schrieb einen der allerverliebtesten Briefe an meinen Leitstern, worinnen ich hauptsächlich bat, nicht al- lein mich zu ihrem Liebhaber auf und anzunehmen, sondern auch die Liberey nebst Dero Bildnisse zum ersten Zeichen ihrer Gegen-Gunst in meinen Hän- den zu lassen.
Zwey gantzer Tage lang liesse sie mich hierauff zwischen Furcht und Hoffnung zappeln, biß ich endlich die halb erfreuliche und halb traurige Ant- wort erhielt: Jch möchte zwar behalten, was ich durch Glück und Tapfferkeit mir zugeeignet hätte, doch mit dem Bedinge: Daß ich solches niemahls wiederum öffentlich zeigen, sondern vor jederman geheim halten solte. Uber dieses solte mir auch er- laubt seyn, sie morgenden Mittag in ihrem Zimmer zu sprechen, allein abermahls mit der schweren Be- dingung: Daß ich kein eintziges Wort von Liebes- Sachen vorbrächte.
Dieses letztere machte mir den Kopff dermassen wüste, daß ich mir weder zu rathen noch zu helffen wuste, und an der Eroberung dieses Felsen-Hertzens schon zu zweiffeln begunte, ehe noch ein recht ernst- licher Sturm darauff gewagt war. Allein meine Liebe hatte dermahlen mehr Glücke, als ich wün- schen mögen, denn auf den ersten Besuch, wobey sich mein Gemüthe sehr genau nach Eleonorens Be- fehlen richtete, bekam ich die Erlaubniß ihr täglich nach der Mittags-Mahlzeit aufzuwarten, und die Zeit mit dem Bret-Spiele zu verkürtzen. Da aber meine ungewöhnliche Blödigkeit nebst ihrem ernstlich wiederholten Besehle das verliebte Vor- bringen lange genung zurück gehalten hatten, gab
die
ſchrieb einen der allerverliebteſten Briefe an meinen Leitſtern, worinnen ich hauptſaͤchlich bat, nicht al- lein mich zu ihrem Liebhaber auf und anzunehmen, ſondern auch die Liberey nebſt Dero Bildniſſe zum erſten Zeichen ihrer Gegen-Gunſt in meinen Haͤn- den zu laſſen.
Zwey gantzer Tage lang lieſſe ſie mich hierauff zwiſchen Furcht und Hoffnung zappeln, biß ich endlich die halb erfreuliche und halb traurige Ant- wort erhielt: Jch moͤchte zwar behalten, was ich durch Gluͤck und Tapfferkeit mir zugeeignet haͤtte, doch mit dem Bedinge: Daß ich ſolches niemahls wiederum oͤffentlich zeigen, ſondern vor jederman geheim halten ſolte. Uber dieſes ſolte mir auch er- laubt ſeyn, ſie morgenden Mittag in ihrem Zimmer zu ſprechen, allein abermahls mit der ſchweren Be- dingung: Daß ich kein eintziges Wort von Liebes- Sachen vorbraͤchte.
Dieſes letztere machte mir den Kopff dermaſſen wuͤſte, daß ich mir weder zu rathen noch zu helffen wuſte, und an der Eroberung dieſes Felſen-Hertzens ſchon zu zweiffeln begunte, ehe noch ein recht ernſt- licher Sturm darauff gewagt war. Allein meine Liebe hatte dermahlen mehr Gluͤcke, als ich wuͤn- ſchen moͤgen, denn auf den erſten Beſuch, wobey ſich mein Gemuͤthe ſehr genau nach Eleonorens Be- fehlen richtete, bekam ich die Erlaubniß ihr taͤglich nach der Mittags-Mahlzeit aufzuwarten, und die Zeit mit dem Bret-Spiele zu verkuͤrtzen. Da aber meine ungewoͤhnliche Bloͤdigkeit nebſt ihrem ernſtlich wiederholten Beſehle das verliebte Vor- bringen lange genung zuruͤck gehalten hatten, gab
die
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ſchrieb einen der allerverliebteſten Briefe an meinen
Leitſtern, worinnen ich hauptſaͤchlich bat, nicht al-
lein mich zu ihrem Liebhaber auf und anzunehmen,
ſondern auch die Liberey nebſt Dero Bildniſſe zum
erſten Zeichen ihrer Gegen-Gunſt in meinen Haͤn-
den zu laſſen.
Zwey gantzer Tage lang lieſſe ſie mich hierauff
zwiſchen Furcht und Hoffnung zappeln, biß ich
endlich die halb erfreuliche und halb traurige Ant-
wort erhielt: Jch moͤchte zwar behalten, was ich
durch Gluͤck und Tapfferkeit mir zugeeignet haͤtte,
doch mit dem Bedinge: Daß ich ſolches niemahls
wiederum oͤffentlich zeigen, ſondern vor jederman
geheim halten ſolte. Uber dieſes ſolte mir auch er-
laubt ſeyn, ſie morgenden Mittag in ihrem Zimmer
zu ſprechen, allein abermahls mit der ſchweren Be-
dingung: Daß ich kein eintziges Wort von Liebes-
Sachen vorbraͤchte.
Dieſes letztere machte mir den Kopff dermaſſen
wuͤſte, daß ich mir weder zu rathen noch zu helffen
wuſte, und an der Eroberung dieſes Felſen-Hertzens
ſchon zu zweiffeln begunte, ehe noch ein recht ernſt-
licher Sturm darauff gewagt war. Allein meine
Liebe hatte dermahlen mehr Gluͤcke, als ich wuͤn-
ſchen moͤgen, denn auf den erſten Beſuch, wobey ſich
mein Gemuͤthe ſehr genau nach Eleonorens Be-
fehlen richtete, bekam ich die Erlaubniß ihr taͤglich
nach der Mittags-Mahlzeit aufzuwarten, und die
Zeit mit dem Bret-Spiele zu verkuͤrtzen. Da aber
meine ungewoͤhnliche Bloͤdigkeit nebſt ihrem
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1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/522>, abgerufen am 21.11.2024.
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