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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
bloßen Nätherin zum Schneidergeschäft ist ein unmerk-
licher. Früher wurden in Preußen die Nätherinnen und
Wäscherinnen mit den weiblichen Tagelöhnern zusammen
aufgenommen (z. B. 1849: 679719, wovon 149610
in den Städten), wobei aber nicht festzustellen ist, wie
viele von den hier gezählten Frauen Nätherinnen sind.
Die häusliche Weißnäherei ist ja wohl jedenfalls nicht
unter der Kategorie der "Schneider" mitbegriffen; aber
fraglich erscheint mir, ob die theilweise mit Kleider-
geschäften verbundenen Konfektionsgeschäfte, die Magazine
für Weißwaaren und Damenartikel hier mitgerechnet
sind oder nicht; dadurch erscheint mir der Zweifel nicht
gehoben, daß der ganze Zollverein 1861 - 4 preußische
Weißzeugfabriken mit einigen hundert Arbeitern beson-
ders in der Fabriktabelle aufführt.

Trotz dieser Unklarheit des Inhalts der Tabelle
müssen wir versuchen, die Resultate aus derselben zu fol-
gern. Das erste wäre, daß die Gesammtzahl der preußi-
schen Schneider um 15,1 % stärker zunahm, als die Be-
völkerung. Nimmt man dazu, daß die Leistungsfähig-
keit des einzelnen Arbeiters in größern Geschäften schon
lange, auch in allen kleinern seit Einführung der Näh-
maschinen, sehr gewachsen ist, nehmen wir ferner dazu,
daß die Mehrausfuhr an fertigen Kleidern aus dem
Zollverein seit 20 Jahren sich verzehnfacht hat
(1860 -- 64 jährlich 11365 Ztur. im Werth von
3 -- 4 Mill. Thlr.), so wird man einen Fortschritt
des Gewerbes nicht leugnen können, wie man wohl auch
mit Recht annehmen kann, daß gerade die Bekleidung
fast in allen Klassen der Bevölkerung eine bessere gewor-

Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
bloßen Nätherin zum Schneidergeſchäft iſt ein unmerk-
licher. Früher wurden in Preußen die Nätherinnen und
Wäſcherinnen mit den weiblichen Tagelöhnern zuſammen
aufgenommen (z. B. 1849: 679719, wovon 149610
in den Städten), wobei aber nicht feſtzuſtellen iſt, wie
viele von den hier gezählten Frauen Nätherinnen ſind.
Die häusliche Weißnäherei iſt ja wohl jedenfalls nicht
unter der Kategorie der „Schneider“ mitbegriffen; aber
fraglich erſcheint mir, ob die theilweiſe mit Kleider-
geſchäften verbundenen Konfektionsgeſchäfte, die Magazine
für Weißwaaren und Damenartikel hier mitgerechnet
ſind oder nicht; dadurch erſcheint mir der Zweifel nicht
gehoben, daß der ganze Zollverein 1861 - 4 preußiſche
Weißzeugfabriken mit einigen hundert Arbeitern beſon-
ders in der Fabriktabelle aufführt.

Trotz dieſer Unklarheit des Inhalts der Tabelle
müſſen wir verſuchen, die Reſultate aus derſelben zu fol-
gern. Das erſte wäre, daß die Geſammtzahl der preußi-
ſchen Schneider um 15,1 % ſtärker zunahm, als die Be-
völkerung. Nimmt man dazu, daß die Leiſtungsfähig-
keit des einzelnen Arbeiters in größern Geſchäften ſchon
lange, auch in allen kleinern ſeit Einführung der Näh-
maſchinen, ſehr gewachſen iſt, nehmen wir ferner dazu,
daß die Mehrausfuhr an fertigen Kleidern aus dem
Zollverein ſeit 20 Jahren ſich verzehnfacht hat
(1860 — 64 jährlich 11365 Ztur. im Werth von
3 — 4 Mill. Thlr.), ſo wird man einen Fortſchritt
des Gewerbes nicht leugnen können, wie man wohl auch
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[644/0666] Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. bloßen Nätherin zum Schneidergeſchäft iſt ein unmerk- licher. Früher wurden in Preußen die Nätherinnen und Wäſcherinnen mit den weiblichen Tagelöhnern zuſammen aufgenommen (z. B. 1849: 679719, wovon 149610 in den Städten), wobei aber nicht feſtzuſtellen iſt, wie viele von den hier gezählten Frauen Nätherinnen ſind. Die häusliche Weißnäherei iſt ja wohl jedenfalls nicht unter der Kategorie der „Schneider“ mitbegriffen; aber fraglich erſcheint mir, ob die theilweiſe mit Kleider- geſchäften verbundenen Konfektionsgeſchäfte, die Magazine für Weißwaaren und Damenartikel hier mitgerechnet ſind oder nicht; dadurch erſcheint mir der Zweifel nicht gehoben, daß der ganze Zollverein 1861 - 4 preußiſche Weißzeugfabriken mit einigen hundert Arbeitern beſon- ders in der Fabriktabelle aufführt. Trotz dieſer Unklarheit des Inhalts der Tabelle müſſen wir verſuchen, die Reſultate aus derſelben zu fol- gern. Das erſte wäre, daß die Geſammtzahl der preußi- ſchen Schneider um 15,1 % ſtärker zunahm, als die Be- völkerung. Nimmt man dazu, daß die Leiſtungsfähig- keit des einzelnen Arbeiters in größern Geſchäften ſchon lange, auch in allen kleinern ſeit Einführung der Näh- maſchinen, ſehr gewachſen iſt, nehmen wir ferner dazu, daß die Mehrausfuhr an fertigen Kleidern aus dem Zollverein ſeit 20 Jahren ſich verzehnfacht hat (1860 — 64 jährlich 11365 Ztur. im Werth von 3 — 4 Mill. Thlr.), ſo wird man einen Fortſchritt des Gewerbes nicht leugnen können, wie man wohl auch mit Recht annehmen kann, daß gerade die Bekleidung faſt in allen Klaſſen der Bevölkerung eine beſſere gewor-

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 644. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/666>, abgerufen am 22.11.2024.