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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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Schwestern, nehmlich Phillippinen und Judith ge-
worffen hatten, ingleichen daß sich Jacob Larson,
der unser dritter Mann und besonderer Hertzens-
Freund war, nach Sabinens Besitzung sehnete. Doch
keiner von allen dreyen hatte das Hertze, seinem Ge-
liebten Gegenstande die verliebten Flammen zu
entdecken, zumahlen da ihre Gemüther, durch da-
mahlige ängstliche Bekümmernisse, ein mahl über
das andere in die schmertzlichsten Verdrießlichkei-
ten verfielen. Jn welchem elenden Zustande denn
auch die fromme und keusche Phillippine ihr junges
Leben kläglich einbüssete, welches Schimmern als
ihren ehrerbietigen Liebhaber in geheim 1000.
Thränen auspressete, indem ihm dieser Todes-Fall
weit hefftiger schmertzte, als der plötzliche Abschied
seiner ersten Liebste. Jch und Larson hergegen ver-
harreten in dem festen Vorsatze, so bald wir einen
sichern Platz auf dem Lande erreicht, unsern beyden
Leit-Sternen die Beschaffenheit und Leydenschafft
der Hertzen zu offenbahren, und allen Fleiß anzuwen-
den, ihrer ungezwungenen schätzbaren Gegen-Gunst
theilhafftig zu werden. Dieses geschahe nun so bald
wir auf hiesiger Felsen-Jnsul unsere Gesundheit
völlig wieder erlangt hatten. Der Vortrag wur-
de nicht allein guthertzig aufgenommen, sondern wir
hatten auch beyderseits Hoffnung bey unsern schö-
nen Liebsten glücklich zu werden. Doch Amias
uud Robert Hülter brachten es durch vernünfftige
Vorstellungen dahin, das wir insgesammt guter
Ordnung wegen unsere Hertzen beruhigten, und
selbige auf andere Art vertauschten. Also kam mei-
ne innigst geliebte Mittelburgische Judith an Al-

bertum

Schweſtern, nehmlich Phillippinen und Judith ge-
worffen hatten, ingleichen daß ſich Jacob Larſon,
der unſer dritter Mann und beſonderer Hertzens-
Freund war, nach Sabinens Beſitzung ſehnete. Doch
keiner von allen dreyen hatte das Hertze, ſeinem Ge-
liebten Gegenſtande die verliebten Flammen zu
entdecken, zumahlen da ihre Gemuͤther, durch da-
mahlige aͤngſtliche Bekuͤmmerniſſe, ein mahl uͤber
das andere in die ſchmertzlichſten Verdrießlichkei-
ten verfielen. Jn welchem elenden Zuſtande denn
auch die fromme und keuſche Phillippine ihr junges
Leben klaͤglich einbuͤſſete, welches Schimmern als
ihren ehrerbietigen Liebhaber in geheim 1000.
Thraͤnen auspreſſete, indem ihm dieſer Todes-Fall
weit hefftiger ſchmertzte, als der ploͤtzliche Abſchied
ſeiner erſten Liebſte. Jch und Larſon hergegen ver-
harreten in dem feſten Vorſatze, ſo bald wir einen
ſichern Platz auf dem Lande erreicht, unſern beyden
Leit-Sternen die Beſchaffenheit und Leydenſchafft
der Hertzen zu offenbahren, und allen Fleiß anzuwen-
den, ihrer ungezwungenen ſchaͤtzbaren Gegen-Gunſt
theilhafftig zu werden. Dieſes geſchahe nun ſo bald
wir auf hieſiger Felſen-Jnſul unſere Geſundheit
voͤllig wieder erlangt hatten. Der Vortrag wur-
de nicht allein guthertzig aufgenommen, ſondern wir
hatten auch beyderſeits Hoffnung bey unſern ſchoͤ-
nen Liebſten gluͤcklich zu werden. Doch Amias
uud Robert Hülter brachten es durch vernuͤnfftige
Vorſtellungen dahin, das wir insgeſammt guter
Ordnung wegen unſere Hertzen beruhigten, und
ſelbige auf andere Art vertauſchten. Alſo kam mei-
ne innigſt geliebte Mittelburgiſche Judith an Al-

bertum
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[365/0379] Schweſtern, nehmlich Phillippinen und Judith ge- worffen hatten, ingleichen daß ſich Jacob Larſon, der unſer dritter Mann und beſonderer Hertzens- Freund war, nach Sabinens Beſitzung ſehnete. Doch keiner von allen dreyen hatte das Hertze, ſeinem Ge- liebten Gegenſtande die verliebten Flammen zu entdecken, zumahlen da ihre Gemuͤther, durch da- mahlige aͤngſtliche Bekuͤmmerniſſe, ein mahl uͤber das andere in die ſchmertzlichſten Verdrießlichkei- ten verfielen. Jn welchem elenden Zuſtande denn auch die fromme und keuſche Phillippine ihr junges Leben klaͤglich einbuͤſſete, welches Schimmern als ihren ehrerbietigen Liebhaber in geheim 1000. Thraͤnen auspreſſete, indem ihm dieſer Todes-Fall weit hefftiger ſchmertzte, als der ploͤtzliche Abſchied ſeiner erſten Liebſte. Jch und Larſon hergegen ver- harreten in dem feſten Vorſatze, ſo bald wir einen ſichern Platz auf dem Lande erreicht, unſern beyden Leit-Sternen die Beſchaffenheit und Leydenſchafft der Hertzen zu offenbahren, und allen Fleiß anzuwen- den, ihrer ungezwungenen ſchaͤtzbaren Gegen-Gunſt theilhafftig zu werden. Dieſes geſchahe nun ſo bald wir auf hieſiger Felſen-Jnſul unſere Geſundheit voͤllig wieder erlangt hatten. Der Vortrag wur- de nicht allein guthertzig aufgenommen, ſondern wir hatten auch beyderſeits Hoffnung bey unſern ſchoͤ- nen Liebſten gluͤcklich zu werden. Doch Amias uud Robert Hülter brachten es durch vernuͤnfftige Vorſtellungen dahin, das wir insgeſammt guter Ordnung wegen unſere Hertzen beruhigten, und ſelbige auf andere Art vertauſchten. Alſo kam mei- ne innigſt geliebte Mittelburgiſche Judith an Al- bertum

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/379>, abgerufen am 21.11.2024.