Nacht meine Cameraden ermordet, weil sie mit mir um ein junges Affen-Weib Streit anfiengen. Der Weinbeer-und Palmen-Safft hatte uns rasend voll gemacht, sie sind beyde gestorben, ich aber rase noch, sie sind ihrer grausamen Sünden wegen ab- gestrafft, ich aber, der ich noch mehr als sie gesündi- get habe, erwarte von euch einen tödlichen Schuß, damit ich meiner Gewissens-Angst auf einmahl loß komme.
Jch erstaunete über dergleichen entsetzliche Mord- Geschicht, hieß ihn das Messer hinweg werffen und näher kommen, allein nachdem er gefragt: Ob ich ihn erschiessen wolle? und ich ihm zur Antwort ge- geben: Daß ich meine Hände nicht mit seinem Blute besudeln, sondern ihn GOttes zeitlichen und ewigen Gerichten überlassen wolle; fassete er das lange Messer in seine beyden Fäuste, und stieß sich selbiges mit solcher Gewalt in die Brust hinein, daß der verzweiffelte Cörper sogleich zur Erden stür- tzen und seine schandbare Seele ausblasen muste. Meine verschiedenen Gemüths-Bewegungen pres- seten mir viele Thränen aus den Augen, ohngeacht ich wohl wuste, daß solche lasterhaffte Personen der- selben nicht werth waren, doch machte ich mit Hülf- fe meiner beyden Getreuen, so gleich auf der Stelle ein Loch, und scharrete das Aaß hinein. Hierauff durchstreifften wir die Ostliche Gegend, und fanden endlich nach langen Suchen die Hütte, worinnen die beyden Entleibten beysammen lagen, das teuff- lische Affen-Weib saß zwischen beyden inne, und wolte durchaus nicht von dannen weichen, weßwe- gen ich das schändliche Thier gleich auf der Stelle
erschoß,
P p 5
Nacht meine Cameraden ermordet, weil ſie mit mir um ein junges Affen-Weib Streit anfiengen. Der Weinbeer-und Palmen-Safft hatte uns raſend voll gemacht, ſie ſind beyde geſtorben, ich aber raſe noch, ſie ſind ihrer grauſamen Suͤnden wegen ab- geſtrafft, ich aber, der ich noch mehr als ſie geſuͤndi- get habe, erwarte von euch einen toͤdlichen Schuß, damit ich meiner Gewiſſens-Angſt auf einmahl loß komme.
Jch erſtaunete uͤber dergleichen entſetzliche Mord- Geſchicht, hieß ihn das Meſſer hinweg werffen und naͤher kommen, allein nachdem er gefragt: Ob ich ihn erſchieſſen wolle? und ich ihm zur Antwort ge- geben: Daß ich meine Haͤnde nicht mit ſeinem Blute beſudeln, ſondern ihn GOttes zeitlichen und ewigen Gerichten uͤberlaſſen wolle; faſſete er das lange Meſſer in ſeine beyden Faͤuſte, und ſtieß ſich ſelbiges mit ſolcher Gewalt in die Bruſt hinein, daß der verzweiffelte Coͤrper ſogleich zur Erden ſtuͤr- tzen und ſeine ſchandbare Seele ausblaſen muſte. Meine verſchiedenen Gemuͤths-Bewegungen preſ- ſeten mir viele Thraͤnen aus den Augen, ohngeacht ich wohl wuſte, daß ſolche laſterhaffte Perſonen der- ſelben nicht werth waren, doch machte ich mit Huͤlf- fe meiner beyden Getreuen, ſo gleich auf der Stelle ein Loch, und ſcharrete das Aaß hinein. Hierauff durchſtreifften wir die Oſtliche Gegend, und fanden endlich nach langen Suchen die Huͤtte, worinnen die beyden Entleibten beyſammen lagen, das teuff- liſche Affen-Weib ſaß zwiſchen beyden inne, und wolte durchaus nicht von dannen weichen, weßwe- gen ich das ſchaͤndliche Thier gleich auf der Stelle
erſchoß,
P p 5
<TEI><text><back><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0615"n="601"/>
Nacht meine Cameraden ermordet, weil ſie mit mir<lb/>
um ein junges Affen-Weib Streit anfiengen. Der<lb/>
Weinbeer-und Palmen-Safft hatte uns raſend<lb/>
voll gemacht, ſie ſind beyde geſtorben, ich aber raſe<lb/>
noch, ſie ſind ihrer grauſamen Suͤnden wegen ab-<lb/>
geſtrafft, ich aber, der ich noch mehr als ſie geſuͤndi-<lb/>
get habe, erwarte von euch einen toͤdlichen Schuß,<lb/>
damit ich meiner Gewiſſens-Angſt auf einmahl loß<lb/>
komme.</p><lb/><p>Jch erſtaunete uͤber dergleichen entſetzliche Mord-<lb/>
Geſchicht, hieß ihn das Meſſer hinweg werffen und<lb/>
naͤher kommen, allein nachdem er gefragt: Ob ich<lb/>
ihn erſchieſſen wolle? und ich ihm zur Antwort ge-<lb/>
geben: Daß ich meine Haͤnde nicht mit ſeinem<lb/>
Blute beſudeln, ſondern ihn GOttes zeitlichen<lb/>
und ewigen Gerichten uͤberlaſſen wolle<hirendition="#i">;</hi> faſſete er<lb/>
das lange Meſſer in ſeine beyden Faͤuſte, und ſtieß<lb/>ſich ſelbiges mit ſolcher Gewalt in die Bruſt hinein,<lb/>
daß der verzweiffelte Coͤrper ſogleich zur Erden ſtuͤr-<lb/>
tzen und ſeine ſchandbare Seele ausblaſen muſte.<lb/>
Meine verſchiedenen Gemuͤths-Bewegungen preſ-<lb/>ſeten mir viele Thraͤnen aus den Augen, ohngeacht<lb/>
ich wohl wuſte, daß ſolche laſterhaffte Perſonen der-<lb/>ſelben nicht werth waren, doch machte ich mit Huͤlf-<lb/>
fe meiner beyden Getreuen, ſo gleich auf der Stelle<lb/>
ein Loch, und ſcharrete das Aaß hinein. Hierauff<lb/>
durchſtreifften wir die Oſtliche Gegend, und fanden<lb/>
endlich nach langen Suchen die Huͤtte, worinnen<lb/>
die beyden Entleibten beyſammen lagen, das teuff-<lb/>
liſche Affen-Weib ſaß zwiſchen beyden inne, und<lb/>
wolte durchaus nicht von dannen weichen, weßwe-<lb/>
gen ich das ſchaͤndliche Thier gleich auf der Stelle<lb/><fwplace="bottom"type="sig">P p 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">erſchoß,</fw><lb/></p></div></div></back></text></TEI>
[601/0615]
Nacht meine Cameraden ermordet, weil ſie mit mir
um ein junges Affen-Weib Streit anfiengen. Der
Weinbeer-und Palmen-Safft hatte uns raſend
voll gemacht, ſie ſind beyde geſtorben, ich aber raſe
noch, ſie ſind ihrer grauſamen Suͤnden wegen ab-
geſtrafft, ich aber, der ich noch mehr als ſie geſuͤndi-
get habe, erwarte von euch einen toͤdlichen Schuß,
damit ich meiner Gewiſſens-Angſt auf einmahl loß
komme.
Jch erſtaunete uͤber dergleichen entſetzliche Mord-
Geſchicht, hieß ihn das Meſſer hinweg werffen und
naͤher kommen, allein nachdem er gefragt: Ob ich
ihn erſchieſſen wolle? und ich ihm zur Antwort ge-
geben: Daß ich meine Haͤnde nicht mit ſeinem
Blute beſudeln, ſondern ihn GOttes zeitlichen
und ewigen Gerichten uͤberlaſſen wolle; faſſete er
das lange Meſſer in ſeine beyden Faͤuſte, und ſtieß
ſich ſelbiges mit ſolcher Gewalt in die Bruſt hinein,
daß der verzweiffelte Coͤrper ſogleich zur Erden ſtuͤr-
tzen und ſeine ſchandbare Seele ausblaſen muſte.
Meine verſchiedenen Gemuͤths-Bewegungen preſ-
ſeten mir viele Thraͤnen aus den Augen, ohngeacht
ich wohl wuſte, daß ſolche laſterhaffte Perſonen der-
ſelben nicht werth waren, doch machte ich mit Huͤlf-
fe meiner beyden Getreuen, ſo gleich auf der Stelle
ein Loch, und ſcharrete das Aaß hinein. Hierauff
durchſtreifften wir die Oſtliche Gegend, und fanden
endlich nach langen Suchen die Huͤtte, worinnen
die beyden Entleibten beyſammen lagen, das teuff-
liſche Affen-Weib ſaß zwiſchen beyden inne, und
wolte durchaus nicht von dannen weichen, weßwe-
gen ich das ſchaͤndliche Thier gleich auf der Stelle
erſchoß,
P p 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/615>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.