Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.Die Statistik der Hausweberei. aber nicht allzuviel. Dem Bauer kommt sein Hand-gewebe immer noch billiger als das billigste Maschinen- produkt, das er in dieser Form nicht einmal liebt, so lange er Zeit und Arbeitskräfte zur eigenen Weberei hat. Aber gerade das hört auf. Man hat mit der intensiven Kultur, mit andern Nebenarbeiten so viel mehr zu thun. Und während die Arbeit in Haus und Hof, in Flur und Feld gewachsen ist, hat man weniger Leute. Die jüngern Söhne und Töchter haben nicht mehr Lust, unverheirathet auf dem Hofe zu bleiben, man hat besonders in West- und Mitteldeutschland sehr viel weniger Gesinde als früher. 1 Das eben so sehr, als die gestiegenen Flachspreise veranlassen den westfälischen Bauern, heute mehr und mehr seinen Flachs zu Markte zu tragen und die fertige Leinwand zu kaufen. Während aber im Westen die Stühle abnehmen, 1 Kollmann, Geschichte und Statistik des Gesindewesens in Hildebrand's Jahrbücher X, 237 ff.; Jahrbuch für die amtl. Statistik des preuß. Staates II, 234 -- 37. 2 Die Zahlen für 1816 nach Dieterici, Volkswohlstand
S. 186, die für 1831 nach Hoffmann, Bevölkerung S. 156 die für 1861 nach der offiziellen Publikation, preuß. Statistik V, S. 30. Die Statiſtik der Hausweberei. aber nicht allzuviel. Dem Bauer kommt ſein Hand-gewebe immer noch billiger als das billigſte Maſchinen- produkt, das er in dieſer Form nicht einmal liebt, ſo lange er Zeit und Arbeitskräfte zur eigenen Weberei hat. Aber gerade das hört auf. Man hat mit der intenſiven Kultur, mit andern Nebenarbeiten ſo viel mehr zu thun. Und während die Arbeit in Haus und Hof, in Flur und Feld gewachſen iſt, hat man weniger Leute. Die jüngern Söhne und Töchter haben nicht mehr Luſt, unverheirathet auf dem Hofe zu bleiben, man hat beſonders in Weſt- und Mitteldeutſchland ſehr viel weniger Geſinde als früher. 1 Das eben ſo ſehr, als die geſtiegenen Flachspreiſe veranlaſſen den weſtfäliſchen Bauern, heute mehr und mehr ſeinen Flachs zu Markte zu tragen und die fertige Leinwand zu kaufen. Während aber im Weſten die Stühle abnehmen, 1 Kollmann, Geſchichte und Statiſtik des Geſindeweſens in Hildebrand’s Jahrbücher X, 237 ff.; Jahrbuch für die amtl. Statiſtik des preuß. Staates II, 234 — 37. 2 Die Zahlen für 1816 nach Dieterici, Volkswohlſtand
S. 186, die für 1831 nach Hoffmann, Bevölkerung S. 156 die für 1861 nach der offiziellen Publikation, preuß. Statiſtik V, S. 30. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0529" n="507"/><fw place="top" type="header">Die Statiſtik der Hausweberei.</fw><lb/> aber nicht allzuviel. Dem Bauer kommt ſein Hand-<lb/> gewebe immer noch billiger als das billigſte Maſchinen-<lb/> produkt, das er in dieſer Form nicht einmal liebt, ſo<lb/> lange er Zeit und Arbeitskräfte zur eigenen Weberei<lb/> hat. Aber gerade das hört auf. Man hat mit der<lb/> intenſiven Kultur, mit andern Nebenarbeiten ſo viel<lb/> mehr zu thun. Und während die Arbeit in Haus und<lb/> Hof, in Flur und Feld gewachſen iſt, hat man weniger<lb/> Leute. Die jüngern Söhne und Töchter haben nicht<lb/> mehr Luſt, unverheirathet auf dem Hofe zu bleiben,<lb/> man hat beſonders in Weſt- und Mitteldeutſchland<lb/> ſehr viel weniger Geſinde als früher. <note place="foot" n="1">Kollmann, Geſchichte und Statiſtik des Geſindeweſens<lb/> in Hildebrand’s Jahrbücher <hi rendition="#aq">X,</hi> 237 ff.; Jahrbuch für die amtl.<lb/> Statiſtik des preuß. Staates <hi rendition="#aq">II,</hi> 234 — 37.</note> Das eben ſo<lb/> ſehr, als die geſtiegenen Flachspreiſe veranlaſſen den<lb/> weſtfäliſchen Bauern, heute mehr und mehr ſeinen<lb/> Flachs zu Markte zu tragen und die fertige Leinwand<lb/> zu kaufen.</p><lb/> <p>Während aber im Weſten die Stühle abnehmen,<lb/> nehmen ſie im Oſten bis 1861 noch zu. Die Stabilität<lb/> der preußiſchen Zahlen wird 1843 — 61 durch dieſe<lb/> entgegengeſetzte Bewegung erreicht. Um die provinziellen<lb/> Zahlen auch noch mit dem Stande von 1816 zu ver-<lb/> gleichen, führe ich zuerſt die ſämmtlichen als Neben-<lb/> beſchäftigung gehenden Stühle an. <note place="foot" n="2">Die Zahlen für 1816 nach Dieterici, Volkswohlſtand<lb/> S. 186, die für 1831 nach Hoffmann, Bevölkerung S. 156<lb/> die für 1861 nach der offiziellen Publikation, preuß. Statiſtik<lb/><hi rendition="#aq">V,</hi> S. 30.</note> — Man zählte:<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [507/0529]
Die Statiſtik der Hausweberei.
aber nicht allzuviel. Dem Bauer kommt ſein Hand-
gewebe immer noch billiger als das billigſte Maſchinen-
produkt, das er in dieſer Form nicht einmal liebt, ſo
lange er Zeit und Arbeitskräfte zur eigenen Weberei
hat. Aber gerade das hört auf. Man hat mit der
intenſiven Kultur, mit andern Nebenarbeiten ſo viel
mehr zu thun. Und während die Arbeit in Haus und
Hof, in Flur und Feld gewachſen iſt, hat man weniger
Leute. Die jüngern Söhne und Töchter haben nicht
mehr Luſt, unverheirathet auf dem Hofe zu bleiben,
man hat beſonders in Weſt- und Mitteldeutſchland
ſehr viel weniger Geſinde als früher. 1 Das eben ſo
ſehr, als die geſtiegenen Flachspreiſe veranlaſſen den
weſtfäliſchen Bauern, heute mehr und mehr ſeinen
Flachs zu Markte zu tragen und die fertige Leinwand
zu kaufen.
Während aber im Weſten die Stühle abnehmen,
nehmen ſie im Oſten bis 1861 noch zu. Die Stabilität
der preußiſchen Zahlen wird 1843 — 61 durch dieſe
entgegengeſetzte Bewegung erreicht. Um die provinziellen
Zahlen auch noch mit dem Stande von 1816 zu ver-
gleichen, führe ich zuerſt die ſämmtlichen als Neben-
beſchäftigung gehenden Stühle an. 2 — Man zählte:
1 Kollmann, Geſchichte und Statiſtik des Geſindeweſens
in Hildebrand’s Jahrbücher X, 237 ff.; Jahrbuch für die amtl.
Statiſtik des preuß. Staates II, 234 — 37.
2 Die Zahlen für 1816 nach Dieterici, Volkswohlſtand
S. 186, die für 1831 nach Hoffmann, Bevölkerung S. 156
die für 1861 nach der offiziellen Publikation, preuß. Statiſtik
V, S. 30.
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