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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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einige Linderung verschaffen können. Doch da ich
zurück schrieb: daß um diese Zeit alle Collegia
aufs neue angiengen, weßwegen ich nicht allein sehr
viel versäumen, sondern über dieses seine und meine
Hertzens-Wunde ehe noch weiter aufreissen als
heilen würde, erlaubte mir mein Vater, nebst Ueber-
sendung eines Wechsels von 200. spec. Ducaten
noch ein halbes Jahr in Kiel zu bleiben, nach Ver-
fliessung dessen aber solte nach Hause kommen, über
Winters bey ihm zu verharren, sodann im Früh-
Jahre das galante Leipzig zu besuchen, und meine
Studia daselbst zu absolviren.

Sein Wille war meine Richt-Schnur, dan-
nenhero die noch übrige Zeit in Kiel nicht verabsäu-
mete mich in meinem ergriffenen studio nach mög-
lichkeit zu cultiviren, gegen Martini aber mit den
herrlichsten Attastaten meiner Professoren verse-
hen nach Hause reisete. Es war mir zwar eine
hertzliche Freude, meinen werthen Vater und liebe
Schwester nebst andern Anverwandten und guten
Freunden in völligen Glücks-Stande anzutreffen;
allein der Verlust der Mutter that derselben unge-
meinen Einhalt. Kurtz zu sagen: es war kein ein-
ziges Divertissement, so mir von meinem Vater, so
wohl auch andern Freunden gemacht wurde, ver-
mögend, das einwurtzelende melancholische We-
sen aus meinem Gehirne zu vertreiben. Derowe-
gen nahm die Zuflucht zu den Büchern und suchte
darinnen mein verlohrnes Vergnügen, welches sich
denn nicht selten in selbigen finden ließ.

Mein Vater bezeigte theils Leid, theils Freude
über meine douce Aufführung, resolvirte sich aber

bald
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einige Linderung verſchaffen koͤnnen. Doch da ich
zuruͤck ſchrieb: daß um dieſe Zeit alle Collegia
aufs neue angiengen, weßwegen ich nicht allein ſehr
viel verſaͤumen, ſondern uͤber dieſes ſeine und meine
Hertzens-Wunde ehe noch weiter aufreiſſen als
heilen wuͤrde, erlaubte mir mein Vater, nebſt Ueber-
ſendung eines Wechſels von 200. ſpec. Ducaten
noch ein halbes Jahr in Kiel zu bleiben, nach Ver-
flieſſung deſſen aber ſolte nach Hauſe kommen, uͤber
Winters bey ihm zu verharren, ſodann im Fruͤh-
Jahre das galante Leipzig zu beſuchen, und meine
Studia daſelbſt zu abſolviren.

Sein Wille war meine Richt-Schnur, dan-
nenhero die noch uͤbrige Zeit in Kiel nicht verabſaͤu-
mete mich in meinem ergriffenen ſtudio nach moͤg-
lichkeit zu cultiviren, gegen Martini aber mit den
herrlichſten Attaſtaten meiner Profeſſoren verſe-
hen nach Hauſe reiſete. Es war mir zwar eine
hertzliche Freude, meinen werthen Vater und liebe
Schweſter nebſt andern Anverwandten und guten
Freunden in voͤlligen Gluͤcks-Stande anzutreffen;
allein der Verluſt der Mutter that derſelben unge-
meinen Einhalt. Kurtz zu ſagen: es war kein ein-
ziges Divertiſſement, ſo mir von meinem Vater, ſo
wohl auch andern Freunden gemacht wurde, ver-
moͤgend, das einwurtzelende melancholiſche We-
ſen aus meinem Gehirne zu vertreiben. Derowe-
gen nahm die Zuflucht zu den Buͤchern und ſuchte
darinnen mein verlohrnes Vergnuͤgen, welches ſich
denn nicht ſelten in ſelbigen finden ließ.

Mein Vater bezeigte theils Leid, theils Freude
uͤber meine douçe Auffuͤhrung, reſolvirte ſich aber

bald
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[3/0015] einige Linderung verſchaffen koͤnnen. Doch da ich zuruͤck ſchrieb: daß um dieſe Zeit alle Collegia aufs neue angiengen, weßwegen ich nicht allein ſehr viel verſaͤumen, ſondern uͤber dieſes ſeine und meine Hertzens-Wunde ehe noch weiter aufreiſſen als heilen wuͤrde, erlaubte mir mein Vater, nebſt Ueber- ſendung eines Wechſels von 200. ſpec. Ducaten noch ein halbes Jahr in Kiel zu bleiben, nach Ver- flieſſung deſſen aber ſolte nach Hauſe kommen, uͤber Winters bey ihm zu verharren, ſodann im Fruͤh- Jahre das galante Leipzig zu beſuchen, und meine Studia daſelbſt zu abſolviren. Sein Wille war meine Richt-Schnur, dan- nenhero die noch uͤbrige Zeit in Kiel nicht verabſaͤu- mete mich in meinem ergriffenen ſtudio nach moͤg- lichkeit zu cultiviren, gegen Martini aber mit den herrlichſten Attaſtaten meiner Profeſſoren verſe- hen nach Hauſe reiſete. Es war mir zwar eine hertzliche Freude, meinen werthen Vater und liebe Schweſter nebſt andern Anverwandten und guten Freunden in voͤlligen Gluͤcks-Stande anzutreffen; allein der Verluſt der Mutter that derſelben unge- meinen Einhalt. Kurtz zu ſagen: es war kein ein- ziges Divertiſſement, ſo mir von meinem Vater, ſo wohl auch andern Freunden gemacht wurde, ver- moͤgend, das einwurtzelende melancholiſche We- ſen aus meinem Gehirne zu vertreiben. Derowe- gen nahm die Zuflucht zu den Buͤchern und ſuchte darinnen mein verlohrnes Vergnuͤgen, welches ſich denn nicht ſelten in ſelbigen finden ließ. Mein Vater bezeigte theils Leid, theils Freude uͤber meine douçe Auffuͤhrung, reſolvirte ſich aber bald A 2

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/15>, abgerufen am 21.11.2024.