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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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scheine kommen liesse. Anderer Grimacen, ge-
zwungener Complimenten, affectirter Redens-Ar-
ten, Geberden und Leibes-Stellungen nicht zu ge-
dencken. Kurtz! dergleichen Wesen gab auch ei-
nem Fremden annoch von ferne zu verstehen, daß ei-
ne starcke Sympathie zwischen ihm und denjenigen
Creaturen sey, welche im Mertzen am meisten zu
schertzen pflegen, ja man hat, ich glaube aber zum
Schertz, versichern wollen, daß er nicht nur beständig
einen Zahn-Stocher von dergleichen Creatur, son-
dern so gar einen gantzen Laufft desselben im Schub-
sacke bey sich führete.

Diesem artigen Herrn nun mich adjungiren zu
lassen, gab sich mein Vetter bey dem Fürsten die
größte Mühwaltung. Da man aber gewisser Ur-
sachen wegen, gantz besondere Consideration vor
diesen allzu artigen Herrn bezeigte, und, damit er sich
ja nicht etwa disjoustirt befinden möchte, erstlich
Gelegenheit abwarten wolte, ihm solches mit einer
Manier bey zu bringen, vermuthete ich, daß mir sol-
chergestalt die Zeit etwas zu lang währen, auch da
es endlich ja angehen solte, keine gar zu gute Seide
mit diesem, meinem Temperamente durchaus con-
trai
ren Menschen spinnen würde, ließ mich also be-
reden, mit dem eintzigen Sohne eines vornehmen
Ministres, noch einmahl nach Halle zu gehen, und
folgenden Herbst und Winter über noch recht fleißig
zu studiren.

Es war dieses keine unebene Sache vor mich,
denn ausser dem, daß ich vor die Privat-Information
des jungen Cavaliers in allem defrayirt wurde, und
noch über dieses wöchentlich einen Thaler bekam,

ge-

ſcheine kommen lieſſe. Anderer Grimacen, ge-
zwungener Complimenten, affectirter Redens-Ar-
ten, Geberden und Leibes-Stellungen nicht zu ge-
dencken. Kurtz! dergleichen Weſen gab auch ei-
nem Fremden annoch von ferne zu verſtehen, daß ei-
ne ſtarcke Sympathie zwiſchen ihm und denjenigen
Creaturen ſey, welche im Mertzen am meiſten zu
ſchertzen pflegen, ja man hat, ich glaube aber zum
Schertz, verſichern wollen, daß er nicht nur beſtaͤndig
einen Zahn-Stocher von dergleichen Creatur, ſon-
dern ſo gar einen gantzen Laufft deſſelben im Schub-
ſacke bey ſich fuͤhrete.

Dieſem artigen Herrn nun mich adjungiren zu
laſſen, gab ſich mein Vetter bey dem Fuͤrſten die
groͤßte Muͤhwaltung. Da man aber gewiſſer Ur-
ſachen wegen, gantz beſondere Conſideration vor
dieſen allzu artigen Herrn bezeigte, und, damit er ſich
ja nicht etwa disjouſtirt befinden moͤchte, erſtlich
Gelegenheit abwarten wolte, ihm ſolches mit einer
Manier bey zu bringen, vermuthete ich, daß mir ſol-
chergeſtalt die Zeit etwas zu lang waͤhren, auch da
es endlich ja angehen ſolte, keine gar zu gute Seide
mit dieſem, meinem Temperamente durchaus con-
trai
ren Menſchen ſpinnen wuͤrde, ließ mich alſo be-
reden, mit dem eintzigen Sohne eines vornehmen
Miniſtres, noch einmahl nach Halle zu gehen, und
folgenden Herbſt und Winter uͤber noch recht fleißig
zu ſtudiren.

Es war dieſes keine unebene Sache vor mich,
denn auſſer dem, daß ich vor die Privat-Information
des jungen Cavaliers in allem defrayirt wurde, und
noch uͤber dieſes woͤchentlich einen Thaler bekam,

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[123/0137] ſcheine kommen lieſſe. Anderer Grimacen, ge- zwungener Complimenten, affectirter Redens-Ar- ten, Geberden und Leibes-Stellungen nicht zu ge- dencken. Kurtz! dergleichen Weſen gab auch ei- nem Fremden annoch von ferne zu verſtehen, daß ei- ne ſtarcke Sympathie zwiſchen ihm und denjenigen Creaturen ſey, welche im Mertzen am meiſten zu ſchertzen pflegen, ja man hat, ich glaube aber zum Schertz, verſichern wollen, daß er nicht nur beſtaͤndig einen Zahn-Stocher von dergleichen Creatur, ſon- dern ſo gar einen gantzen Laufft deſſelben im Schub- ſacke bey ſich fuͤhrete. Dieſem artigen Herrn nun mich adjungiren zu laſſen, gab ſich mein Vetter bey dem Fuͤrſten die groͤßte Muͤhwaltung. Da man aber gewiſſer Ur- ſachen wegen, gantz beſondere Conſideration vor dieſen allzu artigen Herrn bezeigte, und, damit er ſich ja nicht etwa disjouſtirt befinden moͤchte, erſtlich Gelegenheit abwarten wolte, ihm ſolches mit einer Manier bey zu bringen, vermuthete ich, daß mir ſol- chergeſtalt die Zeit etwas zu lang waͤhren, auch da es endlich ja angehen ſolte, keine gar zu gute Seide mit dieſem, meinem Temperamente durchaus con- trairen Menſchen ſpinnen wuͤrde, ließ mich alſo be- reden, mit dem eintzigen Sohne eines vornehmen Miniſtres, noch einmahl nach Halle zu gehen, und folgenden Herbſt und Winter uͤber noch recht fleißig zu ſtudiren. Es war dieſes keine unebene Sache vor mich, denn auſſer dem, daß ich vor die Privat-Information des jungen Cavaliers in allem defrayirt wurde, und noch uͤber dieſes woͤchentlich einen Thaler bekam, ge-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/137>, abgerufen am 25.11.2024.