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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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gutem Recht gönnen könnet, weil ihr an dieser eurer
Gemahlin einen solchen Schatz gesunden, den euch
vielleicht viele andere Manns-Personen mißgönnen
werden. Mein liebster Freund, antwortete mein
Herr, ich kan nicht läugnen, daß ich eure Liebste, die
Concordiam, von Grund der Seelen geliebet ha-
be, und sie nur noch vor weniger Zeit ungemein
gern zur Gemahlin gehabt hätte, weil aber unsere
beyden Väter, und vielleicht der Himmel selbst nicht
in unsere Vermählung einwilligen wolten; so habe
nur vor etlichen Monathen meinen Sinn geändert, und
mich mit dieser Dame verheyrathet, bey welcher ich
alle diejenigen Tugenden gefunden habe, welche ihr
als Bräutigam vielleicht in wenig Tagen bey der
Concordia findet werdet. Jch vor meine Person
wünsche zu eurer Vermählung tausendsaches Ver-
gnügen, und zwar so, wie ich dasselbe mit dieser meiner
Liebsten beständig geniesse, beklage aber nichts mehr,
als daß mich meine Angelegenheiten so eilig wieder-
um nach Hause treiben, mithin verhindern, eurer
Hochzeit als ein frölicher Gast beyzuwohnen.

Der junge Kauffmann stutzte, und wolte nicht
glauben, daß der Herr von Leuven so bald nach
Antwerpen zurück kehren müsse, da er aber den Ernst
vermerckte, und seinen vermeinten Schwieger-
Vater Plürs, unsern Wohlthäter, herzu ruffte,
ging es an ein gewaltiges Nöthigen, jedoch der Herr
von Leuven blieb nach vielen dargethanen Ent-
schuldigungen bey seinem Vorsatze, morgenden
Mittag abzureisen, und nahm schon im voraus von
der gantzen Gesellschafft Abschied.

Es

gutem Recht goͤnnen koͤnnet, weil ihr an dieſer eurer
Gemahlin einen ſolchen Schatz geſunden, den euch
vielleicht viele andere Manns-Perſonen mißgoͤnnen
werden. Mein liebſter Freund, antwortete mein
Herr, ich kan nicht laͤugnen, daß ich eure Liebſte, die
Concordiam, von Grund der Seelen geliebet ha-
be, und ſie nur noch vor weniger Zeit ungemein
gern zur Gemahlin gehabt haͤtte, weil aber unſere
beyden Vaͤter, und vielleicht der Himmel ſelbſt nicht
in unſere Vermaͤhlung einwilligen wolten; ſo habe
nur vor etlichen Monathen meinen Siñ geaͤndert, und
mich mit dieſer Dame verheyrathet, bey welcher ich
alle diejenigen Tugenden gefunden habe, welche ihr
als Braͤutigam vielleicht in wenig Tagen bey der
Concordia findet werdet. Jch vor meine Perſon
wuͤnſche zu eurer Vermaͤhlung tauſendſaches Ver-
gnuͤgen, und zwar ſo, wie ich daſſelbe mit dieſer meiner
Liebſten beſtaͤndig genieſſe, beklage aber nichts mehr,
als daß mich meine Angelegenheiten ſo eilig wieder-
um nach Hauſe treiben, mithin verhindern, eurer
Hochzeit als ein froͤlicher Gaſt beyzuwohnen.

Der junge Kauffmann ſtutzte, und wolte nicht
glauben, daß der Herr von Leuven ſo bald nach
Antwerpen zuruͤck kehren muͤſſe, da er aber den Ernſt
vermerckte, und ſeinen vermeinten Schwieger-
Vater Plürs, unſern Wohlthaͤter, herzu ruffte,
ging es an ein gewaltiges Noͤthigen, jedoch der Herr
von Leuven blieb nach vielen dargethanen Ent-
ſchuldigungen bey ſeinem Vorſatze, morgenden
Mittag abzureiſen, und nahm ſchon im voraus von
der gantzen Geſellſchafft Abſchied.

Es
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[124/0138] gutem Recht goͤnnen koͤnnet, weil ihr an dieſer eurer Gemahlin einen ſolchen Schatz geſunden, den euch vielleicht viele andere Manns-Perſonen mißgoͤnnen werden. Mein liebſter Freund, antwortete mein Herr, ich kan nicht laͤugnen, daß ich eure Liebſte, die Concordiam, von Grund der Seelen geliebet ha- be, und ſie nur noch vor weniger Zeit ungemein gern zur Gemahlin gehabt haͤtte, weil aber unſere beyden Vaͤter, und vielleicht der Himmel ſelbſt nicht in unſere Vermaͤhlung einwilligen wolten; ſo habe nur vor etlichen Monathen meinen Siñ geaͤndert, und mich mit dieſer Dame verheyrathet, bey welcher ich alle diejenigen Tugenden gefunden habe, welche ihr als Braͤutigam vielleicht in wenig Tagen bey der Concordia findet werdet. Jch vor meine Perſon wuͤnſche zu eurer Vermaͤhlung tauſendſaches Ver- gnuͤgen, und zwar ſo, wie ich daſſelbe mit dieſer meiner Liebſten beſtaͤndig genieſſe, beklage aber nichts mehr, als daß mich meine Angelegenheiten ſo eilig wieder- um nach Hauſe treiben, mithin verhindern, eurer Hochzeit als ein froͤlicher Gaſt beyzuwohnen. Der junge Kauffmann ſtutzte, und wolte nicht glauben, daß der Herr von Leuven ſo bald nach Antwerpen zuruͤck kehren muͤſſe, da er aber den Ernſt vermerckte, und ſeinen vermeinten Schwieger- Vater Plürs, unſern Wohlthaͤter, herzu ruffte, ging es an ein gewaltiges Noͤthigen, jedoch der Herr von Leuven blieb nach vielen dargethanen Ent- ſchuldigungen bey ſeinem Vorſatze, morgenden Mittag abzureiſen, und nahm ſchon im voraus von der gantzen Geſellſchafft Abſchied. Es

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/138>, abgerufen am 25.11.2024.