrausfuhr an rohem Leinengarn 35267 Zentner betragen; ſchon 1840 belief ſich die Mehreinfuhr auf 10939, 2 1842 — 46 jährlich auf 29990 Zentner. Da entſchloß man ſich 1847 doch zur Erhöhung des Zolls von 5 Sgr. auf 2 Thlr. pro Zentner. Doch blieb auch jetzt die Entwickelung der zollvereinsländiſchen Maſchinenſpinnerei eine ſehr lang- 1 Vergl. Ausſtellungsbericht von 1851 II, 160. Hanſe- mann, die wirthſchaftlichen Verhältniſſe des Zollvereins, Berlin 1863. S. 44 (ſchutzzöllneriſch-tendenziös, aber ſehr gut in ſach- lichen und techniſchen Ausführungen). 2 Dieterici, Ueberſicht S. 412, zweite Fortſetzung S. 521. 30 *

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/489>, abgerufen am 22.11.2024.