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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
1861 noch 84 Spinnereien mit durchschnittlich 102 --
186 Spindeln; in der Provinz Sachsen hat ein Geschäft
1861 durchschnittlich 288, in Brandenburg und Schle-
sien 524, am Rhein 1246 Spindeln. In den übrigen
Theilen des Zollvereins sind die Verhältnisse ähnlich;
die Krisis fällt auch meist in die vierziger Jahre. Die
Umbildung zu größeren Geschäften geschieht in den beiden
letzten Jahrzehnten. Im Jahre 1861 zählte man im
ganzen Zollverein 1797 Streichgarnspinnereien mit
1.117870 Feinspindeln, auf eine Spinnerei durch-
schnittlich 15 Personen und 629 Spindeln.

In der Zeit nach 1861 hat sich noch Manches
geändert; die Arbeitstheilung, die Spezialisirung, die
Anwendung von weitern Maschinen hat zugenommen,
aber mehr in andern Ländern, besonders in England
und Frankreich,1 ohne daß sich sagen ließe, daß die
zollvereinsländische Industrie zurückgeblieben wäre. Es
kommt wesentlich auf die einzelnen Spezialitäten an.
Auch in England gab es noch 1850 neben den großen
Streichgarnspinnereien viele mit nicht mehr als 100
Spindeln.2 Theilweise ist das dort jetzt noch so. Es
können sich auch kleinere Geschäfte noch halten für ein-
zelne Artikel, für gröbere Waaren, für den Lokalbedarf
der mittleren und untern Klassen. Die ganze Tuch-
industrie, besonders die Produktion gröberer Tuche, wie
sie der Zollverein hauptsächlich liefert, stellt beschei-

1 Oestreich. Ausstellungsbericht Bd. IV, S. 86.
2 Mährlen, die Darstellung und Verarbeitung der Ge-
spinnste, S. 187.

Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
1861 noch 84 Spinnereien mit durchſchnittlich 102 —
186 Spindeln; in der Provinz Sachſen hat ein Geſchäft
1861 durchſchnittlich 288, in Brandenburg und Schle-
ſien 524, am Rhein 1246 Spindeln. In den übrigen
Theilen des Zollvereins ſind die Verhältniſſe ähnlich;
die Kriſis fällt auch meiſt in die vierziger Jahre. Die
Umbildung zu größeren Geſchäften geſchieht in den beiden
letzten Jahrzehnten. Im Jahre 1861 zählte man im
ganzen Zollverein 1797 Streichgarnſpinnereien mit
1.117870 Feinſpindeln, auf eine Spinnerei durch-
ſchnittlich 15 Perſonen und 629 Spindeln.

In der Zeit nach 1861 hat ſich noch Manches
geändert; die Arbeitstheilung, die Spezialiſirung, die
Anwendung von weitern Maſchinen hat zugenommen,
aber mehr in andern Ländern, beſonders in England
und Frankreich,1 ohne daß ſich ſagen ließe, daß die
zollvereinsländiſche Induſtrie zurückgeblieben wäre. Es
kommt weſentlich auf die einzelnen Spezialitäten an.
Auch in England gab es noch 1850 neben den großen
Streichgarnſpinnereien viele mit nicht mehr als 100
Spindeln.2 Theilweiſe iſt das dort jetzt noch ſo. Es
können ſich auch kleinere Geſchäfte noch halten für ein-
zelne Artikel, für gröbere Waaren, für den Lokalbedarf
der mittleren und untern Klaſſen. Die ganze Tuch-
induſtrie, beſonders die Produktion gröberer Tuche, wie
ſie der Zollverein hauptſächlich liefert, ſtellt beſchei-

1 Oeſtreich. Ausſtellungsbericht Bd. IV, S. 86.
2 Mährlen, die Darſtellung und Verarbeitung der Ge-
ſpinnſte, S. 187.
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[480/0502] Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. 1861 noch 84 Spinnereien mit durchſchnittlich 102 — 186 Spindeln; in der Provinz Sachſen hat ein Geſchäft 1861 durchſchnittlich 288, in Brandenburg und Schle- ſien 524, am Rhein 1246 Spindeln. In den übrigen Theilen des Zollvereins ſind die Verhältniſſe ähnlich; die Kriſis fällt auch meiſt in die vierziger Jahre. Die Umbildung zu größeren Geſchäften geſchieht in den beiden letzten Jahrzehnten. Im Jahre 1861 zählte man im ganzen Zollverein 1797 Streichgarnſpinnereien mit 1.117870 Feinſpindeln, auf eine Spinnerei durch- ſchnittlich 15 Perſonen und 629 Spindeln. In der Zeit nach 1861 hat ſich noch Manches geändert; die Arbeitstheilung, die Spezialiſirung, die Anwendung von weitern Maſchinen hat zugenommen, aber mehr in andern Ländern, beſonders in England und Frankreich, 1 ohne daß ſich ſagen ließe, daß die zollvereinsländiſche Induſtrie zurückgeblieben wäre. Es kommt weſentlich auf die einzelnen Spezialitäten an. Auch in England gab es noch 1850 neben den großen Streichgarnſpinnereien viele mit nicht mehr als 100 Spindeln. 2 Theilweiſe iſt das dort jetzt noch ſo. Es können ſich auch kleinere Geſchäfte noch halten für ein- zelne Artikel, für gröbere Waaren, für den Lokalbedarf der mittleren und untern Klaſſen. Die ganze Tuch- induſtrie, beſonders die Produktion gröberer Tuche, wie ſie der Zollverein hauptſächlich liefert, ſtellt beſchei- 1 Oeſtreich. Ausſtellungsbericht Bd. IV, S. 86. 2 Mährlen, die Darſtellung und Verarbeitung der Ge- ſpinnſte, S. 187.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/502>, abgerufen am 22.11.2024.