Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Person und gantzen Wesen einzuziehen, doch meine
Mühe war überall vergebens. Wir hatten binnen
3. oder 4. Stunden mehr als 12. biß 16. Thee-
Coffee
-Wein-und Brandteweins-Häuser durch-
strichen, mehr als 50. See-Fahrer angeredet, und
doch niemand angetroffen, der erwehnten Capitain
kennen wolte.

Mein Begleiter fing schon an zu tanmeln, weil er
von dem Weine, den ich ihm an verschiedenen Or-
ten geben ließ, ziemlich betruncken war, deßwegen
vors dienlichste hielt, mit demselben den Rückweg
nach meinem Quartiere zu suchen. Er ließ sich sol-
ches gefallen, kaum aber waren wir 100. Schritte
zurück gegangen, als uns ein alter Boots-Knecht
begegnete, welchem er zurieff: Wohlauf, Bruder!
Kanst du Nachricht geben von dem Capitain Wolff-
gang?
Hier ist ein Trinck-Geld zu verdienen.
Well Bruder, antwortete der Boots-Knecht, was
soll Capitain Wolffgang? soll ich nicht kennen? soll
ich nicht wissen, wo er logirt? habe ich nicht 2 Fahr-
ten mit ihm gethan? habe ich nicht noch vor 3. Ta-
gen 2. fl. von ihm geschenckt bekommen? Guter
Freund! fiel ich ihm in die Rede, ists wahr, daß
ihr den Capitain Leonhard Wolffgang kennet, so
gebet mir weitere Nachricht, ich will - - -
Mar Dübel, replicirte der Grobian, meynet ihr,
daß ich euch belügen will? so gehet zum Teuffel, und
sucht ihn selber. Diese mit einer verzweiffelt-boß-
hafftigen und scheelen Mine begleiteten Worte wa-
ren kaum ausgesprochen, als er sich gantz negligent
von uns abwandte, und in einen Wein-Keller ver-
fügte. Mein Begleiter rieth mir nachzugehen, ihm

guet

Perſon und gantzen Weſen einzuziehen, doch meine
Muͤhe war uͤberall vergebens. Wir hatten binnen
3. oder 4. Stunden mehr als 12. biß 16. Theé-
Coffeé
-Wein-und Brandteweins-Haͤuſer durch-
ſtrichen, mehr als 50. See-Fahrer angeredet, und
doch niemand angetroffen, der erwehnten Capitain
kennen wolte.

Mein Begleiter fing ſchon an zu tanmeln, weil er
von dem Weine, den ich ihm an verſchiedenen Or-
ten geben ließ, ziemlich betruncken war, deßwegen
vors dienlichſte hielt, mit demſelben den Ruͤckweg
nach meinem Quartiere zu ſuchen. Er ließ ſich ſol-
ches gefallen, kaum aber waren wir 100. Schritte
zuruͤck gegangen, als uns ein alter Boots-Knecht
begegnete, welchem er zurieff: Wohlauf, Bruder!
Kanſt du Nachricht geben von dem Capitain Wolff-
gang?
Hier iſt ein Trinck-Geld zu verdienen.
Well Bruder, antwortete der Boots-Knecht, was
ſoll Capitain Wolffgang? ſoll ich nicht kennen? ſoll
ich nicht wiſſen, wo er logirt? habe ich nicht 2 Fahr-
ten mit ihm gethan? habe ich nicht noch vor 3. Ta-
gen 2. fl. von ihm geſchenckt bekommen? Guter
Freund! fiel ich ihm in die Rede, iſts wahr, daß
ihr den Capitain Leonhard Wolffgang kennet, ſo
gebet mir weitere Nachricht, ich will ‒ ‒ ‒
Mar Dübel, replicirte der Grobian, meynet ihr,
daß ich euch beluͤgen will? ſo gehet zum Teuffel, und
ſucht ihn ſelber. Dieſe mit einer verzweiffelt-boß-
hafftigen und ſcheelen Mine begleiteten Worte wa-
ren kaum ausgeſprochen, als er ſich gantz negligent
von uns abwandte, und in einen Wein-Keller ver-
fuͤgte. Mein Begleiter rieth mir nachzugehen, ihm

guet
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0025" n="13"/>
Per&#x017F;on und gantzen We&#x017F;en einzuziehen, doch meine<lb/>
Mu&#x0364;he war u&#x0364;berall vergebens. Wir hatten binnen<lb/>
3. oder 4. Stunden mehr als 12. biß 16. <hi rendition="#aq">Theé-<lb/>
Coffeé</hi>-Wein-und Brandteweins-Ha&#x0364;u&#x017F;er durch-<lb/>
&#x017F;trichen, mehr als 50. See-Fahrer angeredet, und<lb/>
doch niemand angetroffen, der erwehnten <hi rendition="#aq">Capitain</hi><lb/>
kennen wolte.</p><lb/>
        <p>Mein Begleiter fing &#x017F;chon an zu tanmeln, weil er<lb/>
von dem Weine, den ich ihm an ver&#x017F;chiedenen Or-<lb/>
ten geben ließ, ziemlich betruncken war, deßwegen<lb/>
vors dienlich&#x017F;te hielt, mit dem&#x017F;elben den Ru&#x0364;ckweg<lb/>
nach meinem Quartiere zu &#x017F;uchen. Er ließ &#x017F;ich &#x017F;ol-<lb/>
ches gefallen, kaum aber waren wir 100. Schritte<lb/>
zuru&#x0364;ck gegangen, als uns ein alter Boots-Knecht<lb/>
begegnete, welchem er zurieff: Wohlauf, Bruder!<lb/>
Kan&#x017F;t du Nachricht geben von dem <hi rendition="#aq">Capitain Wolff-<lb/>
gang?</hi> Hier i&#x017F;t ein Trinck-Geld zu verdienen.<lb/>
Well Bruder, antwortete der Boots-Knecht, was<lb/>
&#x017F;oll <hi rendition="#aq">Capitain Wolffgang?</hi> &#x017F;oll ich nicht kennen? &#x017F;oll<lb/>
ich nicht wi&#x017F;&#x017F;en, wo er <hi rendition="#aq">logirt?</hi> habe ich nicht 2 Fahr-<lb/>
ten mit ihm gethan? habe ich nicht noch vor 3. Ta-<lb/>
gen 2. fl. von ihm ge&#x017F;chenckt bekommen? Guter<lb/>
Freund! fiel ich ihm in die Rede, i&#x017F;ts wahr, daß<lb/>
ihr den <hi rendition="#aq">Capitain Leonhard Wolffgang</hi> kennet, &#x017F;o<lb/>
gebet mir weitere Nachricht, ich will &#x2012; &#x2012; &#x2012;<lb/><hi rendition="#aq">Mar Dübel, replicir</hi>te der <hi rendition="#aq">Grobian,</hi> meynet ihr,<lb/>
daß ich euch belu&#x0364;gen will? &#x017F;o gehet zum Teuffel, und<lb/>
&#x017F;ucht ihn &#x017F;elber. Die&#x017F;e mit einer verzweiffelt-boß-<lb/>
hafftigen und &#x017F;cheelen Mine begleiteten Worte wa-<lb/>
ren kaum ausge&#x017F;prochen, als er &#x017F;ich gantz <hi rendition="#aq">negligent</hi><lb/>
von uns abwandte, und in einen Wein-Keller ver-<lb/>
fu&#x0364;gte. Mein Begleiter rieth mir nachzugehen, ihm<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">guet</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0025] Perſon und gantzen Weſen einzuziehen, doch meine Muͤhe war uͤberall vergebens. Wir hatten binnen 3. oder 4. Stunden mehr als 12. biß 16. Theé- Coffeé-Wein-und Brandteweins-Haͤuſer durch- ſtrichen, mehr als 50. See-Fahrer angeredet, und doch niemand angetroffen, der erwehnten Capitain kennen wolte. Mein Begleiter fing ſchon an zu tanmeln, weil er von dem Weine, den ich ihm an verſchiedenen Or- ten geben ließ, ziemlich betruncken war, deßwegen vors dienlichſte hielt, mit demſelben den Ruͤckweg nach meinem Quartiere zu ſuchen. Er ließ ſich ſol- ches gefallen, kaum aber waren wir 100. Schritte zuruͤck gegangen, als uns ein alter Boots-Knecht begegnete, welchem er zurieff: Wohlauf, Bruder! Kanſt du Nachricht geben von dem Capitain Wolff- gang? Hier iſt ein Trinck-Geld zu verdienen. Well Bruder, antwortete der Boots-Knecht, was ſoll Capitain Wolffgang? ſoll ich nicht kennen? ſoll ich nicht wiſſen, wo er logirt? habe ich nicht 2 Fahr- ten mit ihm gethan? habe ich nicht noch vor 3. Ta- gen 2. fl. von ihm geſchenckt bekommen? Guter Freund! fiel ich ihm in die Rede, iſts wahr, daß ihr den Capitain Leonhard Wolffgang kennet, ſo gebet mir weitere Nachricht, ich will ‒ ‒ ‒ Mar Dübel, replicirte der Grobian, meynet ihr, daß ich euch beluͤgen will? ſo gehet zum Teuffel, und ſucht ihn ſelber. Dieſe mit einer verzweiffelt-boß- hafftigen und ſcheelen Mine begleiteten Worte wa- ren kaum ausgeſprochen, als er ſich gantz negligent von uns abwandte, und in einen Wein-Keller ver- fuͤgte. Mein Begleiter rieth mir nachzugehen, ihm guet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/25
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/25>, abgerufen am 21.11.2024.