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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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selbe, und begiebt sich zu seiner übrigen Gesellschafft,
welcher er diese Begebenheit gründlich zu Gemüthe
führet/ und erwehnte Wittbe als ein vollkommenes
Bild der Tugend heraus streicht. Amias bricht sol-
chergestalt auf einmahl in diese Worte aus: Erken-
net doch meine Kinder, die besondere Fügung des
Himmels, denn ich zweiffele nicht, die schöne Witt-
be ist vor unsern Johannem, und ihre Stieff-Toch-
ter vor Christoph bestimmet, hilfft uns nun der
Himmel allhier noch zu der dritten Weibs-Person
vor unsern Christian, so haben wir das Ziel unserer
Reise, erreicht, und können mit Vergnügen auf ei-
ne fügliche Zurückkehr dencken.

Demnach sind sie allerseits nur darauf bedacht,
der jungen Wittbe eine gute Vorstellung von ih-
rem gantzen Wesen zu machen, und da dieselbe
noch an eben demselben Abend von Marien und
Sabinen in ihre Hütte geführet wird, um die an-
noch etwas kränckliche Elisabeth zu besuchen, kan
sich dieselbe nicht gnugsam verwundern, daselbst
eine solche Gesellschafft anzutreffen, welche ich, als
ihr Summ-Vater, wegen der Wohlgezogenheit,
Gottesfurcht und Tugend nicht selbst weitläufftig
rühmen mag. Ach meine Lieben! rufft die from-
me Wittbe aus, sagt mir doch, wo ist das Land,
aus welchen man auf einmahl so viel tugendhaffte
Leute hinweg reisen lässet? Haben euch denn etwa
die gottlosen Einwohner desselben zum weichen
gezwungen? Denn es ist ja bekannt, daß die böse
Welt fast gar keine Frommen mehr, sie mögen
auch jung oder alt seyn, unter sich leiden will. Nein,
meine schöne Frau, fällt ihr der alte Amias hierbey

in

ſelbe, und begiebt ſich zu ſeiner uͤbrigen Geſellſchafft,
welcher er dieſe Begebenheit gruͤndlich zu Gemuͤthe
fuͤhret/ und erwehnte Wittbe als ein vollkommenes
Bild der Tugend heraus ſtreicht. Amias bricht ſol-
chergeſtalt auf einmahl in dieſe Worte aus: Erken-
net doch meine Kinder, die beſondere Fuͤgung des
Himmels, denn ich zweiffele nicht, die ſchoͤne Witt-
be iſt vor unſern Johannem, und ihre Stieff-Toch-
ter vor Chriſtoph beſtimmet, hilfft uns nun der
Himmel allhier noch zu der dritten Weibs-Perſon
vor unſern Chriſtian, ſo haben wir das Ziel unſerer
Reiſe, erreicht, und koͤnnen mit Vergnuͤgen auf ei-
ne fuͤgliche Zuruͤckkehr dencken.

Demnach ſind ſie allerſeits nur darauf bedacht,
der jungen Wittbe eine gute Vorſtellung von ih-
rem gantzen Weſen zu machen, und da dieſelbe
noch an eben demſelben Abend von Marien und
Sabinen in ihre Huͤtte gefuͤhret wird, um die an-
noch etwas kraͤnckliche Eliſabeth zu beſuchen, kan
ſich dieſelbe nicht gnugſam verwundern, daſelbſt
eine ſolche Geſellſchafft anzutreffen, welche ich, als
ihr Summ-Vater, wegen der Wohlgezogenheit,
Gottesfurcht und Tugend nicht ſelbſt weitlaͤufftig
ruͤhmen mag. Ach meine Lieben! rufft die from-
me Wittbe aus, ſagt mir doch, wo iſt das Land,
aus welchen man auf einmahl ſo viel tugendhaffte
Leute hinweg reiſen laͤſſet? Haben euch denn etwa
die gottloſen Einwohner deſſelben zum weichen
gezwungen? Denn es iſt ja bekannt, daß die boͤſe
Welt faſt gar keine Frommen mehr, ſie moͤgen
auch jung oder alt ſeyn, unter ſich leiden will. Nein,
meine ſchoͤne Frau, faͤllt ihr der alte Amias hierbey

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[382/0396] ſelbe, und begiebt ſich zu ſeiner uͤbrigen Geſellſchafft, welcher er dieſe Begebenheit gruͤndlich zu Gemuͤthe fuͤhret/ und erwehnte Wittbe als ein vollkommenes Bild der Tugend heraus ſtreicht. Amias bricht ſol- chergeſtalt auf einmahl in dieſe Worte aus: Erken- net doch meine Kinder, die beſondere Fuͤgung des Himmels, denn ich zweiffele nicht, die ſchoͤne Witt- be iſt vor unſern Johannem, und ihre Stieff-Toch- ter vor Chriſtoph beſtimmet, hilfft uns nun der Himmel allhier noch zu der dritten Weibs-Perſon vor unſern Chriſtian, ſo haben wir das Ziel unſerer Reiſe, erreicht, und koͤnnen mit Vergnuͤgen auf ei- ne fuͤgliche Zuruͤckkehr dencken. Demnach ſind ſie allerſeits nur darauf bedacht, der jungen Wittbe eine gute Vorſtellung von ih- rem gantzen Weſen zu machen, und da dieſelbe noch an eben demſelben Abend von Marien und Sabinen in ihre Huͤtte gefuͤhret wird, um die an- noch etwas kraͤnckliche Eliſabeth zu beſuchen, kan ſich dieſelbe nicht gnugſam verwundern, daſelbſt eine ſolche Geſellſchafft anzutreffen, welche ich, als ihr Summ-Vater, wegen der Wohlgezogenheit, Gottesfurcht und Tugend nicht ſelbſt weitlaͤufftig ruͤhmen mag. Ach meine Lieben! rufft die from- me Wittbe aus, ſagt mir doch, wo iſt das Land, aus welchen man auf einmahl ſo viel tugendhaffte Leute hinweg reiſen laͤſſet? Haben euch denn etwa die gottloſen Einwohner deſſelben zum weichen gezwungen? Denn es iſt ja bekannt, daß die boͤſe Welt faſt gar keine Frommen mehr, ſie moͤgen auch jung oder alt ſeyn, unter ſich leiden will. Nein, meine ſchoͤne Frau, faͤllt ihr der alte Amias hierbey in

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/396>, abgerufen am 21.11.2024.