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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.

Der mechanische Webstuhl hat wohl in keiner andern
Branche der Weberei mit so viel technischer Schwierig-
keit zu kämpfen als hier. Trotzdem ist er in England
auch zur Herrschaft gelangt; aber er hat darum die
Hausindustrie nicht verdrängt, indem gerade hier die
erwähnten Einrichtungen vorkommen, welche den Ma-
schinenstuhl in den Wohnungen der Weber selbst aufzu-
stellen erlauben. Man zählte dort nach Grothe 1861
auf 7217 Handstühle 10709 mechanische Stühle für
Seidenweberei.1 Es hat das Ueberwiegen der Ma-
schinenstühle in England seinen Grund in der Speziali-
tät der englischen Seidengewebe; es sind einfache nicht
der Mode unterworfene Artikel. Ueberall sonst über-
wiegt theils der technischen Schwierigkeiten, theils der
wechselnden Mode, theils der tüchtigen Handweberei
wegen noch die Handarbeit, hauptsächlich auch in Frank-
reich. Sowohl in Lyon und Umgegend, wo die Stoff-
weberei, als in St. Etienne, wo die Seidenbandweberei
zu Hause ist, werden die Weber, die sog. contremaeitres,
welche auf dem Lande zerstreut wohnen, von dem Unter-
nehmer entweder durch Komissionäre, welche unsern
Faktoren gleichstehen, oder direkt durch die reitenden
Kommis des Hauses beschäftigt. Diese contremaeitres
besitzen meist einige Stühle, fast durchaus Tritt- und
Jacquardstühle, deren Instandhaltung, Veränderung und
Verbesserung sie mit Intelligenz und Sachkenntniß besor-

1 Grothe, Geschichte der Seidenzucht und Seidenmanu-
faktur S. 99, in der deutschen Vierteljahrschrift, 1864, 4. Heft
S. 44--120.
Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.

Der mechaniſche Webſtuhl hat wohl in keiner andern
Branche der Weberei mit ſo viel techniſcher Schwierig-
keit zu kämpfen als hier. Trotzdem iſt er in England
auch zur Herrſchaft gelangt; aber er hat darum die
Hausinduſtrie nicht verdrängt, indem gerade hier die
erwähnten Einrichtungen vorkommen, welche den Ma-
ſchinenſtuhl in den Wohnungen der Weber ſelbſt aufzu-
ſtellen erlauben. Man zählte dort nach Grothe 1861
auf 7217 Handſtühle 10709 mechaniſche Stühle für
Seidenweberei.1 Es hat das Ueberwiegen der Ma-
ſchinenſtühle in England ſeinen Grund in der Speziali-
tät der engliſchen Seidengewebe; es ſind einfache nicht
der Mode unterworfene Artikel. Ueberall ſonſt über-
wiegt theils der techniſchen Schwierigkeiten, theils der
wechſelnden Mode, theils der tüchtigen Handweberei
wegen noch die Handarbeit, hauptſächlich auch in Frank-
reich. Sowohl in Lyon und Umgegend, wo die Stoff-
weberei, als in St. Etienne, wo die Seidenbandweberei
zu Hauſe iſt, werden die Weber, die ſog. contremaîtres,
welche auf dem Lande zerſtreut wohnen, von dem Unter-
nehmer entweder durch Komiſſionäre, welche unſern
Faktoren gleichſtehen, oder direkt durch die reitenden
Kommis des Hauſes beſchäftigt. Dieſe contremaîtres
beſitzen meiſt einige Stühle, faſt durchaus Tritt- und
Jacquardſtühle, deren Inſtandhaltung, Veränderung und
Verbeſſerung ſie mit Intelligenz und Sachkenntniß beſor-

1 Grothe, Geſchichte der Seidenzucht und Seidenmanu-
faktur S. 99, in der deutſchen Vierteljahrſchrift, 1864, 4. Heft
S. 44—120.
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[594/0616] Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. Der mechaniſche Webſtuhl hat wohl in keiner andern Branche der Weberei mit ſo viel techniſcher Schwierig- keit zu kämpfen als hier. Trotzdem iſt er in England auch zur Herrſchaft gelangt; aber er hat darum die Hausinduſtrie nicht verdrängt, indem gerade hier die erwähnten Einrichtungen vorkommen, welche den Ma- ſchinenſtuhl in den Wohnungen der Weber ſelbſt aufzu- ſtellen erlauben. Man zählte dort nach Grothe 1861 auf 7217 Handſtühle 10709 mechaniſche Stühle für Seidenweberei. 1 Es hat das Ueberwiegen der Ma- ſchinenſtühle in England ſeinen Grund in der Speziali- tät der engliſchen Seidengewebe; es ſind einfache nicht der Mode unterworfene Artikel. Ueberall ſonſt über- wiegt theils der techniſchen Schwierigkeiten, theils der wechſelnden Mode, theils der tüchtigen Handweberei wegen noch die Handarbeit, hauptſächlich auch in Frank- reich. Sowohl in Lyon und Umgegend, wo die Stoff- weberei, als in St. Etienne, wo die Seidenbandweberei zu Hauſe iſt, werden die Weber, die ſog. contremaîtres, welche auf dem Lande zerſtreut wohnen, von dem Unter- nehmer entweder durch Komiſſionäre, welche unſern Faktoren gleichſtehen, oder direkt durch die reitenden Kommis des Hauſes beſchäftigt. Dieſe contremaîtres beſitzen meiſt einige Stühle, faſt durchaus Tritt- und Jacquardſtühle, deren Inſtandhaltung, Veränderung und Verbeſſerung ſie mit Intelligenz und Sachkenntniß beſor- 1 Grothe, Geſchichte der Seidenzucht und Seidenmanu- faktur S. 99, in der deutſchen Vierteljahrſchrift, 1864, 4. Heft S. 44—120.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/616>, abgerufen am 22.11.2024.