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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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den, welches denn nebst meiner eignen Lust und
Beliebung so viel fruchtete: Daß mich ein jeder
vor den Geschicktesten unter allen meinen Camme-
raden halten wolte.

Mittlerweile war mein Vater aufs neue wieder
zu Felde gegangen, und hatte nicht allein wegen sei-
ner Verwundung, an denrn Mohren in etlichen
Scharmützeln ziemliche Rache ausgeübt, sondern
auch vor den König viele Städte und Plätze einneh-
men helffen, bey welcher Gelegenheit er auch zu sei-
nem Theile viele Schätze erobert, und dieselben nach
Hause geschickt hatte. Allein im Jahr 1491. da die
Stadt Granada mit 50000. Mann zu Fuß, und
12000. zu Roß angegriffen, und der König Boabdi-
les
zur Ubergabe gezwungen wurde, verlohr
mein getreuer und Heldenmüthiger Vater, sein ed-
les Leben darbey, und zwar im allerletzten Sturme
auf den erstiegenen Mauren.

Der König bekam die Briefe von dieser glück-
lichen Eroberung gleich über der Tafel zu lesen, und
rieff mit vollen Feuden aus: GOtt und allen Heili-
gen sey gedanckt! Nunmehr ist die Herrschafft
der Maurer, welche über 700. Jahr in Spa-
nien gewähret, glücklich zu Grunde gerichtet. De-
rowegen entstunde unter allen so wohl hohen als
niedrigen Bedienten, ein algemeines jubiliren, da
er aber die Liste von den ertödeten und verwunde-
ten hohen Kriegs-Bedienten zur Hand nahm, und
unter andern lase: Daß Don Dyonisio de Valaro,
als ein Held mit dem Degen in der Faust, auf der
Mauer gestorben sey, vergingen mir auf einmahl
alle meine 5. Sinne dermassen, daß ich hinter dem

Cron-

den, welches denn nebſt meiner eignen Luſt und
Beliebung ſo viel fruchtete: Daß mich ein jeder
vor den Geſchickteſten unter allen meinen Camme-
raden halten wolte.

Mittlerweile war mein Vater aufs neue wieder
zu Felde gegangen, und hatte nicht allein wegen ſei-
ner Verwundung, an denrn Mohren in etlichen
Scharmuͤtzeln ziemliche Rache ausgeuͤbt, ſondern
auch vor den Koͤnig viele Staͤdte und Plaͤtze einneh-
men helffen, bey welcher Gelegenheit er auch zu ſei-
nem Theile viele Schaͤtze erobert, und dieſelben nach
Hauſe geſchickt hatte. Allein im Jahr 1491. da die
Stadt Granada mit 50000. Mann zu Fuß, und
12000. zu Roß angegriffen, und der Koͤnig Boabdi-
les
zur Ubergabe gezwungen wurde, verlohr
mein getreuer und Heldenmuͤthiger Vater, ſein ed-
les Leben darbey, und zwar im allerletzten Sturme
auf den erſtiegenen Mauren.

Der Koͤnig bekam die Briefe von dieſer gluͤck-
lichen Eroberung gleich uͤber der Tafel zu leſen, und
rieff mit vollen Feuden aus: GOtt und allen Heili-
gen ſey gedanckt! Nunmehr iſt die Herrſchafft
der Maurer, welche uͤber 700. Jahr in Spa-
nien gewaͤhret, gluͤcklich zu Grunde gerichtet. De-
rowegen entſtunde unter allen ſo wohl hohen als
niedrigen Bedienten, ein algemeines jubiliren, da
er aber die Liſte von den ertoͤdeten und verwunde-
ten hohen Kriegs-Bedienten zur Hand nahm, und
unter andern laſe: Daß Don Dyoniſio de Valaro,
als ein Held mit dem Degen in der Fauſt, auf der
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alle meine 5. Sinne dermaſſen, daß ich hinter dem

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[493/0507] den, welches denn nebſt meiner eignen Luſt und Beliebung ſo viel fruchtete: Daß mich ein jeder vor den Geſchickteſten unter allen meinen Camme- raden halten wolte. Mittlerweile war mein Vater aufs neue wieder zu Felde gegangen, und hatte nicht allein wegen ſei- ner Verwundung, an denrn Mohren in etlichen Scharmuͤtzeln ziemliche Rache ausgeuͤbt, ſondern auch vor den Koͤnig viele Staͤdte und Plaͤtze einneh- men helffen, bey welcher Gelegenheit er auch zu ſei- nem Theile viele Schaͤtze erobert, und dieſelben nach Hauſe geſchickt hatte. Allein im Jahr 1491. da die Stadt Granada mit 50000. Mann zu Fuß, und 12000. zu Roß angegriffen, und der Koͤnig Boabdi- les zur Ubergabe gezwungen wurde, verlohr mein getreuer und Heldenmuͤthiger Vater, ſein ed- les Leben darbey, und zwar im allerletzten Sturme auf den erſtiegenen Mauren. Der Koͤnig bekam die Briefe von dieſer gluͤck- lichen Eroberung gleich uͤber der Tafel zu leſen, und rieff mit vollen Feuden aus: GOtt und allen Heili- gen ſey gedanckt! Nunmehr iſt die Herrſchafft der Maurer, welche uͤber 700. Jahr in Spa- nien gewaͤhret, gluͤcklich zu Grunde gerichtet. De- rowegen entſtunde unter allen ſo wohl hohen als niedrigen Bedienten, ein algemeines jubiliren, da er aber die Liſte von den ertoͤdeten und verwunde- ten hohen Kriegs-Bedienten zur Hand nahm, und unter andern laſe: Daß Don Dyoniſio de Valaro, als ein Held mit dem Degen in der Fauſt, auf der Mauer geſtorben ſey, vergingen mir auf einmahl alle meine 5. Sinne dermaſſen, daß ich hinter dem Cron-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/507>, abgerufen am 22.11.2024.