Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

nun durchaus vor keinen andern Menschen,
als vor einen Edelmann gewachsen seyn, wel-
ches auch niemand verdencken wird, denn
es heist
simulus similus gautet aus Teutsch:

Gleich und gleich gesellt sich gern,
Ein' Quetschk hat keinen Schleen-Kern.

Jch solte zwar auch was neues berichten,
aber ich weiß nichts sonderliches, doch ja,
vor 3. Vertel Jahren, da ich Toffel Zaunste-
ckens Tochter
Annen, welche mit Melcher
Truthahns Sohne Tönnigesen in ein christ-
lich Ehe-Gelöbniß getreten war, in die
Braut-Messe läuten sollen, fuhr der Klöppel
aus der Glocke zum Schall-Loche heraus,
und hat Nachbar Erbs Micheln ein jung
Schwein todt geschlagen. Das war aber nur
eins, mir aber sind diesen Winter 3 Ferckel
auf einmahl erfroren, wodurch in sehr gros-
ses Leidwesen gesetzt worden, doch was
hilffts,
hodie michi cras tibe. Mein lieber Sohn
ist von dem Hällischen
Gymnastio wieder nach
Hause gekommen, er hat zwar nur bis
in quinda
gesessen, kan aber mehr als der beste Primaner,
die Leute sprechen nun, ich soll ihn auf die Un-
verstaedt
schicken, aber er hats nicht nöthig, ich
will ihn lieber mir
substiren lassen, denn ich
werde doch alle Tage älter, bin ich in dem
Dienste nicht verhungert, wird er auch nicht
verhungern. Jch schriebe gerne noch etwas
mehr, habe aber gewiß und wahrhafftig kein
Schnippelgen Papier mehr im Hause, und
in der Schencke sind sie schon zu Bette.

Wenn
i 2

nun durchaus vor keinen andern Menſchen,
als vor einen Edelmann gewachſen ſeyn, wel-
ches auch niemand verdencken wird, denn
es heiſt
ſimulus ſimilus gautet auſ Teutſch:

Gleich und gleich geſellt ſich gern,
Ein’ Quetſchk hat keinen Schleen-Kern.

Jch ſolte zwar auch was neues berichten,
aber ich weiß nichts ſonderliches, doch ja,
vor 3. Vertel Jahren, da ich Toffel Zaunſte-
ckens Tochter
Annen, welche mit Melcher
Truthahns Sohne Toͤnnigeſen in ein chriſt-
lich Ehe-Geloͤbniß getreten war, in die
Braut-Meſſe laͤuten ſollen, fuhr der Kloͤppel
aus der Glocke zum Schall-Loche heraus,
und hat Nachbar Erbs Micheln ein jung
Schwein todt geſchlagen. Das war aber nur
eins, mir aber ſind dieſen Winter 3 Ferckel
auf einmahl erfroren, wodurch in ſehr groſ-
ſes Leidweſen geſetzt worden, doch was
hilffts,
hodie michi cras tibe. Mein lieber Sohn
iſt von dem Haͤlliſchen
Gymnaſtio wieder nach
Hauſe gekommen, er hat zwar nur bis
in quinda
geſeſſen, kan aber mehr als der beſte Primaner,
die Leute ſprechen nun, ich ſoll ihn auf die Un-
verſtædt
ſchicken, aber er hats nicht noͤthig, ich
will ihn lieber mir
ſubſtiren laſſen, denn ich
werde doch alle Tage aͤlter, bin ich in dem
Dienſte nicht verhungert, wird er auch nicht
verhungern. Jch ſchriebe gerne noch etwas
mehr, habe aber gewiß und wahrhafftig kein
Schnippelgen Papier mehr im Hauſe, und
in der Schencke ſind ſie ſchon zu Bette.

Wenn
i 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <floatingText>
            <body>
              <div type="letter">
                <p>
                  <pb facs="#f0145" n="131"/> <hi rendition="#fr">nun durchaus vor keinen andern Men&#x017F;chen,<lb/>
als vor einen Edelmann gewach&#x017F;en &#x017F;eyn, wel-<lb/>
ches auch niemand verdencken wird, denn<lb/>
es hei&#x017F;t</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">&#x017F;imulus &#x017F;imilus gautet</hi> </hi> <hi rendition="#fr">au&#x017F; Teut&#x017F;ch:</hi> </p><lb/>
                <lg type="poem">
                  <l> <hi rendition="#fr">Gleich und gleich ge&#x017F;ellt &#x017F;ich gern,</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#fr">Ein&#x2019; Quet&#x017F;chk hat keinen Schleen-Kern.</hi> </l>
                </lg><lb/>
                <p> <hi rendition="#fr">Jch &#x017F;olte zwar auch was neues berichten,<lb/>
aber ich weiß nichts &#x017F;onderliches, doch ja,<lb/>
vor 3. Vertel Jahren, da ich Toffel Zaun&#x017F;te-<lb/>
ckens Tochter</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Annen,</hi> </hi> <hi rendition="#fr">welche mit Melcher<lb/>
Truthahns Sohne To&#x0364;nnige&#x017F;en in ein chri&#x017F;t-<lb/>
lich Ehe-Gelo&#x0364;bniß getreten war, in die<lb/>
Braut-Me&#x017F;&#x017F;e la&#x0364;uten &#x017F;ollen, fuhr der Klo&#x0364;ppel<lb/>
aus der Glocke zum Schall-Loche heraus,<lb/>
und hat Nachbar Erbs Micheln ein jung<lb/>
Schwein todt ge&#x017F;chlagen. Das war aber nur<lb/>
eins, mir aber &#x017F;ind die&#x017F;en Winter 3 Ferckel<lb/>
auf einmahl erfroren, wodurch in &#x017F;ehr gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;es Leidwe&#x017F;en ge&#x017F;etzt worden, doch was<lb/>
hilffts,</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">hodie michi cras tibe.</hi> </hi> <hi rendition="#fr">Mein lieber Sohn<lb/>
i&#x017F;t von dem Ha&#x0364;lli&#x017F;chen</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Gymna&#x017F;tio</hi> </hi> <hi rendition="#fr">wieder nach<lb/>
Hau&#x017F;e gekommen, er hat zwar nur bis</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">in quinda</hi> </hi><lb/> <hi rendition="#fr">ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en, kan aber mehr als der be&#x017F;te</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Primaner,</hi> </hi><lb/> <hi rendition="#fr">die Leute &#x017F;prechen nun, ich &#x017F;oll ihn auf die</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Un-<lb/>
ver&#x017F;tædt</hi> </hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;chicken, aber er hats nicht no&#x0364;thig, ich<lb/>
will ihn lieber mir</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">&#x017F;ub&#x017F;tiren</hi> </hi> <hi rendition="#fr">la&#x017F;&#x017F;en, denn ich<lb/>
werde doch alle Tage a&#x0364;lter, bin ich in dem<lb/>
Dien&#x017F;te nicht verhungert, wird er auch nicht<lb/>
verhungern. Jch &#x017F;chriebe gerne noch etwas<lb/>
mehr, habe aber gewiß und wahrhafftig kein<lb/>
Schnippelgen Papier mehr im Hau&#x017F;e, und<lb/>
in der Schencke &#x017F;ind &#x017F;ie &#x017F;chon zu Bette.</hi><lb/>
                  <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">i</hi> 2</fw>
                  <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Wenn</hi> </fw><lb/>
                </p>
              </div>
            </body>
          </floatingText>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0145] nun durchaus vor keinen andern Menſchen, als vor einen Edelmann gewachſen ſeyn, wel- ches auch niemand verdencken wird, denn es heiſt ſimulus ſimilus gautet auſ Teutſch: Gleich und gleich geſellt ſich gern, Ein’ Quetſchk hat keinen Schleen-Kern. Jch ſolte zwar auch was neues berichten, aber ich weiß nichts ſonderliches, doch ja, vor 3. Vertel Jahren, da ich Toffel Zaunſte- ckens Tochter Annen, welche mit Melcher Truthahns Sohne Toͤnnigeſen in ein chriſt- lich Ehe-Geloͤbniß getreten war, in die Braut-Meſſe laͤuten ſollen, fuhr der Kloͤppel aus der Glocke zum Schall-Loche heraus, und hat Nachbar Erbs Micheln ein jung Schwein todt geſchlagen. Das war aber nur eins, mir aber ſind dieſen Winter 3 Ferckel auf einmahl erfroren, wodurch in ſehr groſ- ſes Leidweſen geſetzt worden, doch was hilffts, hodie michi cras tibe. Mein lieber Sohn iſt von dem Haͤlliſchen Gymnaſtio wieder nach Hauſe gekommen, er hat zwar nur bis in quinda geſeſſen, kan aber mehr als der beſte Primaner, die Leute ſprechen nun, ich ſoll ihn auf die Un- verſtædt ſchicken, aber er hats nicht noͤthig, ich will ihn lieber mir ſubſtiren laſſen, denn ich werde doch alle Tage aͤlter, bin ich in dem Dienſte nicht verhungert, wird er auch nicht verhungern. Jch ſchriebe gerne noch etwas mehr, habe aber gewiß und wahrhafftig kein Schnippelgen Papier mehr im Hauſe, und in der Schencke ſind ſie ſchon zu Bette. Wenn i 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/145
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/145>, abgerufen am 24.11.2024.