Meine Gemahlin schien hiermit sehr übel zu- frieden zu seyn, weil sie ohnfehlbar gewisser Ursachen wegen viellieber bey Hofe geblieben wäre, jedoch, sie sahe sich halb gezwungen, meinem Willen zu fol- gen, gab sich derowegen gantz gedultig drein. Jch fand meine Mutter nebst der jüngsten Schwester auf meinem besten Ritter-Gute, welche die Haußhal- tung daselbsten in schönster Ordnung führeten. Mein jüngster Bruder hatte so wohl als die älteste Schwe- ster eine vortheilhaffte und vergnügte Heyrath ge- troffen, und wohnete der erste zwey, und die letztere drey Meilen von uns. Jch verheyrathete demnach gleich in den ersten Tagen meiner Dahinkunfft, die jüngste Schwester an einen reichen und qualificir- ten Edelmann, der vor etlichen Jahren unter mei- nem Regiment als Hauptmann gestanden hatte, und unser Gräntz-Nachbar war, die Mutter aber behielt ich mit grösten Vergnügen bey mir, allein zu meinem noch grössern Schmertzen starb diesel- be ein halbes Jahr darauf plötzlich, nachdem ich ihr die Freude gemacht, nicht allein meinen Schwestern ein mehreres Erbtheil auszuzahlen, als sie mit Recht verlangen konten, sondern auch dem Bruder die Helffte aller meiner erblichen Ritter-Güter zu über- geben, als wodurch diese Geschwister bewogen wur- den, mich nicht allein als Bruder, sondern als einen Vater zu ehren und zu lieben.
Nunmehro war die Beforgung der Ländereyen auf drey nahe beysammen gelegenen Ritter-Gü- tern mein allervergnügtester Zeitvertreib, nächst-
dem
Meine Gemahlin ſchien hiermit ſehr uͤbel zu- frieden zu ſeyn, weil ſie ohnfehlbar gewiſſer Urſachen wegen viellieber bey Hofe geblieben waͤre, jedoch, ſie ſahe ſich halb gezwungen, meinem Willen zu fol- gen, gab ſich derowegen gantz gedultig drein. Jch fand meine Mutter nebſt der juͤngſten Schweſter auf meinem beſten Ritter-Gute, welche die Haußhal- tung daſelbſten in ſchoͤnſter Ordnung fuͤhreten. Mein juͤngſter Bruder hatte ſo wohl als die aͤlteſte Schwe- ſter eine vortheilhaffte und vergnuͤgte Heyrath ge- troffen, und wohnete der erſte zwey, und die letztere drey Meilen von uns. Jch verheyrathete demnach gleich in den erſten Tagen meiner Dahinkunfft, die juͤngſte Schweſter an einen reichen und qualificir- ten Edelmann, der vor etlichen Jahren unter mei- nem Regiment als Hauptmann geſtanden hatte, und unſer Graͤntz-Nachbar war, die Mutter aber behielt ich mit groͤſten Vergnuͤgen bey mir, allein zu meinem noch groͤſſern Schmertzen ſtarb dieſel- be ein halbes Jahr darauf ploͤtzlich, nachdem ich ihr die Freude gemacht, nicht allein meinen Schweſtern ein mehreres Erbtheil auszuzahlen, als ſie mit Recht verlangen konten, ſondern auch dem Bruder die Helffte aller meiner erblichen Ritter-Guͤter zu uͤber- geben, als wodurch dieſe Geſchwiſter bewogen wur- den, mich nicht allein als Bruder, ſondern als einen Vater zu ehren und zu lieben.
Nunmehro war die Beforgung der Laͤndereyen auf drey nahe beyſammen gelegenen Ritter-Guͤ- tern mein allervergnuͤgteſter Zeitvertreib, naͤchſt-
dem
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Meine Gemahlin ſchien hiermit ſehr uͤbel zu-
frieden zu ſeyn, weil ſie ohnfehlbar gewiſſer Urſachen
wegen viellieber bey Hofe geblieben waͤre, jedoch,
ſie ſahe ſich halb gezwungen, meinem Willen zu fol-
gen, gab ſich derowegen gantz gedultig drein. Jch
fand meine Mutter nebſt der juͤngſten Schweſter auf
meinem beſten Ritter-Gute, welche die Haußhal-
tung daſelbſten in ſchoͤnſter Ordnung fuͤhreten. Mein
juͤngſter Bruder hatte ſo wohl als die aͤlteſte Schwe-
ſter eine vortheilhaffte und vergnuͤgte Heyrath ge-
troffen, und wohnete der erſte zwey, und die letztere
drey Meilen von uns. Jch verheyrathete demnach
gleich in den erſten Tagen meiner Dahinkunfft, die
juͤngſte Schweſter an einen reichen und qualificir-
ten Edelmann, der vor etlichen Jahren unter mei-
nem Regiment als Hauptmann geſtanden hatte,
und unſer Graͤntz-Nachbar war, die Mutter aber
behielt ich mit groͤſten Vergnuͤgen bey mir, allein
zu meinem noch groͤſſern Schmertzen ſtarb dieſel-
be ein halbes Jahr darauf ploͤtzlich, nachdem ich ihr
die Freude gemacht, nicht allein meinen Schweſtern
ein mehreres Erbtheil auszuzahlen, als ſie mit Recht
verlangen konten, ſondern auch dem Bruder die
Helffte aller meiner erblichen Ritter-Guͤter zu uͤber-
geben, als wodurch dieſe Geſchwiſter bewogen wur-
den, mich nicht allein als Bruder, ſondern als einen
Vater zu ehren und zu lieben.
Nunmehro war die Beforgung der Laͤndereyen
auf drey nahe beyſammen gelegenen Ritter-Guͤ-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/538>, abgerufen am 22.11.2024.
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