Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

baaren Gelde doppelt bezahlen wird, weil sie dessen
genung besitzet.

Jch sahe unter währenden Reden der lieben Al-
ten beständig ins Gesichte, da aber gemerckt, daß die-
selbe im rechten einfältigen Ernste redete, wird ein
jeder muthmassen, was ich dabey gedacht habe, doch
meine Antwort war diese: Liebe Mutter, glaubt
mir sicherlich, daß sich mein Gemüthe um Liebes-
Sachen wenig, oder soll ich recht reden, gar nichts
bekümmert, ich habe Respect vor diese Dame, bloß
wegen ihres ungemeinen Verstandes und grosser
Höfflichkeit, im übrigen verlange ich nichts, als, vor
das heutige gütige Tractament, deroselben mor-
gen ein kleines Andencken zu hinterlassen, und zum
Abschiede ihre Hand zu küssen, denn ich glaube
schwerlich, daß ich sie und euch mein lebtage wieder
sehen werde, weil wir vielleicht in wenig Tagen von
hier absegeln werden.

Unter diesen meinen Reden drückte ich der Alten
3. neue Spanische Creutz-Thaler in die Hand, weil
sie, wie ich sagte, sich heute meinetwegen so viel We-
ge gemacht hätte. So verblendet sie aber von dem
hellen Glantz dieses Silbers stehen blieb, so hurtig
machte ich mich nach genommenem Abschiede von
dannen, und langete, nach Zurücklegung zweyer
kleinen teutschen Meilen, glücklich wieder in mei-
nem Logis an.

Jch muste, nach dem ich mich in mein Apartement
begeben, über die heute gespielte Comoedie hertzlich
lachen, kan aber nicht läugnen, daß ich in die wun-
derschöne Brunette unbändig verliebt war, denn ich
traff bey derselben seltene Schönheit, Klugheit, Ein-

falt
C 5

baaren Gelde doppelt bezahlen wird, weil ſie deſſen
genung beſitzet.

Jch ſahe unter waͤhrenden Reden der lieben Al-
ten beſtaͤndig ins Geſichte, da aber gemerckt, daß die-
ſelbe im rechten einfaͤltigen Ernſte redete, wird ein
jeder muthmaſſen, was ich dabey gedacht habe, doch
meine Antwort war dieſe: Liebe Mutter, glaubt
mir ſicherlich, daß ſich mein Gemuͤthe um Liebes-
Sachen wenig, oder ſoll ich recht reden, gar nichts
bekuͤmmert, ich habe Reſpect vor dieſe Dame, bloß
wegen ihres ungemeinen Verſtandes und groſſer
Hoͤfflichkeit, im uͤbrigen verlange ich nichts, als, vor
das heutige guͤtige Tractament, deroſelben mor-
gen ein kleines Andencken zu hinterlaſſen, und zum
Abſchiede ihre Hand zu kuͤſſen, denn ich glaube
ſchwerlich, daß ich ſie und euch mein lebtage wieder
ſehen werde, weil wir vielleicht in wenig Tagen von
hier abſegeln werden.

Unter dieſen meinen Reden druͤckte ich der Alten
3. neue Spaniſche Creutz-Thaler in die Hand, weil
ſie, wie ich ſagte, ſich heute meinetwegen ſo viel We-
ge gemacht haͤtte. So verblendet ſie aber von dem
hellen Glantz dieſes Silbers ſtehen blieb, ſo hurtig
machte ich mich nach genommenem Abſchiede von
dannen, und langete, nach Zuruͤcklegung zweyer
kleinen teutſchen Meilen, gluͤcklich wieder in mei-
nem Logis an.

Jch muſte, nach dem ich mich in mein Apartement
begeben, uͤber die heute geſpielte Comœdie hertzlich
lachen, kan aber nicht laͤugnen, daß ich in die wun-
derſchoͤne Brunette unbaͤndig verliebt war, denn ich
traff bey derſelben ſeltene Schoͤnheit, Klugheit, Ein-

falt
C 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0053" n="41"/>
baaren Gelde doppelt bezahlen wird, weil &#x017F;ie de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
genung be&#x017F;itzet.</p><lb/>
        <p>Jch &#x017F;ahe unter wa&#x0364;hrenden Reden der lieben Al-<lb/>
ten be&#x017F;ta&#x0364;ndig ins Ge&#x017F;ichte, da aber gemerckt, daß die-<lb/>
&#x017F;elbe im rechten einfa&#x0364;ltigen Ern&#x017F;te redete, wird ein<lb/>
jeder muthma&#x017F;&#x017F;en, was ich dabey gedacht habe, doch<lb/>
meine Antwort war die&#x017F;e: Liebe Mutter, glaubt<lb/>
mir &#x017F;icherlich, daß &#x017F;ich mein Gemu&#x0364;the um Liebes-<lb/>
Sachen wenig, oder &#x017F;oll ich recht reden, gar nichts<lb/>
beku&#x0364;mmert, ich habe <hi rendition="#aq">Re&#x017F;pect</hi> vor die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Dame,</hi> bloß<lb/>
wegen ihres ungemeinen Ver&#x017F;tandes und gro&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Ho&#x0364;fflichkeit, im u&#x0364;brigen verlange ich nichts, als, vor<lb/>
das heutige gu&#x0364;tige <hi rendition="#aq">Tractament,</hi> dero&#x017F;elben mor-<lb/>
gen ein kleines Andencken zu hinterla&#x017F;&#x017F;en, und zum<lb/>
Ab&#x017F;chiede ihre Hand zu ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, denn ich glaube<lb/>
&#x017F;chwerlich, daß ich &#x017F;ie und euch mein lebtage wieder<lb/>
&#x017F;ehen werde, weil wir vielleicht in wenig Tagen von<lb/>
hier ab&#x017F;egeln werden.</p><lb/>
        <p>Unter die&#x017F;en meinen Reden dru&#x0364;ckte ich der Alten<lb/>
3. neue Spani&#x017F;che Creutz-Thaler in die Hand, weil<lb/>
&#x017F;ie, wie ich &#x017F;agte, &#x017F;ich heute meinetwegen &#x017F;o viel We-<lb/>
ge gemacht ha&#x0364;tte. So verblendet &#x017F;ie aber von dem<lb/>
hellen Glantz die&#x017F;es Silbers &#x017F;tehen blieb, &#x017F;o hurtig<lb/>
machte ich mich nach genommenem Ab&#x017F;chiede von<lb/>
dannen, und langete, nach Zuru&#x0364;cklegung zweyer<lb/>
kleinen teut&#x017F;chen Meilen, glu&#x0364;cklich wieder in mei-<lb/>
nem <hi rendition="#aq">Logis</hi> an.</p><lb/>
        <p>Jch mu&#x017F;te, nach dem ich mich in mein <hi rendition="#aq">Apartement</hi><lb/>
begeben, u&#x0364;ber die heute ge&#x017F;pielte <hi rendition="#aq">Com&#x0153;die</hi> hertzlich<lb/>
lachen, kan aber nicht la&#x0364;ugnen, daß ich in die wun-<lb/>
der&#x017F;cho&#x0364;ne <hi rendition="#aq">Brunette</hi> unba&#x0364;ndig verliebt war, denn ich<lb/>
traff bey der&#x017F;elben &#x017F;eltene Scho&#x0364;nheit, Klugheit, Ein-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 5</fw><fw place="bottom" type="catch">falt</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0053] baaren Gelde doppelt bezahlen wird, weil ſie deſſen genung beſitzet. Jch ſahe unter waͤhrenden Reden der lieben Al- ten beſtaͤndig ins Geſichte, da aber gemerckt, daß die- ſelbe im rechten einfaͤltigen Ernſte redete, wird ein jeder muthmaſſen, was ich dabey gedacht habe, doch meine Antwort war dieſe: Liebe Mutter, glaubt mir ſicherlich, daß ſich mein Gemuͤthe um Liebes- Sachen wenig, oder ſoll ich recht reden, gar nichts bekuͤmmert, ich habe Reſpect vor dieſe Dame, bloß wegen ihres ungemeinen Verſtandes und groſſer Hoͤfflichkeit, im uͤbrigen verlange ich nichts, als, vor das heutige guͤtige Tractament, deroſelben mor- gen ein kleines Andencken zu hinterlaſſen, und zum Abſchiede ihre Hand zu kuͤſſen, denn ich glaube ſchwerlich, daß ich ſie und euch mein lebtage wieder ſehen werde, weil wir vielleicht in wenig Tagen von hier abſegeln werden. Unter dieſen meinen Reden druͤckte ich der Alten 3. neue Spaniſche Creutz-Thaler in die Hand, weil ſie, wie ich ſagte, ſich heute meinetwegen ſo viel We- ge gemacht haͤtte. So verblendet ſie aber von dem hellen Glantz dieſes Silbers ſtehen blieb, ſo hurtig machte ich mich nach genommenem Abſchiede von dannen, und langete, nach Zuruͤcklegung zweyer kleinen teutſchen Meilen, gluͤcklich wieder in mei- nem Logis an. Jch muſte, nach dem ich mich in mein Apartement begeben, uͤber die heute geſpielte Comœdie hertzlich lachen, kan aber nicht laͤugnen, daß ich in die wun- derſchoͤne Brunette unbaͤndig verliebt war, denn ich traff bey derſelben ſeltene Schoͤnheit, Klugheit, Ein- falt C 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/53
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/53>, abgerufen am 23.05.2024.