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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Lage der Leineweberei 1815--40.
Hannover hatte sich die Linnenproduktion noch von 1826
bis 38 verdoppelt.1

Aber im Ganzen wurde die Lage nicht besser, son-
dern immer schlimmer. Die Konkurrenz der Baumwolle
und der billigern englischen und irischen Linnenprodukte
drückte schwerer und immer schwerer. Das Sinken der
Leinwandpreise hatte besonders in den zwanziger Jahren
begonnen. In Schlesien -- sagt Gülich -- sanken vom
Jahre 1823--1828 die Preise der meisten Leinen-
gattungen in dem Verhältnisse von 7 zu 5, im Osna-
brück'schen wenigstens in einem eben so großen; eine
Elle des hier viel gefertigten Löwentlinnens, welche man
im Jahre 1815 mit etwa 100 Pfennigen bezahlt hatte,
kostete im Jahre 1828 nicht die Hälfte; in Münden
kaufte man im letztern Jahre ein Stück der in der Um-
gegend gemachten groben Leinwand, deren Preis im
Jahre 1825 etwa 4 Thlr. war, für 21/2 Thlr.

Besonders in Schlesien beantwortete man das
Sinken der Preise -- mit Ausnahme weniger großer
solider Häuser, wie Kramsta -- durch eine immer
schlechtere Produktion und schädigte dadurch den Ruf
der deutschen Leinwand immer mehr. Die neue Schnell-
bleiche wurde theilweise eingeführt, ohne daß man sie
recht verstand. Verbrannte Waare, die beinahe im
Stück nicht mehr zusammenhielt, wurde nochmals gestärkt
und appretirt zum Export verpackt. Die betrügerische
Vermischung mit Baumwolle nahm von Jahr zu Jahr

1 Bowring's Bericht über den deutschen Zollverband
S. 70.
35 *

Die Lage der Leineweberei 1815—40.
Hannover hatte ſich die Linnenproduktion noch von 1826
bis 38 verdoppelt.1

Aber im Ganzen wurde die Lage nicht beſſer, ſon-
dern immer ſchlimmer. Die Konkurrenz der Baumwolle
und der billigern engliſchen und iriſchen Linnenprodukte
drückte ſchwerer und immer ſchwerer. Das Sinken der
Leinwandpreiſe hatte beſonders in den zwanziger Jahren
begonnen. In Schleſien — ſagt Gülich — ſanken vom
Jahre 1823—1828 die Preiſe der meiſten Leinen-
gattungen in dem Verhältniſſe von 7 zu 5, im Osna-
brück’ſchen wenigſtens in einem eben ſo großen; eine
Elle des hier viel gefertigten Löwentlinnens, welche man
im Jahre 1815 mit etwa 100 Pfennigen bezahlt hatte,
koſtete im Jahre 1828 nicht die Hälfte; in Münden
kaufte man im letztern Jahre ein Stück der in der Um-
gegend gemachten groben Leinwand, deren Preis im
Jahre 1825 etwa 4 Thlr. war, für 2½ Thlr.

Beſonders in Schleſien beantwortete man das
Sinken der Preiſe — mit Ausnahme weniger großer
ſolider Häuſer, wie Kramſta — durch eine immer
ſchlechtere Produktion und ſchädigte dadurch den Ruf
der deutſchen Leinwand immer mehr. Die neue Schnell-
bleiche wurde theilweiſe eingeführt, ohne daß man ſie
recht verſtand. Verbrannte Waare, die beinahe im
Stück nicht mehr zuſammenhielt, wurde nochmals geſtärkt
und appretirt zum Export verpackt. Die betrügeriſche
Vermiſchung mit Baumwolle nahm von Jahr zu Jahr

1 Bowring’s Bericht über den deutſchen Zollverband
S. 70.
35 *
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[547/0569] Die Lage der Leineweberei 1815—40. Hannover hatte ſich die Linnenproduktion noch von 1826 bis 38 verdoppelt. 1 Aber im Ganzen wurde die Lage nicht beſſer, ſon- dern immer ſchlimmer. Die Konkurrenz der Baumwolle und der billigern engliſchen und iriſchen Linnenprodukte drückte ſchwerer und immer ſchwerer. Das Sinken der Leinwandpreiſe hatte beſonders in den zwanziger Jahren begonnen. In Schleſien — ſagt Gülich — ſanken vom Jahre 1823—1828 die Preiſe der meiſten Leinen- gattungen in dem Verhältniſſe von 7 zu 5, im Osna- brück’ſchen wenigſtens in einem eben ſo großen; eine Elle des hier viel gefertigten Löwentlinnens, welche man im Jahre 1815 mit etwa 100 Pfennigen bezahlt hatte, koſtete im Jahre 1828 nicht die Hälfte; in Münden kaufte man im letztern Jahre ein Stück der in der Um- gegend gemachten groben Leinwand, deren Preis im Jahre 1825 etwa 4 Thlr. war, für 2½ Thlr. Beſonders in Schleſien beantwortete man das Sinken der Preiſe — mit Ausnahme weniger großer ſolider Häuſer, wie Kramſta — durch eine immer ſchlechtere Produktion und ſchädigte dadurch den Ruf der deutſchen Leinwand immer mehr. Die neue Schnell- bleiche wurde theilweiſe eingeführt, ohne daß man ſie recht verſtand. Verbrannte Waare, die beinahe im Stück nicht mehr zuſammenhielt, wurde nochmals geſtärkt und appretirt zum Export verpackt. Die betrügeriſche Vermiſchung mit Baumwolle nahm von Jahr zu Jahr 1 Bowring’s Bericht über den deutſchen Zollverband S. 70. 35 *

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/569>, abgerufen am 22.11.2024.