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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.

Allerdings erfolgt damit wieder eine theilweise
Trennung bisher in einheitlichen Etablissements ver-
bundener Geschäfte. Das Waschen und Reinigen der
Wolle fängt an, ein selbständiger Industriezweig zu
werden.1 Die neuen großen Spinnereien sind nicht
mehr so häufig wie früher mit Tuchfabriken verbunden,
sondern beschränken sich auf das Spinnen und Färben
der Wolle um Lohn oder auf eigene Rechnung, was
freilich nur beweist, daß in den bisher bestehenden
Etablissements zu Verschiedenartiges zusammengehäuft
war, nicht daß wieder kleine Geschäfte entstehen.

Im Ganzen aber ist die Streichgarnspinnerei doch
entfernt nicht so konzentrirt, wie die Baumwollspinnerei;
selbst die größten Geschäfte haben nicht über einige
tausend Feinspindeln. Die lokale Verbreitung ist eine
gleichmäßigere.

Weniger läßt sich das von der andern Art der
Wollspinnerei, der Kammgarnspinnerei sagen.

Man bezeichnet die Kammgarne (worsted yarn)
gewöhnlich dadurch, daß man hervorhebt, sie seien für
die ungewalkten Gewebe bestimmt; das ist insofern
nicht ganz richtig, als es auch eine Reihe ungewalkter
Gewebe aus Streichgarn gibt. Das Kammgarn ist das-
jenige, welches für Thibets, Orleans, für Hosen-,
Westen-, Möbelstoffe, für gemischte Gewebe bestimmt
ist; es wird meist aus der langhaarigen Wolle des
englischen Landschafes, oder aus Alpaka- und Mohair-
wolle gefertigt; nur ein kleiner Theil des Lüstre-

1 Vergl. östr. Ausstellungsbericht Bd. IV, S. 14. Anm. 2.
Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.

Allerdings erfolgt damit wieder eine theilweiſe
Trennung bisher in einheitlichen Etabliſſements ver-
bundener Geſchäfte. Das Waſchen und Reinigen der
Wolle fängt an, ein ſelbſtändiger Induſtriezweig zu
werden.1 Die neuen großen Spinnereien ſind nicht
mehr ſo häufig wie früher mit Tuchfabriken verbunden,
ſondern beſchränken ſich auf das Spinnen und Färben
der Wolle um Lohn oder auf eigene Rechnung, was
freilich nur beweiſt, daß in den bisher beſtehenden
Etabliſſements zu Verſchiedenartiges zuſammengehäuft
war, nicht daß wieder kleine Geſchäfte entſtehen.

Im Ganzen aber iſt die Streichgarnſpinnerei doch
entfernt nicht ſo konzentrirt, wie die Baumwollſpinnerei;
ſelbſt die größten Geſchäfte haben nicht über einige
tauſend Feinſpindeln. Die lokale Verbreitung iſt eine
gleichmäßigere.

Weniger läßt ſich das von der andern Art der
Wollſpinnerei, der Kammgarnſpinnerei ſagen.

Man bezeichnet die Kammgarne (worsted yarn)
gewöhnlich dadurch, daß man hervorhebt, ſie ſeien für
die ungewalkten Gewebe beſtimmt; das iſt inſofern
nicht ganz richtig, als es auch eine Reihe ungewalkter
Gewebe aus Streichgarn gibt. Das Kammgarn iſt das-
jenige, welches für Thibets, Orleans, für Hoſen-,
Weſten-, Möbelſtoffe, für gemiſchte Gewebe beſtimmt
iſt; es wird meiſt aus der langhaarigen Wolle des
engliſchen Landſchafes, oder aus Alpaka- und Mohair-
wolle gefertigt; nur ein kleiner Theil des Lüſtre-

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[482/0504] Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. Allerdings erfolgt damit wieder eine theilweiſe Trennung bisher in einheitlichen Etabliſſements ver- bundener Geſchäfte. Das Waſchen und Reinigen der Wolle fängt an, ein ſelbſtändiger Induſtriezweig zu werden. 1 Die neuen großen Spinnereien ſind nicht mehr ſo häufig wie früher mit Tuchfabriken verbunden, ſondern beſchränken ſich auf das Spinnen und Färben der Wolle um Lohn oder auf eigene Rechnung, was freilich nur beweiſt, daß in den bisher beſtehenden Etabliſſements zu Verſchiedenartiges zuſammengehäuft war, nicht daß wieder kleine Geſchäfte entſtehen. Im Ganzen aber iſt die Streichgarnſpinnerei doch entfernt nicht ſo konzentrirt, wie die Baumwollſpinnerei; ſelbſt die größten Geſchäfte haben nicht über einige tauſend Feinſpindeln. Die lokale Verbreitung iſt eine gleichmäßigere. Weniger läßt ſich das von der andern Art der Wollſpinnerei, der Kammgarnſpinnerei ſagen. Man bezeichnet die Kammgarne (worsted yarn) gewöhnlich dadurch, daß man hervorhebt, ſie ſeien für die ungewalkten Gewebe beſtimmt; das iſt inſofern nicht ganz richtig, als es auch eine Reihe ungewalkter Gewebe aus Streichgarn gibt. Das Kammgarn iſt das- jenige, welches für Thibets, Orleans, für Hoſen-, Weſten-, Möbelſtoffe, für gemiſchte Gewebe beſtimmt iſt; es wird meiſt aus der langhaarigen Wolle des engliſchen Landſchafes, oder aus Alpaka- und Mohair- wolle gefertigt; nur ein kleiner Theil des Lüſtre- 1 Vergl. öſtr. Ausſtellungsbericht Bd. IV, S. 14. Anm. 2.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/504>, abgerufen am 22.11.2024.