Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

die nur aufs Tapet kommen könten, ein ausseror-
dentlich geschicktes Judicium zu fällen, und davon
noch vortrefflichere Specimina abzulegen, es kamen
aber selbige zuweilen nicht allein sehr unglücklich, son-
dern offtermahls gar absurd heraus. Jedoch hätte
seine Theorie in ein und andern Stücken endlich noch
so hingehen mögen, allein in der Praxi hatte er sich
bereits zu verschiedenen mahlen Verlachungs-wür-
dige Prostitution zugezogen, so daß ein vornehmer
und Grund-gelehrter Mann, ein solches Judicium
von ihm gefället: Dieser Künstler versuchte auf
des Fürsten Unkosten und mit dessen nicht ge-
ringen Schaden erstlich hinter die rechten
Sprünge zu kommen,
welches denn in der That
und Wahrheit mehr als zu gewiß eintreffen mochte.
Nächst dem war dieser Mensch der Philautie oder Ei-
gen-Liebe im höchsten Grad ergeben, indem nun aus
selbiger gemeiniglich ein enormer Hochmuth, und
aus diesem wiederum, nicht selten eine Charlatanerie
zu entstehen pflegt, so konte man an diesem Subjecto
eins wie das andere nur gar zu deutlich mercken,
denn wie mein Vetter sagte, so wisse er mit seinen
blonden Haaren nicht sattsam zu haseliren, bald
trüge er dieselbe krause, bald schlecht, bald steckte er
alle mit einander in einen mit gläntzenden Schmeltz
bekleckten Sammet-Beutel, bald knüpfe er sie in
1. 2. oder 3. Knoten, bald ließ er sie auf lächerliche
und wunderliche Art in Zöpfe flechten, bald trüge er
gar eine kohl-pechschwartze Peruque, die er zuweilen
sehr weiß, zu weilen auch in 4. Wochen gar nicht
pouderte, endlich abermahls wechselte, selbige weg-
würffe, und sein blondes Haar wiederum zum Vor-

scheine

die nur aufs Tapet kommen koͤnten, ein auſſeror-
dentlich geſchicktes Judicium zu faͤllen, und davon
noch vortrefflichere Specimina abzulegen, es kamen
aber ſelbige zuweilen nicht allein ſehr ungluͤcklich, ſon-
dern offtermahls gar abſurd heraus. Jedoch haͤtte
ſeine Theorie in ein und andern Stuͤcken endlich noch
ſo hingehen moͤgen, allein in der Praxi hatte er ſich
bereits zu verſchiedenen mahlen Verlachungs-wuͤr-
dige Proſtitution zugezogen, ſo daß ein vornehmer
und Grund-gelehrter Mann, ein ſolches Judicium
von ihm gefaͤllet: Dieſer Kuͤnſtler verſuchte auf
des Fuͤrſten Unkoſten und mit deſſen nicht ge-
ringen Schaden erſtlich hinter die rechten
Spruͤnge zu kommen,
welches denn in der That
und Wahrheit mehr als zu gewiß eintreffen mochte.
Naͤchſt dem war dieſer Menſch der Philautie oder Ei-
gen-Liebe im hoͤchſten Grad ergeben, indem nun aus
ſelbiger gemeiniglich ein enormer Hochmuth, und
aus dieſem wiederum, nicht ſelten eine Charlatanerie
zu entſtehen pflegt, ſo konte man an dieſem Subjecto
eins wie das andere nur gar zu deutlich mercken,
denn wie mein Vetter ſagte, ſo wiſſe er mit ſeinen
blonden Haaren nicht ſattſam zu haſeliren, bald
truͤge er dieſelbe krauſe, bald ſchlecht, bald ſteckte er
alle mit einander in einen mit glaͤntzenden Schmeltz
bekleckten Sammet-Beutel, bald knuͤpfe er ſie in
1. 2. oder 3. Knoten, bald ließ er ſie auf laͤcherliche
und wunderliche Art in Zoͤpfe flechten, bald truͤge er
gar eine kohl-pechſchwartze Peruque, die er zuweilen
ſehr weiß, zu weilen auch in 4. Wochen gar nicht
pouderte, endlich abermahls wechſelte, ſelbige weg-
wuͤrffe, und ſein blondes Haar wiederum zum Vor-

ſcheine
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0136" n="122"/>
die nur aufs <hi rendition="#aq">Tapet</hi> kommen ko&#x0364;nten, ein au&#x017F;&#x017F;eror-<lb/>
dentlich ge&#x017F;chicktes <hi rendition="#aq">Judicium</hi> zu fa&#x0364;llen, und davon<lb/>
noch vortrefflichere <hi rendition="#aq">Specimina</hi> abzulegen, es kamen<lb/>
aber &#x017F;elbige zuweilen nicht allein &#x017F;ehr unglu&#x0364;cklich, &#x017F;on-<lb/>
dern offtermahls gar <hi rendition="#aq">ab&#x017F;urd</hi> heraus. Jedoch ha&#x0364;tte<lb/>
&#x017F;eine <hi rendition="#aq">Theorie</hi> in ein und andern Stu&#x0364;cken endlich noch<lb/>
&#x017F;o hingehen mo&#x0364;gen, allein in der <hi rendition="#aq">Praxi</hi> hatte er &#x017F;ich<lb/>
bereits zu ver&#x017F;chiedenen mahlen Verlachungs-wu&#x0364;r-<lb/>
dige <hi rendition="#aq">Pro&#x017F;titution</hi> zugezogen, &#x017F;o daß ein vornehmer<lb/>
und Grund-gelehrter Mann, ein &#x017F;olches <hi rendition="#aq">Judicium</hi><lb/>
von ihm gefa&#x0364;llet: <hi rendition="#fr">Die&#x017F;er Ku&#x0364;n&#x017F;tler ver&#x017F;uchte auf<lb/>
des Fu&#x0364;r&#x017F;ten Unko&#x017F;ten und mit de&#x017F;&#x017F;en nicht ge-<lb/>
ringen Schaden er&#x017F;tlich hinter die rechten<lb/>
Spru&#x0364;nge zu kommen,</hi> welches denn in der That<lb/>
und Wahrheit mehr als zu gewiß eintreffen mochte.<lb/>
Na&#x0364;ch&#x017F;t dem war die&#x017F;er Men&#x017F;ch der <hi rendition="#aq">Philautie</hi> oder Ei-<lb/>
gen-Liebe im ho&#x0364;ch&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Grad</hi> ergeben, indem nun aus<lb/>
&#x017F;elbiger gemeiniglich ein <hi rendition="#aq">enormer</hi> Hochmuth, und<lb/>
aus die&#x017F;em wiederum, nicht &#x017F;elten eine <hi rendition="#aq">Charlataneri</hi>e<lb/>
zu ent&#x017F;tehen pflegt, &#x017F;o konte man an die&#x017F;em <hi rendition="#aq">Subjecto</hi><lb/>
eins wie das andere nur gar zu deutlich mercken,<lb/>
denn wie mein Vetter &#x017F;agte, &#x017F;o wi&#x017F;&#x017F;e er mit &#x017F;einen<lb/><hi rendition="#aq">blonden</hi> Haaren nicht &#x017F;att&#x017F;am zu <hi rendition="#aq">ha&#x017F;eli</hi>ren, bald<lb/>
tru&#x0364;ge er die&#x017F;elbe krau&#x017F;e, bald &#x017F;chlecht, bald &#x017F;teckte er<lb/>
alle mit einander in einen mit gla&#x0364;ntzenden Schmeltz<lb/>
bekleckten Sammet-Beutel, bald knu&#x0364;pfe er &#x017F;ie in<lb/>
1. 2. oder 3. Knoten, bald ließ er &#x017F;ie auf la&#x0364;cherliche<lb/>
und wunderliche Art in Zo&#x0364;pfe flechten, bald tru&#x0364;ge er<lb/>
gar eine kohl-pech&#x017F;chwartze <hi rendition="#aq">Peruque,</hi> die er zuweilen<lb/>
&#x017F;ehr weiß, zu weilen auch in 4. Wochen gar nicht<lb/><hi rendition="#aq">poude</hi>rte, endlich abermahls wech&#x017F;elte, &#x017F;elbige weg-<lb/>
wu&#x0364;rffe, und &#x017F;ein <hi rendition="#aq">blondes</hi> Haar wiederum zum Vor-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;cheine</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0136] die nur aufs Tapet kommen koͤnten, ein auſſeror- dentlich geſchicktes Judicium zu faͤllen, und davon noch vortrefflichere Specimina abzulegen, es kamen aber ſelbige zuweilen nicht allein ſehr ungluͤcklich, ſon- dern offtermahls gar abſurd heraus. Jedoch haͤtte ſeine Theorie in ein und andern Stuͤcken endlich noch ſo hingehen moͤgen, allein in der Praxi hatte er ſich bereits zu verſchiedenen mahlen Verlachungs-wuͤr- dige Proſtitution zugezogen, ſo daß ein vornehmer und Grund-gelehrter Mann, ein ſolches Judicium von ihm gefaͤllet: Dieſer Kuͤnſtler verſuchte auf des Fuͤrſten Unkoſten und mit deſſen nicht ge- ringen Schaden erſtlich hinter die rechten Spruͤnge zu kommen, welches denn in der That und Wahrheit mehr als zu gewiß eintreffen mochte. Naͤchſt dem war dieſer Menſch der Philautie oder Ei- gen-Liebe im hoͤchſten Grad ergeben, indem nun aus ſelbiger gemeiniglich ein enormer Hochmuth, und aus dieſem wiederum, nicht ſelten eine Charlatanerie zu entſtehen pflegt, ſo konte man an dieſem Subjecto eins wie das andere nur gar zu deutlich mercken, denn wie mein Vetter ſagte, ſo wiſſe er mit ſeinen blonden Haaren nicht ſattſam zu haſeliren, bald truͤge er dieſelbe krauſe, bald ſchlecht, bald ſteckte er alle mit einander in einen mit glaͤntzenden Schmeltz bekleckten Sammet-Beutel, bald knuͤpfe er ſie in 1. 2. oder 3. Knoten, bald ließ er ſie auf laͤcherliche und wunderliche Art in Zoͤpfe flechten, bald truͤge er gar eine kohl-pechſchwartze Peruque, die er zuweilen ſehr weiß, zu weilen auch in 4. Wochen gar nicht pouderte, endlich abermahls wechſelte, ſelbige weg- wuͤrffe, und ſein blondes Haar wiederum zum Vor- ſcheine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/136
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/136>, abgerufen am 25.11.2024.