EShat mir ein vertrauter Freund vom Hofe in geheim gesteckt, daß sich entsetz- liche Geschichte auf eutem Schlosse begeben hätten, worüber jederman, der es hörete, er- staunen müste. Jhr habt starcke Feinde, die dem, euch ohne dieses schon ungnädigen Kö- nige, solche Sache noch heute Abends vor- tragen und den Befehl auswürcken werden, daß der Königl. Blut-Richter nebst seinen und des Heil.OfficiiBedienten, vermuthlich noch Morgen vor Mittags bey euch einspre- chen müssen. Derowegen bedencket euer Bestes, machet euch bey Zeiten aus dem Staube, und glaubet sicherlich, daß man, ihr möget auch recht oder unrecht haben, den- noch euer Guth und Blut aussaugen wird. Reiset glücklich, führet eure Sachen in besse- rer Sicherheit aus, und wisset, daß ich be- ständig sey
euer getreuer Freund Don Alphonso de Cordua.
Nunmehro wolte es Kunst heissen, in meinem verwirrten Angelegenheiten einen vortheilhafften Schluß zu fassen, jedoch da alle Augenbliche kostba- rer zu werden schienen, kam mir endlich meines ge- treuen Vetters Rath am vernünftigsten vor, zu- mahlen da mein Bruder denselben gleichfalls bil- ligte: Also nahm ich einen eintzigen getreuen Die- ner zum Gefährden, ließ zwey der besten Pferde satteln, und so viel Geld und Kleinodien darauf pa-
cken,
Mein Vetter,
EShat mir ein vertrauter Freund vom Hofe in geheim geſteckt, daß ſich entſetz- liche Geſchichte auf eutem Schloſſe begeben haͤtten, woruͤber jederman, der es hoͤrete, er- ſtaunen muͤſte. Jhr habt ſtarcke Feinde, die dem, euch ohne dieſes ſchon ungnaͤdigen Koͤ- nige, ſolche Sache noch heute Abends vor- tragen und den Befehl auswuͤrcken werden, daß der Koͤnigl. Blut-Richter nebſt ſeinen und des Heil.OfficiiBedienten, vermuthlich noch Morgen vor Mittags bey euch einſpre- chen muͤſſen. Derowegen bedencket euer Beſtes, machet euch bey Zeiten aus dem Staube, und glaubet ſicherlich, daß man, ihr moͤget auch recht oder unrecht haben, den- noch euer Guth und Blut ausſaugen wird. Reiſet gluͤcklich, fuͤhret eure Sachen in beſſe- rer Sicherheit aus, und wiſſet, daß ich be- ſtaͤndig ſey
euer getreuer Freund Don Alphonſo de Cordua.
Nunmehro wolte es Kunſt heiſſen, in meinem verwirrten Angelegenheiten einen vortheilhafften Schluß zu faſſen, jedoch da alle Augenbliche koſtba- rer zu werden ſchienen, kam mir endlich meines ge- treuen Vetters Rath am vernuͤnftigſten vor, zu- mahlen da mein Bruder denſelben gleichfalls bil- ligte: Alſo nahm ich einen eintzigen getreuen Die- ner zum Gefaͤhrden, ließ zwey der beſten Pferde ſatteln, und ſo viel Geld und Kleinodien darauf pa-
cken,
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Mein Vetter,
EShat mir ein vertrauter Freund vom
Hofe in geheim geſteckt, daß ſich entſetz-
liche Geſchichte auf eutem Schloſſe begeben
haͤtten, woruͤber jederman, der es hoͤrete, er-
ſtaunen muͤſte. Jhr habt ſtarcke Feinde, die
dem, euch ohne dieſes ſchon ungnaͤdigen Koͤ-
nige, ſolche Sache noch heute Abends vor-
tragen und den Befehl auswuͤrcken werden,
daß der Koͤnigl. Blut-Richter nebſt ſeinen
und des Heil. Officii Bedienten, vermuthlich
noch Morgen vor Mittags bey euch einſpre-
chen muͤſſen. Derowegen bedencket euer
Beſtes, machet euch bey Zeiten aus dem
Staube, und glaubet ſicherlich, daß man, ihr
moͤget auch recht oder unrecht haben, den-
noch euer Guth und Blut ausſaugen wird.
Reiſet gluͤcklich, fuͤhret eure Sachen in beſſe-
rer Sicherheit aus, und wiſſet, daß ich be-
ſtaͤndig ſey
euer getreuer Freund
Don Alphonſo de Cordua.
Nunmehro wolte es Kunſt heiſſen, in meinem
verwirrten Angelegenheiten einen vortheilhafften
Schluß zu faſſen, jedoch da alle Augenbliche koſtba-
rer zu werden ſchienen, kam mir endlich meines ge-
treuen Vetters Rath am vernuͤnftigſten vor, zu-
mahlen da mein Bruder denſelben gleichfalls bil-
ligte: Alſo nahm ich einen eintzigen getreuen Die-
ner zum Gefaͤhrden, ließ zwey der beſten Pferde
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/558>, abgerufen am 21.11.2024.
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