die feurige Eleonora endlich selbst Gelegenheit, daß ich meine hefftigen Seuffzer und Klagen kniend vor derselben ausstieß, und mich selbst zu erstechen dro- hete/ woferne sie meine alleräuserste Liebe nicht mit gewünschter Gegen-Gunst beseeligte.
Demnach schiene sie auf einmahl anders Sin- nes zu werden, und kurtz zu sagen, wir wurden von derselben Stunde an solche vertraute Freunde mit einander, daß nichts als die Priesterliche Einse- gnung fehlte, uns beyde zu dem allervergnügtesten Paare ehelicher Personen zu machen. Jmmittelst hielten wir unsere Liebe dennoch dermassen heimlich, daß zwar der gantze Hof von unserer sonderbaren Freundschafft zu sagen wuste, die Wenigsten aber glaubten, daß unter uns annoch sehr jungen Leuten allbereits ein würckliches Liebes-Verbünd- niß errichtet sey.
Es war niemand vorhanden der eins oder das andere zu verhindern trachtete, denn mein eintziger Feind Don Sebastian de Urrez hatte sich, so bald er wieder genesen, auf die Reise in frembde Länder begeben. Also lebte ich mit meiner Eleonora über ein Jahr lang in süssesten Vergnügen, und machte mich anbey dem Könige und dessen Familie dermas- sen beliebt, daß es das Ansehen hatte, als ob ich dem Glücke gäntzlich im Schoosse sässe.
Mittlerweile da König Carl der VIII. in Franck- reich, im Jahr 1494. den Kriegs-Zug wieder Nea- polis vorgenommen hatte, fanden sich verschiedene junge vornehme Neapolitanische Herren am Casti- lianischen Hofe ein. Einer von selbigen hatte die Donna Eleonora de Sylva kaum zum erstenmahle
erblickt,
die feurige Eleonora endlich ſelbſt Gelegenheit, daß ich meine hefftigen Seuffzer und Klagen kniend vor derſelben ausſtieß, und mich ſelbſt zu erſtechen dro- hete/ woferne ſie meine alleraͤuſerſte Liebe nicht mit gewuͤnſchter Gegen-Gunſt beſeeligte.
Demnach ſchiene ſie auf einmahl anders Sin- nes zu werden, und kurtz zu ſagen, wir wurden von derſelben Stunde an ſolche vertraute Freunde mit einander, daß nichts als die Prieſterliche Einſe- gnung fehlte, uns beyde zu dem allervergnuͤgteſten Paare ehelicher Perſonen zu machen. Jmmittelſt hielten wir unſere Liebe dennoch dermaſſen heimlich, daß zwar der gantze Hof von unſerer ſonderbaren Freundſchafft zu ſagen wuſte, die Wenigſten aber glaubten, daß unter uns annoch ſehr jungen Leuten allbereits ein wuͤrckliches Liebes-Verbuͤnd- niß errichtet ſey.
Es war niemand vorhanden der eins oder das andere zu verhindern trachtete, denn mein eintziger Feind Don Sebaſtian de Urrez hatte ſich, ſo bald er wieder geneſen, auf die Reiſe in frembde Laͤnder begeben. Alſo lebte ich mit meiner Eleonora uͤber ein Jahr lang in ſuͤſſeſten Vergnuͤgen, und machte mich anbey dem Koͤnige und deſſen Familie dermaſ- ſen beliebt, daß es das Anſehen hatte, als ob ich dem Gluͤcke gaͤntzlich im Schooſſe ſaͤſſe.
Mittlerweile da Koͤnig Carl der VIII. in Franck- reich, im Jahr 1494. den Kriegs-Zug wieder Nea- polis vorgenommen hatte, fanden ſich verſchiedene junge vornehme Neapolitaniſche Herren am Caſti- lianiſchen Hofe ein. Einer von ſelbigen hatte die Donna Eleonora de Sylva kaum zum erſtenmahle
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die feurige Eleonora endlich ſelbſt Gelegenheit, daß
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derſelben ausſtieß, und mich ſelbſt zu erſtechen dro-
hete/ woferne ſie meine alleraͤuſerſte Liebe nicht mit
gewuͤnſchter Gegen-Gunſt beſeeligte.
Demnach ſchiene ſie auf einmahl anders Sin-
nes zu werden, und kurtz zu ſagen, wir wurden von
derſelben Stunde an ſolche vertraute Freunde mit
einander, daß nichts als die Prieſterliche Einſe-
gnung fehlte, uns beyde zu dem allervergnuͤgteſten
Paare ehelicher Perſonen zu machen. Jmmittelſt
hielten wir unſere Liebe dennoch dermaſſen heimlich,
daß zwar der gantze Hof von unſerer ſonderbaren
Freundſchafft zu ſagen wuſte, die Wenigſten aber
glaubten, daß unter uns annoch ſehr jungen
Leuten allbereits ein wuͤrckliches Liebes-Verbuͤnd-
niß errichtet ſey.
Es war niemand vorhanden der eins oder das
andere zu verhindern trachtete, denn mein eintziger
Feind Don Sebaſtian de Urrez hatte ſich, ſo bald
er wieder geneſen, auf die Reiſe in frembde Laͤnder
begeben. Alſo lebte ich mit meiner Eleonora uͤber
ein Jahr lang in ſuͤſſeſten Vergnuͤgen, und machte
mich anbey dem Koͤnige und deſſen Familie dermaſ-
ſen beliebt, daß es das Anſehen hatte, als ob ich
dem Gluͤcke gaͤntzlich im Schooſſe ſaͤſſe.
Mittlerweile da Koͤnig Carl der VIII. in Franck-
reich, im Jahr 1494. den Kriegs-Zug wieder Nea-
polis vorgenommen hatte, fanden ſich verſchiedene
junge vornehme Neapolitaniſche Herren am Caſti-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/523>, abgerufen am 22.11.2024.
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