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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Das Prinzip der wirthschaftlichen Freiheit.
und dem stets kurzsichtigen, immer nur an den nächst-
liegenden Erwerb denkenden Egoismus der Masse nicht
durchzusetzen sind. Je mehr der Radikalismus das Alles
nur negirt, die starre Reaktion sich festklammert an den
Trümmern und Privilegien einer untergegangenen Zeit,
desto mehr ist es Sache der Mittelparteien, sollte
es gerade auch Sache eines weitsehenden hochsinnigen
Liberalismus sein, diese positiven Aufgaben durchzu-
führen, wenn er dadurch auch seinen eigenen Partei-
mitgliedern wirthschaftliche Opfer auferlegt.

Immer wird man unter dem Paniere politischer
und wirthschaftlicher Freiheit alle edel und idealistisch
Denkenden sich vereinigen sehen. Aber die konkrete
Durchführung der einzelnen Freiheiten darf den prak-
tischen Boden der Wirklichkeit nicht verlassen, muß
immer darauf sehen, mit welchen Menschen und Ver-
hältnissen man es zu thun hat. Die wirthschaftliche
Freiheit, welche die Gegenwart fordert, ist kein Unrecht
in abstracto, ist keine Schablone, die immer und
überall paßt; sie ist nur soweit berechtigt, als sie die
wirthschaftlichen Tugenden des Fleißes, der Anstrengung,
der Selbstverantwortlichkeit fördert; sie wird um so
segensvoller wirken, wenn es sich um Erleichterungen
handelt, welche Allen oder den Meisten zu Gute kom-
men. Aber vielfach wird auch ganz anderes im Namen
der wirthschaftlichen Freiheit verlangt. Einige verlangen
von dem egoistischen Standpunkte ihres speziellen Er-
werbes und Geschäftes die Beseitigung sittlicher und
rechtlicher Schranken und Kontrolen, die der Gesammt-
heit zum Segen, nur der ungezügelten Gewinnsucht der

Das Prinzip der wirthſchaftlichen Freiheit.
und dem ſtets kurzſichtigen, immer nur an den nächſt-
liegenden Erwerb denkenden Egoismus der Maſſe nicht
durchzuſetzen ſind. Je mehr der Radikalismus das Alles
nur negirt, die ſtarre Reaktion ſich feſtklammert an den
Trümmern und Privilegien einer untergegangenen Zeit,
deſto mehr iſt es Sache der Mittelparteien, ſollte
es gerade auch Sache eines weitſehenden hochſinnigen
Liberalismus ſein, dieſe poſitiven Aufgaben durchzu-
führen, wenn er dadurch auch ſeinen eigenen Partei-
mitgliedern wirthſchaftliche Opfer auferlegt.

Immer wird man unter dem Paniere politiſcher
und wirthſchaftlicher Freiheit alle edel und idealiſtiſch
Denkenden ſich vereinigen ſehen. Aber die konkrete
Durchführung der einzelnen Freiheiten darf den prak-
tiſchen Boden der Wirklichkeit nicht verlaſſen, muß
immer darauf ſehen, mit welchen Menſchen und Ver-
hältniſſen man es zu thun hat. Die wirthſchaftliche
Freiheit, welche die Gegenwart fordert, iſt kein Unrecht
in abstracto, iſt keine Schablone, die immer und
überall paßt; ſie iſt nur ſoweit berechtigt, als ſie die
wirthſchaftlichen Tugenden des Fleißes, der Anſtrengung,
der Selbſtverantwortlichkeit fördert; ſie wird um ſo
ſegensvoller wirken, wenn es ſich um Erleichterungen
handelt, welche Allen oder den Meiſten zu Gute kom-
men. Aber vielfach wird auch ganz anderes im Namen
der wirthſchaftlichen Freiheit verlangt. Einige verlangen
von dem egoiſtiſchen Standpunkte ihres ſpeziellen Er-
werbes und Geſchäftes die Beſeitigung ſittlicher und
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[679/0701] Das Prinzip der wirthſchaftlichen Freiheit. und dem ſtets kurzſichtigen, immer nur an den nächſt- liegenden Erwerb denkenden Egoismus der Maſſe nicht durchzuſetzen ſind. Je mehr der Radikalismus das Alles nur negirt, die ſtarre Reaktion ſich feſtklammert an den Trümmern und Privilegien einer untergegangenen Zeit, deſto mehr iſt es Sache der Mittelparteien, ſollte es gerade auch Sache eines weitſehenden hochſinnigen Liberalismus ſein, dieſe poſitiven Aufgaben durchzu- führen, wenn er dadurch auch ſeinen eigenen Partei- mitgliedern wirthſchaftliche Opfer auferlegt. Immer wird man unter dem Paniere politiſcher und wirthſchaftlicher Freiheit alle edel und idealiſtiſch Denkenden ſich vereinigen ſehen. Aber die konkrete Durchführung der einzelnen Freiheiten darf den prak- tiſchen Boden der Wirklichkeit nicht verlaſſen, muß immer darauf ſehen, mit welchen Menſchen und Ver- hältniſſen man es zu thun hat. Die wirthſchaftliche Freiheit, welche die Gegenwart fordert, iſt kein Unrecht in abstracto, iſt keine Schablone, die immer und überall paßt; ſie iſt nur ſoweit berechtigt, als ſie die wirthſchaftlichen Tugenden des Fleißes, der Anſtrengung, der Selbſtverantwortlichkeit fördert; ſie wird um ſo ſegensvoller wirken, wenn es ſich um Erleichterungen handelt, welche Allen oder den Meiſten zu Gute kom- men. Aber vielfach wird auch ganz anderes im Namen der wirthſchaftlichen Freiheit verlangt. Einige verlangen von dem egoiſtiſchen Standpunkte ihres ſpeziellen Er- werbes und Geſchäftes die Beſeitigung ſittlicher und rechtlicher Schranken und Kontrolen, die der Geſammt- heit zum Segen, nur der ungezügelten Gewinnſucht der

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/701>, abgerufen am 22.11.2024.