Die rheinische Kleineisen- und Metallindustrie in Solingen, Remscheid, Lindenscheid, Hagen, Altena, Iserlohn war bis in die neuere Zeit auch überwiegend Hausindustrie und Sache kleiner selbständiger Meister. Die großen kaufmännischen Geschäfte (hier Kommissionäre genannt) geben dem Meister (hier Fabrikant genannt) die Bestellungen; den Rohstoff erhält er theilweise, theil- weise liefert er ihn selbst. Die erste Arbeit fällt dem Schmiede zu; man unterscheidet die verschiedensten Arten (20--30) von Schmieden; dann gehen die Stücke an den Schleifer, der in der Schleifkotte polirt, endlich an den Reider, der das Heft aufschlägt. 1 Aehnlich ist ein großer Theil der Waffenindustrie organisirt. Aber überall zeigen sich auch hier die Aenderungen, überall dieselben Klagen: die kleinen Meister wohnen zu zer- streut, können größere Maschinen nicht anwenden, machen die technischen Fortschritte nicht mit. Jacobi sagt (1855): "Es drängt auch hier der Zug der modernen Industrie die Fabrikation unwiderstehlich mehr und mehr aus den vereinzelten Werkstätten und dem noch halb handwerks- mäßigen Betriebe in die großen gewerblichen Anlagen und den geschlossenen Fabrikbetrieb hinüber. Schon sind die Nadler, die Sporenmacher, die Gelbgießer, die Gürtler und Andere den großen Fabrikanstalten meistens gewichen und gleichartige Entwicklungen bereiten sich nach allen Sei- ten vor. Die Walzen treten an die Stelle der Hämmer,
1 Siehe die ausgezeichneten Schilderungen bei Jacobi, das Berg-, Hütten- und Gewerbewesen des Regbez. Arnsberg, besonders S. S. 77, 365, 375--390.
Schluß und Reſultate.
Die rheiniſche Kleineiſen- und Metallinduſtrie in Solingen, Remſcheid, Lindenſcheid, Hagen, Altena, Iſerlohn war bis in die neuere Zeit auch überwiegend Hausinduſtrie und Sache kleiner ſelbſtändiger Meiſter. Die großen kaufmänniſchen Geſchäfte (hier Kommiſſionäre genannt) geben dem Meiſter (hier Fabrikant genannt) die Beſtellungen; den Rohſtoff erhält er theilweiſe, theil- weiſe liefert er ihn ſelbſt. Die erſte Arbeit fällt dem Schmiede zu; man unterſcheidet die verſchiedenſten Arten (20—30) von Schmieden; dann gehen die Stücke an den Schleifer, der in der Schleifkotte polirt, endlich an den Reider, der das Heft aufſchlägt. 1 Aehnlich iſt ein großer Theil der Waffeninduſtrie organiſirt. Aber überall zeigen ſich auch hier die Aenderungen, überall dieſelben Klagen: die kleinen Meiſter wohnen zu zer- ſtreut, können größere Maſchinen nicht anwenden, machen die techniſchen Fortſchritte nicht mit. Jacobi ſagt (1855): „Es drängt auch hier der Zug der modernen Induſtrie die Fabrikation unwiderſtehlich mehr und mehr aus den vereinzelten Werkſtätten und dem noch halb handwerks- mäßigen Betriebe in die großen gewerblichen Anlagen und den geſchloſſenen Fabrikbetrieb hinüber. Schon ſind die Nadler, die Sporenmacher, die Gelbgießer, die Gürtler und Andere den großen Fabrikanſtalten meiſtens gewichen und gleichartige Entwicklungen bereiten ſich nach allen Sei- ten vor. Die Walzen treten an die Stelle der Hämmer,
1 Siehe die ausgezeichneten Schilderungen bei Jacobi, das Berg-, Hütten- und Gewerbeweſen des Regbez. Arnsberg, beſonders S. S. 77, 365, 375—390.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0680"n="658"/><fwplace="top"type="header">Schluß und Reſultate.</fw><lb/><p>Die rheiniſche Kleineiſen- und Metallinduſtrie in<lb/>
Solingen, Remſcheid, Lindenſcheid, Hagen, Altena,<lb/>
Iſerlohn war bis in die neuere Zeit auch überwiegend<lb/>
Hausinduſtrie und Sache kleiner ſelbſtändiger Meiſter.<lb/>
Die großen kaufmänniſchen Geſchäfte (hier Kommiſſionäre<lb/>
genannt) geben dem Meiſter (hier Fabrikant genannt)<lb/>
die Beſtellungen; den Rohſtoff erhält er theilweiſe, theil-<lb/>
weiſe liefert er ihn ſelbſt. Die erſte Arbeit fällt dem<lb/>
Schmiede zu; man unterſcheidet die verſchiedenſten Arten<lb/>
(20—30) von Schmieden; dann gehen die Stücke an<lb/>
den Schleifer, der in der Schleifkotte polirt, endlich an<lb/>
den Reider, der das Heft aufſchlägt. <noteplace="foot"n="1">Siehe die ausgezeichneten Schilderungen bei Jacobi,<lb/>
das Berg-, Hütten- und Gewerbeweſen des Regbez. Arnsberg,<lb/>
beſonders S. S. 77, 365, 375—390.</note> Aehnlich iſt<lb/>
ein großer Theil der Waffeninduſtrie organiſirt. Aber<lb/>
überall zeigen ſich auch hier die Aenderungen, überall<lb/>
dieſelben Klagen: die kleinen Meiſter wohnen zu zer-<lb/>ſtreut, können größere Maſchinen nicht anwenden, machen<lb/>
die techniſchen Fortſchritte nicht mit. Jacobi ſagt (1855):<lb/>„Es drängt auch hier der Zug der modernen Induſtrie<lb/>
die Fabrikation unwiderſtehlich mehr und mehr aus den<lb/>
vereinzelten Werkſtätten und dem noch halb handwerks-<lb/>
mäßigen Betriebe in die großen gewerblichen Anlagen<lb/>
und den geſchloſſenen Fabrikbetrieb hinüber. Schon ſind<lb/>
die Nadler, die Sporenmacher, die Gelbgießer, die Gürtler<lb/>
und Andere den großen Fabrikanſtalten meiſtens gewichen<lb/>
und gleichartige Entwicklungen bereiten ſich nach allen Sei-<lb/>
ten vor. Die Walzen treten an die Stelle der Hämmer,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[658/0680]
Schluß und Reſultate.
Die rheiniſche Kleineiſen- und Metallinduſtrie in
Solingen, Remſcheid, Lindenſcheid, Hagen, Altena,
Iſerlohn war bis in die neuere Zeit auch überwiegend
Hausinduſtrie und Sache kleiner ſelbſtändiger Meiſter.
Die großen kaufmänniſchen Geſchäfte (hier Kommiſſionäre
genannt) geben dem Meiſter (hier Fabrikant genannt)
die Beſtellungen; den Rohſtoff erhält er theilweiſe, theil-
weiſe liefert er ihn ſelbſt. Die erſte Arbeit fällt dem
Schmiede zu; man unterſcheidet die verſchiedenſten Arten
(20—30) von Schmieden; dann gehen die Stücke an
den Schleifer, der in der Schleifkotte polirt, endlich an
den Reider, der das Heft aufſchlägt. 1 Aehnlich iſt
ein großer Theil der Waffeninduſtrie organiſirt. Aber
überall zeigen ſich auch hier die Aenderungen, überall
dieſelben Klagen: die kleinen Meiſter wohnen zu zer-
ſtreut, können größere Maſchinen nicht anwenden, machen
die techniſchen Fortſchritte nicht mit. Jacobi ſagt (1855):
„Es drängt auch hier der Zug der modernen Induſtrie
die Fabrikation unwiderſtehlich mehr und mehr aus den
vereinzelten Werkſtätten und dem noch halb handwerks-
mäßigen Betriebe in die großen gewerblichen Anlagen
und den geſchloſſenen Fabrikbetrieb hinüber. Schon ſind
die Nadler, die Sporenmacher, die Gelbgießer, die Gürtler
und Andere den großen Fabrikanſtalten meiſtens gewichen
und gleichartige Entwicklungen bereiten ſich nach allen Sei-
ten vor. Die Walzen treten an die Stelle der Hämmer,
1 Siehe die ausgezeichneten Schilderungen bei Jacobi,
das Berg-, Hütten- und Gewerbeweſen des Regbez. Arnsberg,
beſonders S. S. 77, 365, 375—390.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 658. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/680>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.