Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Cromwell ließ seine Bestürtzung über meine
Freymüthigkeit deutlich genug spüren, fassete aber
meine Hand und führete mich abseits, allwo er
meinen Nahmen, Stand und Noth auf einmahl
in kurtzen Worten erfuhr. Er sagte weiter nichts
darzu, als dieses: Habt kurtze Zeit Gedult, mein
Sohn! ich werde nicht ruhen, biß euch geholffen ist,
und damit ihr glaubet, daß es mein rechter Ernst
sey, will ich euch gleich auf der Stelle ein Zeichen
davon geben. Hiermit führte er mich mitten unter
einen Troupp Soldaten, nahm einem Fähnrich
die Fahne aus der Hand, übergab selbige an mich,
machte also auf der Stätte aus mir einen Fähn-
drich, und aus dem vorigen einen Lieutenant.

Mein Monathlicher Sold belieff sich zwar nicht
höher als auf 8. Pfund Sterlings, doch Crom-
wells
Freygebigkeit brachte mir desto mehr ein, so,
daßnicht allein keine Noth leiden, sondern m[ich] so
gut und besser als andere Ober-Officiers aufführen
konte. Jmmittelst verzögerte sich aber die Wieder-
einsetzung in meine Güter dermassen, biß Crom-
well
endlich darüber verstarb, sein wunderlicher
Sohn Richard verworffen, und der neue König,
Carl der andere, wiederum ins Land geruffen wur-
de, Bey welcher Gelegenheit sich meine Feinde aufs
neue wider mich empöreten, und es dahin brachten,
daß ich meine Kriegs-Bedienung verließ, und mit
400. Pfund Sterl. baaren Gelde nach Holland
übergieng, des festen Vorsatzes, mein, mir und
meinen Vorfahren so widerwärtiges Vaterland
nimmermehr wieder mit einem Fusse zu betreten.

Jch hatte gleich mein zwantzigstes Jahr erreicht,

da

Cromwell ließ ſeine Beſtuͤrtzung uͤber meine
Freymuͤthigkeit deutlich genug ſpuͤren, faſſete aber
meine Hand und fuͤhrete mich abſeits, allwo er
meinen Nahmen, Stand und Noth auf einmahl
in kurtzen Worten erfuhr. Er ſagte weiter nichts
darzu, als dieſes: Habt kurtze Zeit Gedult, mein
Sohn! ich werde nicht ruhen, biß euch geholffen iſt,
und damit ihr glaubet, daß es mein rechter Ernſt
ſey, will ich euch gleich auf der Stelle ein Zeichen
davon geben. Hiermit fuͤhrte er mich mitten unter
einen Troupp Soldaten, nahm einem Faͤhnrich
die Fahne aus der Hand, uͤbergab ſelbige an mich,
machte alſo auf der Staͤtte aus mir einen Faͤhn-
drich, und aus dem vorigen einen Lieutenant.

Mein Monathlicher Sold belieff ſich zwar nicht
hoͤher als auf 8. Pfund Sterlings, doch Crom-
wells
Freygebigkeit brachte mir deſto mehr ein, ſo,
daßnicht allein keine Noth leiden, ſondern m[ich] ſo
gut und beſſer als andere Ober-Officiers auffuͤhren
konte. Jmmittelſt verzoͤgerte ſich aber die Wieder-
einſetzung in meine Guͤter dermaſſen, biß Crom-
well
endlich daruͤber verſtarb, ſein wunderlicher
Sohn Richard verworffen, und der neue Koͤnig,
Carl der andere, wiederum ins Land geruffen wur-
de, Bey welcher Gelegenheit ſich meine Feinde aufs
neue wider mich empoͤreten, und es dahin brachten,
daß ich meine Kriegs-Bedienung verließ, und mit
400. Pfund Sterl. baaren Gelde nach Holland
uͤbergieng, des feſten Vorſatzes, mein, mir und
meinen Vorfahren ſo widerwaͤrtiges Vaterland
nimmermehr wieder mit einem Fuſſe zu betreten.

Jch hatte gleich mein zwantzigſtes Jahr erreicht,

da
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0363" n="349"/>
        <p><hi rendition="#aq">Cromwell</hi> ließ &#x017F;eine Be&#x017F;tu&#x0364;rtzung u&#x0364;ber meine<lb/>
Freymu&#x0364;thigkeit deutlich genug &#x017F;pu&#x0364;ren, fa&#x017F;&#x017F;ete aber<lb/>
meine Hand und fu&#x0364;hrete mich ab&#x017F;eits, allwo er<lb/>
meinen Nahmen, Stand und Noth auf einmahl<lb/>
in kurtzen Worten erfuhr. Er &#x017F;agte weiter nichts<lb/>
darzu, als die&#x017F;es: Habt kurtze Zeit Gedult, mein<lb/>
Sohn! ich werde nicht ruhen, biß euch geholffen i&#x017F;t,<lb/>
und damit ihr glaubet, daß es mein rechter Ern&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ey, will ich euch gleich auf der Stelle ein Zeichen<lb/>
davon geben. Hiermit fu&#x0364;hrte er mich mitten unter<lb/>
einen <hi rendition="#aq">Troupp</hi> Soldaten, nahm einem Fa&#x0364;hnrich<lb/>
die Fahne aus der Hand, u&#x0364;bergab &#x017F;elbige an mich,<lb/>
machte al&#x017F;o auf der Sta&#x0364;tte aus mir einen Fa&#x0364;hn-<lb/>
drich, und aus dem vorigen einen <hi rendition="#aq">Lieutenant.</hi></p><lb/>
        <p>Mein Monathlicher Sold belieff &#x017F;ich zwar nicht<lb/>
ho&#x0364;her als auf 8. Pfund Sterlings, doch <hi rendition="#aq">Crom-<lb/>
wells</hi> Freygebigkeit brachte mir de&#x017F;to mehr ein, &#x017F;o,<lb/>
daßnicht allein keine Noth leiden, &#x017F;ondern m<supplied>ich</supplied> &#x017F;o<lb/>
gut und be&#x017F;&#x017F;er als andere Ober-<hi rendition="#aq">Officiers</hi> auffu&#x0364;hren<lb/>
konte. Jmmittel&#x017F;t verzo&#x0364;gerte &#x017F;ich aber die Wieder-<lb/>
ein&#x017F;etzung in meine Gu&#x0364;ter derma&#x017F;&#x017F;en, biß <hi rendition="#aq">Crom-<lb/>
well</hi> endlich daru&#x0364;ber ver&#x017F;tarb, &#x017F;ein wunderlicher<lb/>
Sohn <hi rendition="#aq">Richard</hi> verworffen, und der neue Ko&#x0364;nig,<lb/><hi rendition="#aq">Carl</hi> der andere, wiederum ins Land geruffen wur-<lb/>
de, Bey welcher Gelegenheit &#x017F;ich meine Feinde aufs<lb/>
neue wider mich empo&#x0364;reten, und es dahin brachten,<lb/>
daß ich meine Kriegs-Bedienung verließ, und mit<lb/>
400. Pfund Sterl. baaren Gelde nach Holland<lb/>
u&#x0364;bergieng, des fe&#x017F;ten Vor&#x017F;atzes, mein, mir und<lb/>
meinen Vorfahren &#x017F;o widerwa&#x0364;rtiges Vaterland<lb/>
nimmermehr wieder mit einem Fu&#x017F;&#x017F;e zu betreten.</p><lb/>
        <p>Jch hatte gleich mein zwantzig&#x017F;tes Jahr erreicht,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">da</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[349/0363] Cromwell ließ ſeine Beſtuͤrtzung uͤber meine Freymuͤthigkeit deutlich genug ſpuͤren, faſſete aber meine Hand und fuͤhrete mich abſeits, allwo er meinen Nahmen, Stand und Noth auf einmahl in kurtzen Worten erfuhr. Er ſagte weiter nichts darzu, als dieſes: Habt kurtze Zeit Gedult, mein Sohn! ich werde nicht ruhen, biß euch geholffen iſt, und damit ihr glaubet, daß es mein rechter Ernſt ſey, will ich euch gleich auf der Stelle ein Zeichen davon geben. Hiermit fuͤhrte er mich mitten unter einen Troupp Soldaten, nahm einem Faͤhnrich die Fahne aus der Hand, uͤbergab ſelbige an mich, machte alſo auf der Staͤtte aus mir einen Faͤhn- drich, und aus dem vorigen einen Lieutenant. Mein Monathlicher Sold belieff ſich zwar nicht hoͤher als auf 8. Pfund Sterlings, doch Crom- wells Freygebigkeit brachte mir deſto mehr ein, ſo, daßnicht allein keine Noth leiden, ſondern mich ſo gut und beſſer als andere Ober-Officiers auffuͤhren konte. Jmmittelſt verzoͤgerte ſich aber die Wieder- einſetzung in meine Guͤter dermaſſen, biß Crom- well endlich daruͤber verſtarb, ſein wunderlicher Sohn Richard verworffen, und der neue Koͤnig, Carl der andere, wiederum ins Land geruffen wur- de, Bey welcher Gelegenheit ſich meine Feinde aufs neue wider mich empoͤreten, und es dahin brachten, daß ich meine Kriegs-Bedienung verließ, und mit 400. Pfund Sterl. baaren Gelde nach Holland uͤbergieng, des feſten Vorſatzes, mein, mir und meinen Vorfahren ſo widerwaͤrtiges Vaterland nimmermehr wieder mit einem Fuſſe zu betreten. Jch hatte gleich mein zwantzigſtes Jahr erreicht, da

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/363
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/363>, abgerufen am 22.11.2024.