Jnzwischen wandte ich damaliger Zeit, jedes Morgens frühe 3. Stunden, und gegen Abend eben so viel zu Bestellung meiner Aecker an, und zwar in der Gegend wo voritzo der grosse Garten ist, weil ich selbigen Platz, wegen seiner Nähe und Sicherheit vor dem Wilde, am geschicktesten darzu hielt. Die ü- brigen Tages-Stunden aber, ausser den Mittags- Stunden in der grösten Hitze, welche ich zum Lesen und Aufschreiben aller Dinge die uns begegneten, an- wandte, machte ich mir andern Zeitvertreib, indem ich einige kleine Plätze starck verzäunete, und die auf listige Art gefangenen Ziegen nebst andern jungen Wildpret hinein sperrete, welches alles Concordia täglich mit gröster Lust speisete und tränckte, die Milchtragende Ziegen aber nach und nach so zahm machte, daß sie sich ihre Milch gutwillig nehmen lies- sen, die wir nicht allein an sich selbst zur Speise vor klein und grosse gebrauchen, sondern auch bald einen ziemlichen Vorrath von Butter und Käse bereiten konten, indem ich binnen Monats-Frist etliche 20. Stück melckende, halb so viel andere, und 9. Stück iung Wildpret eingefangen hatte.
Wir ergötzten uns gantz besonders, wenn wir an unsere zukünfftige Saat und Erndte gedachten, weil der Appetit nach ordentlichen Brodte gantz unge- mein war, gebrauchten aber mittlerweile an dessen statt öffters die gekochten Wildprets-Lebern, als worzu wir unsere Käse und Butter vortreflich ge- niessen konten.
Solchergestalt wurden die heissesten Sommer- Monate ziemlich vergnügt hingebracht, ausgenom- men, wenn uns die erlittenen Trauer-Fälle ein be-
trüb-
Jnzwiſchen wandte ich damaliger Zeit, jedes Morgens fruͤhe 3. Stunden, und gegen Abend eben ſo viel zu Beſtellung meiner Aecker an, und zwar in der Gegend wo voritzo der groſſe Garten iſt, weil ich ſelbigen Platz, wegen ſeiner Naͤhe und Sicherheit vor dem Wilde, am geſchickteſten darzu hielt. Die uͤ- brigen Tages-Stunden aber, auſſer den Mittags- Stundē in der groͤſten Hitze, welche ich zum Leſen und Aufſchreiben aller Dinge die uns begegneten, an- wandte, machte ich mir andern Zeitvertreib, indem ich einige kleine Plaͤtze ſtarck verzaͤunete, und die auf liſtige Art gefangenen Ziegen nebſt andern jungen Wildpret hinein ſperrete, welches alles Concordia taͤglich mit groͤſter Luſt ſpeiſete und traͤnckte, die Milchtragende Ziegen aber nach und nach ſo zahm machte, daß ſie ſich ihre Milch gutwillig nehmen lieſ- ſen, die wir nicht allein an ſich ſelbſt zur Speiſe vor klein und groſſe gebrauchen, ſondern auch bald einen ziemlichen Vorrath von Butter und Kaͤſe bereiten konten, indem ich binnen Monats-Friſt etliche 20. Stuͤck melckende, halb ſo viel andere, und 9. Stuͤck iung Wildpret eingefangen hatte.
Wir ergoͤtzten uns gantz beſonders, wenn wir an unſere zukuͤnfftige Saat und Erndte gedachten, weil der Appetit nach ordentlichen Brodte gantz unge- mein war, gebrauchten aber mittlerweile an deſſen ſtatt oͤffters die gekochten Wildprets-Lebern, als worzu wir unſere Kaͤſe und Butter vortreflich ge- nieſſen konten.
Solchergeſtalt wurden die heiſſeſten Sommer- Monate ziemlich vergnuͤgt hingebracht, ausgenom- men, wenn uns die erlittenen Trauer-Faͤlle ein be-
truͤb-
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Jnzwiſchen wandte ich damaliger Zeit, jedes
Morgens fruͤhe 3. Stunden, und gegen Abend eben
ſo viel zu Beſtellung meiner Aecker an, und zwar in
der Gegend wo voritzo der groſſe Garten iſt, weil
ich ſelbigen Platz, wegen ſeiner Naͤhe und Sicherheit
vor dem Wilde, am geſchickteſten darzu hielt. Die uͤ-
brigen Tages-Stunden aber, auſſer den Mittags-
Stundē in der groͤſten Hitze, welche ich zum Leſen und
Aufſchreiben aller Dinge die uns begegneten, an-
wandte, machte ich mir andern Zeitvertreib, indem
ich einige kleine Plaͤtze ſtarck verzaͤunete, und die auf
liſtige Art gefangenen Ziegen nebſt andern jungen
Wildpret hinein ſperrete, welches alles Concordia
taͤglich mit groͤſter Luſt ſpeiſete und traͤnckte, die
Milchtragende Ziegen aber nach und nach ſo zahm
machte, daß ſie ſich ihre Milch gutwillig nehmen lieſ-
ſen, die wir nicht allein an ſich ſelbſt zur Speiſe vor
klein und groſſe gebrauchen, ſondern auch bald einen
ziemlichen Vorrath von Butter und Kaͤſe bereiten
konten, indem ich binnen Monats-Friſt etliche 20.
Stuͤck melckende, halb ſo viel andere, und 9. Stuͤck
iung Wildpret eingefangen hatte.
Wir ergoͤtzten uns gantz beſonders, wenn wir an
unſere zukuͤnfftige Saat und Erndte gedachten, weil
der Appetit nach ordentlichen Brodte gantz unge-
mein war, gebrauchten aber mittlerweile an deſſen
ſtatt oͤffters die gekochten Wildprets-Lebern, als
worzu wir unſere Kaͤſe und Butter vortreflich ge-
nieſſen konten.
Solchergeſtalt wurden die heiſſeſten Sommer-
Monate ziemlich vergnuͤgt hingebracht, ausgenom-
men, wenn uns die erlittenen Trauer-Faͤlle ein be-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/250>, abgerufen am 27.11.2024.
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