einer sehr jungen, aber desto betrübtern Wittbe machte. Jch will meinen dieserhalb empfundenen Jammer nicht weitläufftig beschreiben, genung, wenn ich sage, daß mein Hertz nichts mehr wünsch- te, als ihm in Grabe an der Seite zu liegen. Der getreue Ambrosius aber hatte noch vor seinem Ende vor mein zeitliches Glück gesorget, und meine Per- son so wohl, als sein gantzes Vermögen, an seinen Compagnon vermacht, mit dem Vorbehalt/ | daß wo ich wider Vermuthen denselben nicht zum an- dern Manne verlangete, er mir überhaupt vor alles 12000. Thlr. auszahlen, und mir meinen freyen Willen lassen solte.
Wilhelm van Cattmer, so hieß der Compagnon meines seel. Ehemannes, war ein Mann von 33. Jahren, und nur seit zweyen Jahren ein Wittber gewesen, hatte von seiner verstorbenen Frauen eine eintzige Tochter, Gertraud genannt, bey sich, die aber, wegen ihrer Kindheit, seinem Hauß-Wesen noch nicht vorstehen konte, derowegen gab er mir nach verflossenen Trauer-Jahre so wohl seine auf- richtige Liebe, als den letzten Willen meines seel. Mannes sehr beweglich zu verstehen, und drunge sich endlich durch tägliches Anhalten um meine Gegen-Gunst solchergestalt in mein Hertz, daß ich mich entschloß, die Heyrath mit ihm einzuge- hen, weil er mich hinlänglich überführete, daß so wohl der Wittben-Stand, als eine anderweitige Heyrath mit Zurücksetzung seiner Person, vor mich sehr gefährlich sey.
Jch hatte keine Ursach über diesen andern Mann zu klagen, denn er hat mich nach der Zeit in unsern
5. jäh-
einer ſehr jungen, aber deſto betruͤbtern Wittbe machte. Jch will meinen dieſerhalb empfundenen Jammer nicht weitlaͤufftig beſchreiben, genung, wenn ich ſage, daß mein Hertz nichts mehr wuͤnſch- te, als ihm in Grabe an der Seite zu liegen. Der getreue Ambroſius aber hatte noch vor ſeinem Ende vor mein zeitliches Gluͤck geſorget, und meine Per- ſon ſo wohl, als ſein gantzes Vermoͤgen, an ſeinen Compagnon vermacht, mit dem Vorbehalt/ | daß wo ich wider Vermuthen denſelben nicht zum an- dern Manne verlangete, er mir uͤberhaupt vor alles 12000. Thlr. auszahlen, und mir meinen freyen Willen laſſen ſolte.
Wilhelm van Cattmer, ſo hieß der Compagnon meines ſeel. Ehemannes, war ein Mann von 33. Jahren, und nur ſeit zweyen Jahren ein Wittber geweſen, hatte von ſeiner verſtorbenen Frauen eine eintzige Tochter, Gertraud genannt, bey ſich, die aber, wegen ihrer Kindheit, ſeinem Hauß-Weſen noch nicht vorſtehen konte, derowegen gab er mir nach verfloſſenen Trauer-Jahre ſo wohl ſeine auf- richtige Liebe, als den letzten Willen meines ſeel. Mannes ſehr beweglich zu verſtehen, und drunge ſich endlich durch taͤgliches Anhalten um meine Gegen-Gunſt ſolchergeſtalt in mein Hertz, daß ich mich entſchloß, die Heyrath mit ihm einzuge- hen, weil er mich hinlaͤnglich uͤberfuͤhrete, daß ſo wohl der Wittben-Stand, als eine anderweitige Heyrath mit Zuruͤckſetzung ſeiner Perſon, vor mich ſehr gefaͤhrlich ſey.
Jch hatte keine Urſach uͤber dieſen andern Mann zu klagen, denn er hat mich nach der Zeit in unſern
5. jaͤh-
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einer ſehr jungen, aber deſto betruͤbtern Wittbe
machte. Jch will meinen dieſerhalb empfundenen
Jammer nicht weitlaͤufftig beſchreiben, genung,
wenn ich ſage, daß mein Hertz nichts mehr wuͤnſch-
te, als ihm in Grabe an der Seite zu liegen. Der
getreue Ambroſius aber hatte noch vor ſeinem Ende
vor mein zeitliches Gluͤck geſorget, und meine Per-
ſon ſo wohl, als ſein gantzes Vermoͤgen, an ſeinen
Compagnon vermacht, mit dem Vorbehalt/ | daß
wo ich wider Vermuthen denſelben nicht zum an-
dern Manne verlangete, er mir uͤberhaupt vor alles
12000. Thlr. auszahlen, und mir meinen freyen
Willen laſſen ſolte.
Wilhelm van Cattmer, ſo hieß der Compagnon
meines ſeel. Ehemannes, war ein Mann von 33.
Jahren, und nur ſeit zweyen Jahren ein Wittber
geweſen, hatte von ſeiner verſtorbenen Frauen eine
eintzige Tochter, Gertraud genannt, bey ſich, die
aber, wegen ihrer Kindheit, ſeinem Hauß-Weſen
noch nicht vorſtehen konte, derowegen gab er mir
nach verfloſſenen Trauer-Jahre ſo wohl ſeine auf-
richtige Liebe, als den letzten Willen meines ſeel.
Mannes ſehr beweglich zu verſtehen, und drunge
ſich endlich durch taͤgliches Anhalten um meine
Gegen-Gunſt ſolchergeſtalt in mein Hertz, daß
ich mich entſchloß, die Heyrath mit ihm einzuge-
hen, weil er mich hinlaͤnglich uͤberfuͤhrete, daß ſo
wohl der Wittben-Stand, als eine anderweitige
Heyrath mit Zuruͤckſetzung ſeiner Perſon, vor mich
ſehr gefaͤhrlich ſey.
Jch hatte keine Urſach uͤber dieſen andern Mann
zu klagen, denn er hat mich nach der Zeit in unſern
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/424>, abgerufen am 24.11.2024.
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