diesen vor meine Person so glücklichen Ort nur von ferne erblickte, ohngeacht ich nichts warnehmen kon- te, als einen ungeheuren aufgethürmten Stein-Klum- pen, welcher auch, je näher wir demselben kamen, de- sto fürchterlicher schien, doch weil mir der Capitain in geheim allbereits eine gar zu schöne Beschreibung darvon gemacht hatte, bedünckten mich alle Stunden Jahre zu werden, ehe wir diesem Trotzer der Winde und stürmenden Meeres-Wellen gegen über Ancker wurffen.
Es war am 12. Novemb. 1725. allbereit nach Untergang der Sonnen, da wir in behöriger Weite vor dem Felsen die Ancker sincken liessen, weil sich der Capitain vor den ihm gantz wohlbekandten Sand- Bäncken hütete. So bald dieses geschehen, ließ er kurtz auf einander 3. Canon-Schüsse thun, und bald hernach 3. Raqueten steigen. Nach Verlauff einer Vierthel Stunde musten abermahls 3. Canonen ab- gefeuert, und bey jedem 2. Raqueten gezündet wer- den, da denn alsofort von dem Felsen mit dreyen Ca- nonen-Schüssen geantwortet wurde, worbey zu- gleich 3. Raqueten gegen unser Schiff zugeflogen ka- men, welches bey denen, so keinen Bescheid von der Sache hatten, eine ungemeine Verwunderung ver- ursachte. Der Capitain aber ließ noch 6. Schüsse thun, und biß gegen Mitter-Nacht alle Viertel- Stunden eine Raquete steigen, auch Lust-Kugeln und Wasser-Kegel in die See spielen, da denn unsern Raqueten allezeit andere von dem Felsen entgegen kamen, um Mitter-Nacht aber von beyden Seiten mit 3. Canonen-Schüssen beschlossen wurde.
Wir
dieſen vor meine Perſon ſo gluͤcklichen Ort nur von ferne erblickte, ohngeacht ich nichts warnehmen kon- te, als einen ungeheuren aufgethuͤrmten Stein-Klum- pen, welcher auch, je naͤher wir demſelben kamen, de- ſto fuͤrchterlicher ſchien, doch weil mir der Capitain in geheim allbereits eine gar zu ſchoͤne Beſchreibung darvon gemacht hatte, beduͤnckten mich alle Stunden Jahre zu werden, ehe wir dieſem Trotzer der Winde und ſtuͤrmenden Meeres-Wellen gegen uͤber Ancker wurffen.
Es war am 12. Novemb. 1725. allbereit nach Untergang der Sonnen, da wir in behoͤriger Weite vor dem Felſen die Ancker ſincken lieſſen, weil ſich der Capitain vor den ihm gantz wohlbekandten Sand- Baͤncken huͤtete. So bald dieſes geſchehen, ließ er kurtz auf einander 3. Canon-Schuͤſſe thun, und bald hernach 3. Raqueten ſteigen. Nach Verlauff einer Vierthel Stunde muſten abermahls 3. Canonen ab- gefeuert, und bey jedem 2. Raqueten gezuͤndet wer- den, da denn alſofort von dem Felſen mit dreyen Ca- nonen-Schuͤſſen geantwortet wurde, worbey zu- gleich 3. Raqueten gegen unſer Schiff zugeflogen ka- men, welches bey denen, ſo keinen Beſcheid von der Sache hatten, eine ungemeine Verwunderung ver- urſachte. Der Capitain aber ließ noch 6. Schuͤſſe thun, und biß gegen Mitter-Nacht alle Viertel- Stunden eine Raquete ſteigen, auch Luſt-Kugeln und Waſſer-Kegel in die See ſpielen, da denn unſern Raqueten allezeit andere von dem Felſen entgegen kamen, um Mitter-Nacht aber von beyden Seiten mit 3. Canonen-Schuͤſſen beſchloſſen wurde.
Wir
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0103"n="91"/>
dieſen vor meine Perſon ſo gluͤcklichen Ort nur von<lb/>
ferne erblickte, ohngeacht ich nichts warnehmen kon-<lb/>
te, als einen ungeheuren aufgethuͤrmten Stein-Klum-<lb/>
pen, welcher auch, je naͤher wir demſelben kamen, de-<lb/>ſto fuͤrchterlicher ſchien, doch weil mir der <hirendition="#aq">Capitain</hi><lb/>
in geheim allbereits eine gar zu ſchoͤne Beſchreibung<lb/>
darvon gemacht hatte, beduͤnckten mich alle Stunden<lb/>
Jahre zu werden, ehe wir dieſem Trotzer der Winde<lb/>
und ſtuͤrmenden Meeres-Wellen gegen uͤber Ancker<lb/>
wurffen.</p><lb/><p>Es war am 12. <hirendition="#aq">Novemb.</hi> 1725. allbereit nach<lb/>
Untergang der Sonnen, da wir in behoͤriger Weite<lb/>
vor dem Felſen die Ancker ſincken lieſſen, weil ſich der<lb/><hirendition="#aq">Capitain</hi> vor den ihm gantz wohlbekandten Sand-<lb/>
Baͤncken huͤtete. So bald dieſes geſchehen, ließ er<lb/>
kurtz auf einander 3. Canon-Schuͤſſe thun, und bald<lb/>
hernach 3. <hirendition="#aq">Raquet</hi>en ſteigen. Nach Verlauff einer<lb/>
Vierthel Stunde muſten abermahls 3. Canonen ab-<lb/>
gefeuert, und bey jedem 2. <hirendition="#aq">Raquet</hi>en gezuͤndet wer-<lb/>
den, da denn alſofort von dem Felſen mit dreyen Ca-<lb/>
nonen-Schuͤſſen geantwortet wurde, worbey zu-<lb/>
gleich 3. <hirendition="#aq">Raquet</hi>en gegen unſer Schiff zugeflogen ka-<lb/>
men, welches bey denen, ſo keinen Beſcheid von der<lb/>
Sache hatten, eine ungemeine Verwunderung ver-<lb/>
urſachte. Der <hirendition="#aq">Capitain</hi> aber ließ noch 6. Schuͤſſe<lb/>
thun, und biß gegen Mitter-Nacht alle Viertel-<lb/>
Stunden eine <hirendition="#aq">Raque</hi>te ſteigen, auch Luſt-Kugeln<lb/>
und Waſſer-Kegel in die See ſpielen, da denn unſern<lb/><hirendition="#aq">Raquet</hi>en allezeit andere von dem Felſen entgegen<lb/>
kamen, um Mitter-Nacht aber von beyden Seiten<lb/>
mit 3. Canonen-Schuͤſſen beſchloſſen wurde.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wir</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[91/0103]
dieſen vor meine Perſon ſo gluͤcklichen Ort nur von
ferne erblickte, ohngeacht ich nichts warnehmen kon-
te, als einen ungeheuren aufgethuͤrmten Stein-Klum-
pen, welcher auch, je naͤher wir demſelben kamen, de-
ſto fuͤrchterlicher ſchien, doch weil mir der Capitain
in geheim allbereits eine gar zu ſchoͤne Beſchreibung
darvon gemacht hatte, beduͤnckten mich alle Stunden
Jahre zu werden, ehe wir dieſem Trotzer der Winde
und ſtuͤrmenden Meeres-Wellen gegen uͤber Ancker
wurffen.
Es war am 12. Novemb. 1725. allbereit nach
Untergang der Sonnen, da wir in behoͤriger Weite
vor dem Felſen die Ancker ſincken lieſſen, weil ſich der
Capitain vor den ihm gantz wohlbekandten Sand-
Baͤncken huͤtete. So bald dieſes geſchehen, ließ er
kurtz auf einander 3. Canon-Schuͤſſe thun, und bald
hernach 3. Raqueten ſteigen. Nach Verlauff einer
Vierthel Stunde muſten abermahls 3. Canonen ab-
gefeuert, und bey jedem 2. Raqueten gezuͤndet wer-
den, da denn alſofort von dem Felſen mit dreyen Ca-
nonen-Schuͤſſen geantwortet wurde, worbey zu-
gleich 3. Raqueten gegen unſer Schiff zugeflogen ka-
men, welches bey denen, ſo keinen Beſcheid von der
Sache hatten, eine ungemeine Verwunderung ver-
urſachte. Der Capitain aber ließ noch 6. Schuͤſſe
thun, und biß gegen Mitter-Nacht alle Viertel-
Stunden eine Raquete ſteigen, auch Luſt-Kugeln
und Waſſer-Kegel in die See ſpielen, da denn unſern
Raqueten allezeit andere von dem Felſen entgegen
kamen, um Mitter-Nacht aber von beyden Seiten
mit 3. Canonen-Schuͤſſen beſchloſſen wurde.
Wir
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/103>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.