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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Das Gewerbe- und Fabrikinspektorat.
auf die technischen Fortschritte der kleinen Geschäfte;
lokale Ausstellungen von Geräthen, Werkzeugen und Ma-
schinen aus dem Kreise der kleinen Gewerbe, Prämien
für Anschaffung solcher, einzelne Reiseunterstützungen,
unter Umständen Ueberlassung von Werkzeugen auf Probe
könnten hinzukommen. Hauptsächlich aber hätten sie Ge-
nossenschaften anzuregen, wo es an der Initiative fehlte,
die Leute zur Theilnahme zu bewegen, die Buchführung
einzurichten. Es fehlt so vielfach nur an einer der-
artigen gebildeten und sachverständigen Initiative. Dabei
hätten sie sich jedes Eingriffs gegenüber bestehenden Ge-
nossenschaften, die nichts von ihnen wissen wollen, zu
enthalten.

Vor Allem in Bezug auf die noch bestehenden
Hausindustrien wäre es Pflicht, nicht unthätig ihrem
Untergange zuzusehen. Die schwersten Vorwürfe treffen
in dieser Richtung die Regierungen und die besitzenden
Klassen, wie ich oben bei der eingehenden Schilderung
der Spinnerei und Weberei zeigte. Manches geschah
ja auch in Folge entsetzlicher Nothzustände, aber meist
geschah es zu spät und häufig am unrechten Platze.

Um nicht künstlich eine Hausindustrie da zu erhal-
ten, wo nothwendig zuletzt doch das Fabriksystem siegt,
wäre als Grundlage solcher Maßregeln eine umfassende
Enquete dieser Verhältnisse zu empfehlen. Erst auf
Grundlage einer derartigen Detailinformation könen auch
die Detailvorschläge gemacht werden. Manches aber läßt
sich auch vom allgemeinen Standpunkt aus sagen. Alle die
erwähnten Maßregeln, die für das Handwerk überhaupt
nothwendig sind, müssen für diese meist auf dem Land

Das Gewerbe- und Fabrikinſpektorat.
auf die techniſchen Fortſchritte der kleinen Geſchäfte;
lokale Ausſtellungen von Geräthen, Werkzeugen und Ma-
ſchinen aus dem Kreiſe der kleinen Gewerbe, Prämien
für Anſchaffung ſolcher, einzelne Reiſeunterſtützungen,
unter Umſtänden Ueberlaſſung von Werkzeugen auf Probe
könnten hinzukommen. Hauptſächlich aber hätten ſie Ge-
noſſenſchaften anzuregen, wo es an der Initiative fehlte,
die Leute zur Theilnahme zu bewegen, die Buchführung
einzurichten. Es fehlt ſo vielfach nur an einer der-
artigen gebildeten und ſachverſtändigen Initiative. Dabei
hätten ſie ſich jedes Eingriffs gegenüber beſtehenden Ge-
noſſenſchaften, die nichts von ihnen wiſſen wollen, zu
enthalten.

Vor Allem in Bezug auf die noch beſtehenden
Hausinduſtrien wäre es Pflicht, nicht unthätig ihrem
Untergange zuzuſehen. Die ſchwerſten Vorwürfe treffen
in dieſer Richtung die Regierungen und die beſitzenden
Klaſſen, wie ich oben bei der eingehenden Schilderung
der Spinnerei und Weberei zeigte. Manches geſchah
ja auch in Folge entſetzlicher Nothzuſtände, aber meiſt
geſchah es zu ſpät und häufig am unrechten Platze.

Um nicht künſtlich eine Hausinduſtrie da zu erhal-
ten, wo nothwendig zuletzt doch das Fabrikſyſtem ſiegt,
wäre als Grundlage ſolcher Maßregeln eine umfaſſende
Enquête dieſer Verhältniſſe zu empfehlen. Erſt auf
Grundlage einer derartigen Detailinformation könen auch
die Detailvorſchläge gemacht werden. Manches aber läßt
ſich auch vom allgemeinen Standpunkt aus ſagen. Alle die
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[701/0723] Das Gewerbe- und Fabrikinſpektorat. auf die techniſchen Fortſchritte der kleinen Geſchäfte; lokale Ausſtellungen von Geräthen, Werkzeugen und Ma- ſchinen aus dem Kreiſe der kleinen Gewerbe, Prämien für Anſchaffung ſolcher, einzelne Reiſeunterſtützungen, unter Umſtänden Ueberlaſſung von Werkzeugen auf Probe könnten hinzukommen. Hauptſächlich aber hätten ſie Ge- noſſenſchaften anzuregen, wo es an der Initiative fehlte, die Leute zur Theilnahme zu bewegen, die Buchführung einzurichten. Es fehlt ſo vielfach nur an einer der- artigen gebildeten und ſachverſtändigen Initiative. Dabei hätten ſie ſich jedes Eingriffs gegenüber beſtehenden Ge- noſſenſchaften, die nichts von ihnen wiſſen wollen, zu enthalten. Vor Allem in Bezug auf die noch beſtehenden Hausinduſtrien wäre es Pflicht, nicht unthätig ihrem Untergange zuzuſehen. Die ſchwerſten Vorwürfe treffen in dieſer Richtung die Regierungen und die beſitzenden Klaſſen, wie ich oben bei der eingehenden Schilderung der Spinnerei und Weberei zeigte. Manches geſchah ja auch in Folge entſetzlicher Nothzuſtände, aber meiſt geſchah es zu ſpät und häufig am unrechten Platze. Um nicht künſtlich eine Hausinduſtrie da zu erhal- ten, wo nothwendig zuletzt doch das Fabrikſyſtem ſiegt, wäre als Grundlage ſolcher Maßregeln eine umfaſſende Enquête dieſer Verhältniſſe zu empfehlen. Erſt auf Grundlage einer derartigen Detailinformation könen auch die Detailvorſchläge gemacht werden. Manches aber läßt ſich auch vom allgemeinen Standpunkt aus ſagen. Alle die erwähnten Maßregeln, die für das Handwerk überhaupt nothwendig ſind, müſſen für dieſe meiſt auf dem Land

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/723>, abgerufen am 25.11.2024.