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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die zu lange Erhaltung der Handweberei.
ganz verloren halten, zumal in der Baumwollweberei.
Da gab die außerordentliche Nachfrage, die glänzende
Steigerung des Exports nach Amerika von 1851--57
und wieder von 1858--61 den Preisen und Löhnen
eine solche Wendung, daß der Handweber wieder
existiren zu können glaubte; statt ausschließlicher Aus-
dehnung der Maschinenweberei, die theilweise ja auch
erfolgte, beschäftigte man wieder zahlreich die mit dem
geringsten Lohn zufriedenen Handweber und veranlaßte die
Eltern, ihre Kinder wieder dem Gewerbe zu widmen; viele
Leineweber gingen auch jetzt wieder zur Baumwollweberei
über. Man ließ Artikel auf's Neue bei Handwebern
fertigen, die längst der Maschine verfallen waren. Selbst
der einfachste Kattunweber kam damals in Württemberg
wieder auf etwa 34 Kr. täglich (d. h. beinahe 10 Gr.),
der Jacquardweber auf 50, der Korsettweber auf 60 Kr.1
Auch in Sachsen nahmen in Folge hiervon die Hand-
stühle (theilweise freilich waren es Tritt- und Jacquard-
stühle) von 1846--61 so sehr zu: von 17739 auf
31508, die Maschinenstühle von 150 auf 1418.
Schon damals warnte der Einsichtige, es könne das
nicht auf die Dauer so bleiben. "Besondere Konjunkturen
des Marktes," ruft Mährlen 1858, "exempte Betriebs-
und ökonomische Verhältnisse der Unternehmer und Lohn-
weber mögen es eine Zeit lang der Handarbeit möglich
machen, mit der Maschinenarbeit auf dem gleichen Pro-
duktionsgebiet zu konkurriren -- von Dauer ist ein solcher

1 Mährlen, Darstellung und Verarbeitung der Gespinuste
S. 142.

Die zu lange Erhaltung der Handweberei.
ganz verloren halten, zumal in der Baumwollweberei.
Da gab die außerordentliche Nachfrage, die glänzende
Steigerung des Exports nach Amerika von 1851—57
und wieder von 1858—61 den Preiſen und Löhnen
eine ſolche Wendung, daß der Handweber wieder
exiſtiren zu können glaubte; ſtatt ausſchließlicher Aus-
dehnung der Maſchinenweberei, die theilweiſe ja auch
erfolgte, beſchäftigte man wieder zahlreich die mit dem
geringſten Lohn zufriedenen Handweber und veranlaßte die
Eltern, ihre Kinder wieder dem Gewerbe zu widmen; viele
Leineweber gingen auch jetzt wieder zur Baumwollweberei
über. Man ließ Artikel auf’s Neue bei Handwebern
fertigen, die längſt der Maſchine verfallen waren. Selbſt
der einfachſte Kattunweber kam damals in Württemberg
wieder auf etwa 34 Kr. täglich (d. h. beinahe 10 Gr.),
der Jacquardweber auf 50, der Korſettweber auf 60 Kr.1
Auch in Sachſen nahmen in Folge hiervon die Hand-
ſtühle (theilweiſe freilich waren es Tritt- und Jacquard-
ſtühle) von 1846—61 ſo ſehr zu: von 17739 auf
31508, die Maſchinenſtühle von 150 auf 1418.
Schon damals warnte der Einſichtige, es könne das
nicht auf die Dauer ſo bleiben. „Beſondere Konjunkturen
des Marktes,“ ruft Mährlen 1858, „exempte Betriebs-
und ökonomiſche Verhältniſſe der Unternehmer und Lohn-
weber mögen es eine Zeit lang der Handarbeit möglich
machen, mit der Maſchinenarbeit auf dem gleichen Pro-
duktionsgebiet zu konkurriren — von Dauer iſt ein ſolcher

1 Mährlen, Darſtellung und Verarbeitung der Geſpinuſte
S. 142.
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[567/0589] Die zu lange Erhaltung der Handweberei. ganz verloren halten, zumal in der Baumwollweberei. Da gab die außerordentliche Nachfrage, die glänzende Steigerung des Exports nach Amerika von 1851—57 und wieder von 1858—61 den Preiſen und Löhnen eine ſolche Wendung, daß der Handweber wieder exiſtiren zu können glaubte; ſtatt ausſchließlicher Aus- dehnung der Maſchinenweberei, die theilweiſe ja auch erfolgte, beſchäftigte man wieder zahlreich die mit dem geringſten Lohn zufriedenen Handweber und veranlaßte die Eltern, ihre Kinder wieder dem Gewerbe zu widmen; viele Leineweber gingen auch jetzt wieder zur Baumwollweberei über. Man ließ Artikel auf’s Neue bei Handwebern fertigen, die längſt der Maſchine verfallen waren. Selbſt der einfachſte Kattunweber kam damals in Württemberg wieder auf etwa 34 Kr. täglich (d. h. beinahe 10 Gr.), der Jacquardweber auf 50, der Korſettweber auf 60 Kr. 1 Auch in Sachſen nahmen in Folge hiervon die Hand- ſtühle (theilweiſe freilich waren es Tritt- und Jacquard- ſtühle) von 1846—61 ſo ſehr zu: von 17739 auf 31508, die Maſchinenſtühle von 150 auf 1418. Schon damals warnte der Einſichtige, es könne das nicht auf die Dauer ſo bleiben. „Beſondere Konjunkturen des Marktes,“ ruft Mährlen 1858, „exempte Betriebs- und ökonomiſche Verhältniſſe der Unternehmer und Lohn- weber mögen es eine Zeit lang der Handarbeit möglich machen, mit der Maſchinenarbeit auf dem gleichen Pro- duktionsgebiet zu konkurriren — von Dauer iſt ein ſolcher 1 Mährlen, Darſtellung und Verarbeitung der Geſpinuſte S. 142.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/589>, abgerufen am 22.11.2024.