unterschiedlichen Universitäten und Studenten, wor- bey ihnen ebenfalls zu sattsamer Nachricht nichts schuldig blieb. Weßwegen der Vornehmste unter ihnen zu mir sprach: Monsieur, ich bekenne, daß ihr mir älter am Verstande als an Jahren vorkommt. Bey GOtt, ich halte viel von dergleichen jungen Leuten.
Jch mochte über diesen unverhofften Spruch et- was roth werden, machte aber ein höflich Compli- ment, und antwortete: Mein Herr! Sie belieben allzuvortheilhafftig von ihrem Diener zu sprechen, ich kan freylich nicht läugnen, daß ich erstlich vor wenig Wochen in mein 20stes Jahr getreten bin, und ohngeacht mich fast von meiner Kindheit an eiffeig auf die Studia gelegt, so weiß ich doch gar zu wohl, daß mir noch allzuviel an Conduite und Wissenschafften mangelt, welches ich aber mit der Zeit durch emsigen Fleiß und den Umgang mit ge- schickten Leuten zu verbessern trachten werde.
Wo ihr Mittel habt, setzte ein ander hinzu, wä- re es Schade um ench: wenn ihr nicht wenigstens noch 2. oder 3. Jahr auf Universitäten zubrächtet, nach diesen Gelegenheit suchtet, die vornehmsten Län- der von Europa durchzureisen. Denn eben durch das Reisen erlernet man die Kunst, seine erlangte Wissenschafften hier und dar glücklich anzubrin- gen. Eben dieses, versetzte ich, ist mein propos, und ob gleich meine eigenen Mittel dabey nicht zu- länglich seyn möchten, so habe doch das feste Ver- trauen zu GOtt, daß er etwan hier oder dar gute Gönner erwecken werde, die mir mit gutem Rath und That, um meinen Zweck zu erreichen, an die
Hand
B
unterſchiedlichen Univerſitaͤten und Studenten, wor- bey ihnen ebenfalls zu ſattſamer Nachricht nichts ſchuldig blieb. Weßwegen der Vornehmſte unter ihnen zu mir ſprach: Monſieur, ich bekenne, daß ihr mir aͤlter am Verſtande als an Jahren vorkommt. Bey GOtt, ich halte viel von dergleichen jungen Leuten.
Jch mochte uͤber dieſen unverhofften Spruch et- was roth werden, machte aber ein hoͤflich Compli- ment, und antwortete: Mein Herr! Sie belieben allzuvortheilhafftig von ihrem Diener zu ſprechen, ich kan freylich nicht laͤugnen, daß ich erſtlich vor wenig Wochen in mein 20ſtes Jahr getreten bin, und ohngeacht mich faſt von meiner Kindheit an eiffeig auf die Studia gelegt, ſo weiß ich doch gar zu wohl, daß mir noch allzuviel an Conduite und Wiſſenſchafften mangelt, welches ich aber mit der Zeit durch emſigen Fleiß und den Umgang mit ge- ſchickten Leuten zu verbeſſern trachten werde.
Wo ihr Mittel habt, ſetzte ein ander hinzu, waͤ- re es Schade um ench: wenn ihr nicht wenigſtens noch 2. oder 3. Jahr auf Univerſitaͤten zubraͤchtet, nach dieſen Gelegenheit ſuchtet, die vornehmſten Laͤn- der von Europa durchzureiſen. Denn eben durch das Reiſen erlernet man die Kunſt, ſeine erlangte Wiſſenſchafften hier und dar gluͤcklich anzubrin- gen. Eben dieſes, verſetzte ich, iſt mein propos, und ob gleich meine eigenen Mittel dabey nicht zu- laͤnglich ſeyn moͤchten, ſo habe doch das feſte Ver- trauen zu GOtt, daß er etwan hier oder dar gute Goͤnner erwecken werde, die mir mit gutem Rath und That, um meinen Zweck zu erreichen, an die
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unterſchiedlichen Univerſitaͤten und Studenten, wor-
bey ihnen ebenfalls zu ſattſamer Nachricht nichts
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ihnen zu mir ſprach: Monſieur, ich bekenne, daß ihr
mir aͤlter am Verſtande als an Jahren vorkommt.
Bey GOtt, ich halte viel von dergleichen jungen
Leuten.
Jch mochte uͤber dieſen unverhofften Spruch et-
was roth werden, machte aber ein hoͤflich Compli-
ment, und antwortete: Mein Herr! Sie belieben
allzuvortheilhafftig von ihrem Diener zu ſprechen,
ich kan freylich nicht laͤugnen, daß ich erſtlich vor
wenig Wochen in mein 20ſtes Jahr getreten bin,
und ohngeacht mich faſt von meiner Kindheit an
eiffeig auf die Studia gelegt, ſo weiß ich doch gar zu
wohl, daß mir noch allzuviel an Conduite und
Wiſſenſchafften mangelt, welches ich aber mit der
Zeit durch emſigen Fleiß und den Umgang mit ge-
ſchickten Leuten zu verbeſſern trachten werde.
Wo ihr Mittel habt, ſetzte ein ander hinzu, waͤ-
re es Schade um ench: wenn ihr nicht wenigſtens
noch 2. oder 3. Jahr auf Univerſitaͤten zubraͤchtet,
nach dieſen Gelegenheit ſuchtet, die vornehmſten Laͤn-
der von Europa durchzureiſen. Denn eben durch
das Reiſen erlernet man die Kunſt, ſeine erlangte
Wiſſenſchafften hier und dar gluͤcklich anzubrin-
gen. Eben dieſes, verſetzte ich, iſt mein propos,
und ob gleich meine eigenen Mittel dabey nicht zu-
laͤnglich ſeyn moͤchten, ſo habe doch das feſte Ver-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/29>, abgerufen am 21.11.2024.
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