Cron-Printzen ohnmächtig zur Erden niedersin- cken muste.
Es hatte dem mitleydigen Könige gereuet, daß er sich nicht vorhero nach mir umgesehen, ehe er diese klägliche Zeitung, welche ihm selbst sehr zu Hertzen gieng, laut verlesen. Jedoch so bald mich die an- dern Bedienten hinweg und in mein Bette getra- gen, auch in etwas wieder erfrischet hatten, besuchte mich nicht allein der Cron-Printz mit seiner 13. jäh- rigen Schwester Johanna, sondern die Königin selbst mit ihrem vornehmsten Frauenzimmer. Dem ohngeacht konte ich mein Gemüthe, wegen des jäm- merlichen Verlust meines so lieben und getreuen Vaters, nicht so gleich besänfftigen, sondern vergoß etliche Tage nach einander die bittersten Thränen, biß mich endlich der König vor sich kommen ließ, und folgender massen anredete: Mein Sohn Cyrillo de Valaro, wilst du meiner fernern Gnade geniessen, so hemme dein Betrübniß wenigstens dem äuserli- chen Scheine nach, und bedencke dieses: Daß ich an dem Don Dionysio de Valaro, wo nicht mehr, doch eben so viel als du verlohren, denn er ist mein getreu- er Diener gewesen, der keinem seines gleichen den Vorzug gelassen, ich aber stelle mich selbst gegen dich an seine Stelle, und will dein Versorger seyn, hiermit sey dir sein erledigtes Regiment geschenckt, worüber ich dich gleich jetzo zum Obristen bestellen und zum Ritter schlagen will, jedoch sollst du nicht ehe zu Felde gehen, sondern bey meinem Cron- Printz bleiben, biß ich euch beyde ehestens selbst mit mir nehme. Jch that hierauf dem Könige zur Danckbarkeit einen Fußfall, und empfohl mich sei-
ner
Cron-Printzen ohnmaͤchtig zur Erden niederſin- cken muſte.
Es hatte dem mitleydigen Koͤnige gereuet, daß er ſich nicht vorhero nach mir umgeſehen, ehe er dieſe klaͤgliche Zeitung, welche ihm ſelbſt ſehr zu Hertzen gieng, laut verleſen. Jedoch ſo bald mich die an- dern Bedienten hinweg und in mein Bette getra- gen, auch in etwas wieder erfriſchet hatten, beſuchte mich nicht allein der Cron-Printz mit ſeiner 13. jaͤh- rigen Schweſter Johanna, ſondern die Koͤnigin ſelbſt mit ihrem vornehmſten Frauenzimmer. Dem ohngeacht konte ich mein Gemuͤthe, wegen des jaͤm- merlichen Verluſt meines ſo lieben und getreuen Vaters, nicht ſo gleich beſaͤnfftigen, ſondern vergoß etliche Tage nach einander die bitterſten Thraͤnen, biß mich endlich der Koͤnig vor ſich kommen ließ, und folgender maſſen anredete: Mein Sohn Cyrillo de Valaro, wilſt du meiner fernern Gnade genieſſen, ſo hemme dein Betruͤbniß wenigſtens dem aͤuſerli- chen Scheine nach, und bedencke dieſes: Daß ich an dem Don Dionyſio de Valaro, wo nicht mehr, doch eben ſo viel als du verlohren, denn er iſt mein getreu- er Diener geweſen, der keinem ſeines gleichen den Vorzug gelaſſen, ich aber ſtelle mich ſelbſt gegen dich an ſeine Stelle, und will dein Verſorger ſeyn, hiermit ſey dir ſein erledigtes Regiment geſchenckt, woruͤber ich dich gleich jetzo zum Obriſten beſtellen und zum Ritter ſchlagen will, jedoch ſollſt du nicht ehe zu Felde gehen, ſondern bey meinem Cron- Printz bleiben, biß ich euch beyde eheſtens ſelbſt mit mir nehme. Jch that hierauf dem Koͤnige zur Danckbarkeit einen Fußfall, und empfohl mich ſei-
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Cron-Printzen ohnmaͤchtig zur Erden niederſin-
cken muſte.
Es hatte dem mitleydigen Koͤnige gereuet, daß
er ſich nicht vorhero nach mir umgeſehen, ehe er dieſe
klaͤgliche Zeitung, welche ihm ſelbſt ſehr zu Hertzen
gieng, laut verleſen. Jedoch ſo bald mich die an-
dern Bedienten hinweg und in mein Bette getra-
gen, auch in etwas wieder erfriſchet hatten, beſuchte
mich nicht allein der Cron-Printz mit ſeiner 13. jaͤh-
rigen Schweſter Johanna, ſondern die Koͤnigin
ſelbſt mit ihrem vornehmſten Frauenzimmer. Dem
ohngeacht konte ich mein Gemuͤthe, wegen des jaͤm-
merlichen Verluſt meines ſo lieben und getreuen
Vaters, nicht ſo gleich beſaͤnfftigen, ſondern vergoß
etliche Tage nach einander die bitterſten Thraͤnen,
biß mich endlich der Koͤnig vor ſich kommen ließ, und
folgender maſſen anredete: Mein Sohn Cyrillo
de Valaro, wilſt du meiner fernern Gnade genieſſen,
ſo hemme dein Betruͤbniß wenigſtens dem aͤuſerli-
chen Scheine nach, und bedencke dieſes: Daß ich an
dem Don Dionyſio de Valaro, wo nicht mehr, doch
eben ſo viel als du verlohren, denn er iſt mein getreu-
er Diener geweſen, der keinem ſeines gleichen
den Vorzug gelaſſen, ich aber ſtelle mich ſelbſt gegen
dich an ſeine Stelle, und will dein Verſorger ſeyn,
hiermit ſey dir ſein erledigtes Regiment geſchenckt,
woruͤber ich dich gleich jetzo zum Obriſten beſtellen
und zum Ritter ſchlagen will, jedoch ſollſt du nicht
ehe zu Felde gehen, ſondern bey meinem Cron-
Printz bleiben, biß ich euch beyde eheſtens ſelbſt mit
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/508>, abgerufen am 21.11.2024.
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