Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

daß, da es ihm im Lieben auf doppelte Art unglück-
lich ergangen, er nun mehro fest beschlossen hätte, nim-
mermehr zu heyrathen. Meine Schwester wünsch-
te ihm also einsmahls, daß er dergleichen Sinn än-
dern, hergegen uns alle fein bald auf sein Hochzeit-
Fest zu seiner vollkommen schönen Liebste einladen
möchte. Da er aber hierbey mit dem Kopffe schüt-
telte, sagte ich: So recht Mons. de Witt, nunmeh-
ro bin ich euch vor meine Person desto günstiger,
weil ihr so wenig Lust als ich zum Heyrathen bezeiget.
Er erröthete hierüber, und versetzte: Mademoisel-
le,
ich wäre glücklich genung, wenn ich nur den ge-
ringsten Theil eurer bey der Gewogenheit wieder er-
langen könte, und euch zum wenigsten als ein Freund
oder Bruder lieben dürffte, ob ihr gleich beydersests
mich zu lieben, und ich gleichfalls das Heyrathen
überhaupt verredet und verschworen. Es wird euch,
sagte hierauf Philippine, mit solchen Bedingungen
jederzeit erlaubt, uns zu lieben und zu küssen.

Auf dieses Wort unterstund sich van Witt die
Probe mit küssen zu machen, welches wir ihm als
einen Schertz nicht verweigern konten, nachhero füh-
rete er sich aber bey allen Gelegenheiten desto beschei-
dener auf.

Eines Tages brachten de la Marck, und mei-
ne Brüder nicht allein den Gallus de Witt, sondern
auch einen unbekandten vornehmen See-Fahrer
mit sich, der erst neulich von den Bantamischen und
Moluccischen Jnsuln, in Middelburg angelanget
war, und wie er sagte, ehester Tages wieder dahin
seegeln wolte. Mein Vater hatte so wol als wir

andern

daß, da es ihm im Lieben auf doppelte Art ungluͤck-
lich ergangen, er nun mehro feſt beſchloſſen haͤtte, nim-
mermehr zu heyrathen. Meine Schweſter wuͤnſch-
te ihm alſo einsmahls, daß er dergleichen Sinn aͤn-
dern, hergegen uns alle fein bald auf ſein Hochzeit-
Feſt zu ſeiner vollkommen ſchoͤnen Liebſte einladen
moͤchte. Da er aber hierbey mit dem Kopffe ſchuͤt-
telte, ſagte ich: So recht Monſ. de Witt, nunmeh-
ro bin ich euch vor meine Perſon deſto guͤnſtiger,
weil ihr ſo wenig Luſt als ich zum Heyrathen bezeiget.
Er erroͤthete hieruͤber, und verſetzte: Mademoiſel-
le,
ich waͤre gluͤcklich genung, wenn ich nur den ge-
ringſten Theil eurer bey der Gewogenheit wieder er-
langen koͤnte, und euch zum wenigſten als ein Freund
oder Bruder lieben duͤrffte, ob ihr gleich beyderſeſts
mich zu lieben, und ich gleichfalls das Heyrathen
uͤberhaupt verredet und verſchworen. Es wird euch,
ſagte hierauf Philippine, mit ſolchen Bedingungen
jederzeit erlaubt, uns zu lieben und zu kuͤſſen.

Auf dieſes Wort unterſtund ſich van Witt die
Probe mit kuͤſſen zu machen, welches wir ihm als
einen Schertz nicht verweigern konten, nachhero fuͤh-
rete er ſich aber bey allen Gelegenheiten deſto beſchei-
dener auf.

Eines Tages brachten de la Marck, und mei-
ne Bruͤder nicht allein den Gallus de Witt, ſondern
auch einen unbekandten vornehmen See-Fahrer
mit ſich, der erſt neulich von den Bantamiſchen und
Molucciſchen Jnſuln, in Middelburg angelanget
war, und wie er ſagte, eheſter Tages wieder dahin
ſeegeln wolte. Mein Vater hatte ſo wol als wir

andern
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0329" n="315"/>
daß, da es ihm im Lieben auf doppelte Art unglu&#x0364;ck-<lb/>
lich ergangen, er nun mehro fe&#x017F;t be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte, nim-<lb/>
mermehr zu heyrathen. Meine Schwe&#x017F;ter wu&#x0364;n&#x017F;ch-<lb/>
te ihm al&#x017F;o einsmahls, daß er dergleichen Sinn a&#x0364;n-<lb/>
dern, hergegen uns alle fein bald auf &#x017F;ein Hochzeit-<lb/>
Fe&#x017F;t zu &#x017F;einer vollkommen &#x017F;cho&#x0364;nen Lieb&#x017F;te einladen<lb/>
mo&#x0364;chte. Da er aber hierbey mit dem Kopffe &#x017F;chu&#x0364;t-<lb/>
telte, &#x017F;agte ich: So recht <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. de Witt,</hi> nunmeh-<lb/>
ro bin ich euch vor meine Per&#x017F;on de&#x017F;to gu&#x0364;n&#x017F;tiger,<lb/>
weil ihr &#x017F;o wenig Lu&#x017F;t als ich zum Heyrathen bezeiget.<lb/>
Er erro&#x0364;thete hieru&#x0364;ber, und ver&#x017F;etzte: <hi rendition="#aq">Mademoi&#x017F;el-<lb/>
le,</hi> ich wa&#x0364;re glu&#x0364;cklich genung, wenn ich nur den ge-<lb/>
ring&#x017F;ten Theil eurer bey der Gewogenheit wieder er-<lb/>
langen ko&#x0364;nte, und euch zum wenig&#x017F;ten als ein Freund<lb/>
oder Bruder lieben du&#x0364;rffte, ob ihr gleich beyder&#x017F;e&#x017F;ts<lb/>
mich zu lieben, und ich gleichfalls das Heyrathen<lb/>
u&#x0364;berhaupt verredet und ver&#x017F;chworen. Es wird euch,<lb/>
&#x017F;agte hierauf <hi rendition="#aq">Philippine,</hi> mit &#x017F;olchen Bedingungen<lb/>
jederzeit erlaubt, uns zu lieben und zu ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Auf die&#x017F;es Wort unter&#x017F;tund &#x017F;ich <hi rendition="#aq">van Witt</hi> die<lb/>
Probe mit ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en zu machen, welches wir ihm als<lb/>
einen Schertz nicht verweigern konten, nachhero fu&#x0364;h-<lb/>
rete er &#x017F;ich aber bey allen Gelegenheiten de&#x017F;to be&#x017F;chei-<lb/>
dener auf.</p><lb/>
        <p>Eines Tages brachten <hi rendition="#aq">de la Marck,</hi> und mei-<lb/>
ne Bru&#x0364;der nicht allein den <hi rendition="#aq">Gallus de Witt,</hi> &#x017F;ondern<lb/>
auch einen unbekandten vornehmen See-Fahrer<lb/>
mit &#x017F;ich, der er&#x017F;t neulich von den <hi rendition="#aq">Bantami</hi>&#x017F;chen und<lb/><hi rendition="#aq">Molucci</hi>&#x017F;chen Jn&#x017F;uln, in Middelburg angelanget<lb/>
war, und wie er &#x017F;agte, ehe&#x017F;ter Tages wieder dahin<lb/>
&#x017F;eegeln wolte. Mein Vater hatte &#x017F;o wol als wir<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">andern</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[315/0329] daß, da es ihm im Lieben auf doppelte Art ungluͤck- lich ergangen, er nun mehro feſt beſchloſſen haͤtte, nim- mermehr zu heyrathen. Meine Schweſter wuͤnſch- te ihm alſo einsmahls, daß er dergleichen Sinn aͤn- dern, hergegen uns alle fein bald auf ſein Hochzeit- Feſt zu ſeiner vollkommen ſchoͤnen Liebſte einladen moͤchte. Da er aber hierbey mit dem Kopffe ſchuͤt- telte, ſagte ich: So recht Monſ. de Witt, nunmeh- ro bin ich euch vor meine Perſon deſto guͤnſtiger, weil ihr ſo wenig Luſt als ich zum Heyrathen bezeiget. Er erroͤthete hieruͤber, und verſetzte: Mademoiſel- le, ich waͤre gluͤcklich genung, wenn ich nur den ge- ringſten Theil eurer bey der Gewogenheit wieder er- langen koͤnte, und euch zum wenigſten als ein Freund oder Bruder lieben duͤrffte, ob ihr gleich beyderſeſts mich zu lieben, und ich gleichfalls das Heyrathen uͤberhaupt verredet und verſchworen. Es wird euch, ſagte hierauf Philippine, mit ſolchen Bedingungen jederzeit erlaubt, uns zu lieben und zu kuͤſſen. Auf dieſes Wort unterſtund ſich van Witt die Probe mit kuͤſſen zu machen, welches wir ihm als einen Schertz nicht verweigern konten, nachhero fuͤh- rete er ſich aber bey allen Gelegenheiten deſto beſchei- dener auf. Eines Tages brachten de la Marck, und mei- ne Bruͤder nicht allein den Gallus de Witt, ſondern auch einen unbekandten vornehmen See-Fahrer mit ſich, der erſt neulich von den Bantamiſchen und Molucciſchen Jnſuln, in Middelburg angelanget war, und wie er ſagte, eheſter Tages wieder dahin ſeegeln wolte. Mein Vater hatte ſo wol als wir andern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/329
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/329>, abgerufen am 27.11.2024.