falls in mein Zimmer begeben wolte, fand ich auf der Treppe ein kleines Päcklein, welches in ein seide- nes Tüchlein eingewickelt, und mit Gold-Faden umwunden war. Jch machte mir kein Bedencken, diese so schlecht verwahrte Sache zu eröffnen, und fand darinnen, etliche Ellen grün mit Gold durch würcktes Band, nebst dem Bildnisse einer artigen Schäferin, deren Gesicht auf die Helffte mit einem grünen Schleyer verdeckt war, weil sie vielleicht nicht von allen und jeden erkannt werden wolte. Uber dieses lag ein kleiner Zettel mit folgenden Zeilen darbey:
Geliebter Ritter!
Jhr verlanger von mir mein Bildniß nebst einer Lieberey, welches beydes hiermir aus gewogenem Hertzen übersende. Seyd damit bey morgendenTurnierglücklicher, als voriges mal, damit ich eurentwegen von andernDamenkeine Stichel-Reden an- hören darff, sondern das Vergnügen habe, eure sonst gewöhnliche Geschicklichkeit mir dem besten Preise belohnt zu sehen. Leber wohl, und gedencket eurer
Freundin.
Meine damalige Schalckhafftigkeit widerrieth mir denjenigen auszuforschen, wem dieses Paquet eigentlich zukommen solte, bewegte mich im Gegen- theil diese Liberey, nebst dem artigen Bildnisse der Schäferin, bey morgenden Lantzenbrechen selbst auf meinem Heime zu führen. Wie gedacht, so
gemacht,
falls in mein Zimmer begeben wolte, fand ich auf der Treppe ein kleines Paͤcklein, welches in ein ſeide- nes Tuͤchlein eingewickelt, und mit Gold-Faden umwunden war. Jch machte mir kein Bedencken, dieſe ſo ſchlecht verwahrte Sache zu eroͤffnen, und fand darinnen, etliche Ellen gruͤn mit Gold durch wuͤrcktes Band, nebſt dem Bildniſſe einer artigen Schaͤferin, deren Geſicht auf die Helffte mit einem gruͤnen Schleyer verdeckt war, weil ſie vielleicht nicht von allen und jeden erkannt werden wolte. Uber dieſes lag ein kleiner Zettel mit folgenden Zeilen darbey:
Geliebter Ritter!
Jhr verlanger von mir mein Bildniß nebſt einer Lieberey, welches beydes hiermir aus gewogenem Hertzen uͤberſende. Seyd damit bey morgendenTurniergluͤcklicher, als voriges mal, damit ich eurentwegen von andernDamenkeine Stichel-Reden an- hoͤren darff, ſondern das Vergnuͤgen habe, eure ſonſt gewoͤhnliche Geſchicklichkeit mir dem beſten Preiſe belohnt zu ſehen. Leber wohl, und gedencket eurer
Freundin.
Meine damalige Schalckhafftigkeit widerrieth mir denjenigen auszuforſchen, wem dieſes Paquet eigentlich zukommen ſolte, bewegte mich im Gegen- theil dieſe Liberey, nebſt dem artigen Bildniſſe der Schaͤferin, bey morgenden Lantzenbrechen ſelbſt auf meinem Heime zu fuͤhren. Wie gedacht, ſo
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falls in mein Zimmer begeben wolte, fand ich auf
der Treppe ein kleines Paͤcklein, welches in ein ſeide-
nes Tuͤchlein eingewickelt, und mit Gold-Faden
umwunden war. Jch machte mir kein Bedencken,
dieſe ſo ſchlecht verwahrte Sache zu eroͤffnen, und
fand darinnen, etliche Ellen gruͤn mit Gold durch
wuͤrcktes Band, nebſt dem Bildniſſe einer artigen
Schaͤferin, deren Geſicht auf die Helffte mit einem
gruͤnen Schleyer verdeckt war, weil ſie vielleicht
nicht von allen und jeden erkannt werden wolte. Uber
dieſes lag ein kleiner Zettel mit folgenden Zeilen
darbey:
Geliebter Ritter!
Jhr verlanger von mir mein Bildniß nebſt
einer Lieberey, welches beydes hiermir
aus gewogenem Hertzen uͤberſende. Seyd
damit bey morgenden Turnier gluͤcklicher,
als voriges mal, damit ich eurentwegen
von andern Damen keine Stichel-Reden an-
hoͤren darff, ſondern das Vergnuͤgen habe,
eure ſonſt gewoͤhnliche Geſchicklichkeit mir
dem beſten Preiſe belohnt zu ſehen. Leber
wohl, und gedencket eurer
Freundin.
Meine damalige Schalckhafftigkeit widerrieth
mir denjenigen auszuforſchen, wem dieſes Paquet
eigentlich zukommen ſolte, bewegte mich im Gegen-
theil dieſe Liberey, nebſt dem artigen Bildniſſe der
Schaͤferin, bey morgenden Lantzenbrechen ſelbſt
auf meinem Heime zu fuͤhren. Wie gedacht, ſo
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/510>, abgerufen am 21.11.2024.
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