gen an, daß ich niemahls von einem Mann erkannt und also noch eine reine und keusche Jungfrau bin, jedoch das grausame Verfahren meiner Inquisi- teurs und die grosse Furcht vor der Tortur, haben mich gezwungen solche Sachen zu bekennen, von de- nen mir niemals etwas in die Gedancken kommen ist, und noch biß diese Stunde bin ich entschlossen, lieber mit freudigen Hertzen in den Tod zu gehen, als die Tortur auszustehen. Der fromme Mann sahe mir starr in die Augen, als ob er aus selbigen die Bekräfftigung meiner Reden vernehmen wolte, und schärffte mir das Gewissen in allen Stücken ungemein, nachdem ich aber bey der ihm gethanen Aussage verharrete, und meinen gantzen Lebens- Lauff erzehlet hatte, sprach er: meine Tochter, eure Rechts-Händel müssen, ob GOTT will, in kurtzen auf andern Fuß kommen, ich spreche euch zwar kei- nes weges vor Recht, daß ihr, aus Furcht vor der Tortur, euch zu einer Kinder-und Selbst-Mörderin machet, allein es sind noch anderer eurer Einfalt un- bewuste Mittel vorhanden eure Schuld oder Un- schuld ans Licht zu bringen. Hierauf setzte er noch einige tröstliche Ermahnungen hinzu, und nahm mit dem Versprechen Abschied, mich längstens in zweyen Tagen wiederum zu besuchen.
Allein gleich solgenden Tages erfuhr ich ohnver- hofft, daß mich GOTT durch zweyerley Hülffs- Mittel, mit ehesten aus meinem Elende heraus reis- sen würde, denn vors erste war meine Unschuld schon ziemlich ans Tages-Licht gekommen, da die al- te Dienst-Magd meiner Pflege-Mutter, aus eige- nem Gewissens-Triebe, der Obrigkeit angezeiget
hatte
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gen an, daß ich niemahls von einem Mann erkannt und alſo noch eine reine und keuſche Jungfrau bin, jedoch das grauſame Verfahren meiner Inquiſi- teurs und die groſſe Furcht vor der Tortur, haben mich gezwungen ſolche Sachen zu bekennen, von de- nen mir niemals etwas in die Gedancken kommen iſt, und noch biß dieſe Stunde bin ich entſchloſſen, lieber mit freudigen Hertzen in den Tod zu gehen, als die Tortur auszuſtehen. Der fromme Mann ſahe mir ſtarr in die Augen, als ob er aus ſelbigen die Bekraͤfftigung meiner Reden vernehmen wolte, und ſchaͤrffte mir das Gewiſſen in allen Stuͤcken ungemein, nachdem ich aber bey der ihm gethanen Auſſage verharrete, und meinen gantzen Lebens- Lauff erzehlet hatte, ſprach er: meine Tochter, eure Rechts-Haͤndel muͤſſen, ob GOTT will, in kurtzen auf andern Fuß kommen, ich ſpreche euch zwar kei- nes weges vor Recht, daß ihr, aus Furcht vor der Tortur, euch zu einer Kinder-und Selbſt-Moͤrderin machet, allein es ſind noch anderer eurer Einfalt un- bewuſte Mittel vorhanden eure Schuld oder Un- ſchuld ans Licht zu bringen. Hierauf ſetzte er noch einige troͤſtliche Ermahnungen hinzu, und nahm mit dem Verſprechen Abſchied, mich laͤngſtens in zweyen Tagen wiederum zu beſuchen.
Allein gleich ſolgenden Tages erfuhr ich ohnver- hofft, daß mich GOTT durch zweyerley Huͤlffs- Mittel, mit eheſten aus meinem Elende heraus reiſ- ſen wuͤrde, denn vors erſte war meine Unſchuld ſchon ziemlich ans Tages-Licht gekommen, da die al- te Dienſt-Magd meiner Pflege-Mutter, aus eige- nem Gewiſſens-Triebe, der Obrigkeit angezeiget
hatte
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gen an, daß ich niemahls von einem Mann erkannt
und alſo noch eine reine und keuſche Jungfrau bin,
jedoch das grauſame Verfahren meiner Inquiſi-
teurs und die groſſe Furcht vor der Tortur, haben
mich gezwungen ſolche Sachen zu bekennen, von de-
nen mir niemals etwas in die Gedancken kommen
iſt, und noch biß dieſe Stunde bin ich entſchloſſen,
lieber mit freudigen Hertzen in den Tod zu gehen,
als die Tortur auszuſtehen. Der fromme Mann
ſahe mir ſtarr in die Augen, als ob er aus ſelbigen die
Bekraͤfftigung meiner Reden vernehmen wolte,
und ſchaͤrffte mir das Gewiſſen in allen Stuͤcken
ungemein, nachdem ich aber bey der ihm gethanen
Auſſage verharrete, und meinen gantzen Lebens-
Lauff erzehlet hatte, ſprach er: meine Tochter, eure
Rechts-Haͤndel muͤſſen, ob GOTT will, in kurtzen
auf andern Fuß kommen, ich ſpreche euch zwar kei-
nes weges vor Recht, daß ihr, aus Furcht vor der
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machet, allein es ſind noch anderer eurer Einfalt un-
bewuſte Mittel vorhanden eure Schuld oder Un-
ſchuld ans Licht zu bringen. Hierauf ſetzte er noch
einige troͤſtliche Ermahnungen hinzu, und nahm
mit dem Verſprechen Abſchied, mich laͤngſtens in
zweyen Tagen wiederum zu beſuchen.
Allein gleich ſolgenden Tages erfuhr ich ohnver-
hofft, daß mich GOTT durch zweyerley Huͤlffs-
Mittel, mit eheſten aus meinem Elende heraus reiſ-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/421>, abgerufen am 24.11.2024.
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