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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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aufgeräumt neben den Lemelie schlaffen legen
konte.

Allein, ich habe Zeit meines Lebens keine ängst-
lichere Nacht als diese gehabt. Denn etwa um
Mitternacht, da ich selbst nicht wuste ob ich schlieff
oder wachte, erschien mir ein langer Mann, dessen
weisser Bart fast biß auf die Knie reichte, mit einem
langen Kleide von rauchen Thier-Häuten angethan,
der auch der gleichen Mütze auf dem Haupte, in der
Hand aber eine grosse Lampe mit 4. Dachten hat-
te, dergleichen zuweilen in den Schiffs-Laternen zu-
brennen pflegen. Dieses Schreckens-Bild trat
gleich unten zu meinen Füssen, und hielt mir folgen-
den Sermon, von welchen ich noch biß diese Stun-
de, wie ich glaube, kein Wort vergessen habe: Ver-
wegner Jüngling! was wilst du dich unterstehen die-
jenige Wohnung zu verschütten, woran ich viele
Jahre gearbeitet, ehe sie zu meiner bequemlichkeit
gut genung war. Meinest du etwa, das Verhängniß
habe dich von ohngefähr in den Graben gestossen,
und vor die Thür meiner Höle gesühret? Nein
keines wegs! Denn weil ich mit meinen Händen 8.
Personen auf dieser Jnsul aus Christl. Liebe be-
graben habe, so bist du auserkohren meinem vermo-
derten Cörper eben dergleichen Liebes-Dienst zu
erweisen. Schreite derowegen ohn alle Beküm-
merniß gleich morgenden Tages zur Sache, und
durchsuche diejenige Höle ohne Scheu, welche du ge-
stern mit Grausen verlassen hast, woferne dir an-
ders deine zeitliche Glückseligkeit lieb ist. Wisse
auch, daß der Himmel etwas besonderes mit dir vor
hat. Deine Glückseeligkeit aber wird sich nicht

eher

aufgeraͤumt neben den Lemelie ſchlaffen legen
konte.

Allein, ich habe Zeit meines Lebens keine aͤngſt-
lichere Nacht als dieſe gehabt. Denn etwa um
Mitternacht, da ich ſelbſt nicht wuſte ob ich ſchlieff
oder wachte, erſchien mir ein langer Mann, deſſen
weiſſer Bart faſt biß auf die Knie reichte, mit einem
langen Kleide von rauchen Thier-Haͤuten angethan,
der auch der gleichen Muͤtze auf dem Haupte, in der
Hand aber eine groſſe Lampe mit 4. Dachten hat-
te, dergleichen zuweilen in den Schiffs-Laternen zu-
brennen pflegen. Dieſes Schreckens-Bild trat
gleich unten zu meinen Fuͤſſen, und hielt mir folgen-
den Sermon, von welchen ich noch biß dieſe Stun-
de, wie ich glaube, kein Wort vergeſſen habe: Ver-
wegner Juͤngling! was wilſt du dich unterſtehen die-
jenige Wohnung zu verſchuͤtten, woran ich viele
Jahre gearbeitet, ehe ſie zu meiner bequemlichkeit
gut genung war. Meineſt du etwa, das Verhaͤngniß
habe dich von ohngefaͤhr in den Graben geſtoſſen,
und vor die Thuͤr meiner Hoͤle geſuͤhret? Nein
keines wegs! Denn weil ich mit meinen Haͤnden 8.
Perſonen auf dieſer Jnſul aus Chriſtl. Liebe be-
graben habe, ſo biſt du auserkohren meinem vermo-
derten Coͤrper eben dergleichen Liebes-Dienſt zu
erweiſen. Schreite derowegen ohn alle Bekuͤm-
merniß gleich morgenden Tages zur Sache, und
durchſuche diejenige Hoͤle ohne Scheu, welche du ge-
ſtern mit Grauſen verlaſſen haſt, woferne dir an-
ders deine zeitliche Gluͤckſeligkeit lieb iſt. Wiſſe
auch, daß der Himmel etwas beſonderes mit dir vor
hat. Deine Gluͤckſeeligkeit aber wird ſich nicht

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[175/0189] aufgeraͤumt neben den Lemelie ſchlaffen legen konte. Allein, ich habe Zeit meines Lebens keine aͤngſt- lichere Nacht als dieſe gehabt. Denn etwa um Mitternacht, da ich ſelbſt nicht wuſte ob ich ſchlieff oder wachte, erſchien mir ein langer Mann, deſſen weiſſer Bart faſt biß auf die Knie reichte, mit einem langen Kleide von rauchen Thier-Haͤuten angethan, der auch der gleichen Muͤtze auf dem Haupte, in der Hand aber eine groſſe Lampe mit 4. Dachten hat- te, dergleichen zuweilen in den Schiffs-Laternen zu- brennen pflegen. Dieſes Schreckens-Bild trat gleich unten zu meinen Fuͤſſen, und hielt mir folgen- den Sermon, von welchen ich noch biß dieſe Stun- de, wie ich glaube, kein Wort vergeſſen habe: Ver- wegner Juͤngling! was wilſt du dich unterſtehen die- jenige Wohnung zu verſchuͤtten, woran ich viele Jahre gearbeitet, ehe ſie zu meiner bequemlichkeit gut genung war. Meineſt du etwa, das Verhaͤngniß habe dich von ohngefaͤhr in den Graben geſtoſſen, und vor die Thuͤr meiner Hoͤle geſuͤhret? Nein keines wegs! Denn weil ich mit meinen Haͤnden 8. Perſonen auf dieſer Jnſul aus Chriſtl. Liebe be- graben habe, ſo biſt du auserkohren meinem vermo- derten Coͤrper eben dergleichen Liebes-Dienſt zu erweiſen. Schreite derowegen ohn alle Bekuͤm- merniß gleich morgenden Tages zur Sache, und durchſuche diejenige Hoͤle ohne Scheu, welche du ge- ſtern mit Grauſen verlaſſen haſt, woferne dir an- ders deine zeitliche Gluͤckſeligkeit lieb iſt. Wiſſe auch, daß der Himmel etwas beſonderes mit dir vor hat. Deine Gluͤckſeeligkeit aber wird ſich nicht eher

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/189>, abgerufen am 21.11.2024.