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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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sen zu Hertzen, und weil er Charlotten von Jugend
auf nicht viel geringer als seine eigene Kinder ge-
liebt, erlaubt er zwar, daß sich Ferdinand weiter
um sie bemühen möchte, gibt aber anbey zu verste-
hen, daß er das Fräulein zu keiner Heyrath zwin-
gen, iedennoch auch bey seinen Lebzeiten nicht er-
lauben wolte, daß sie mich, oder einen andern, der
nicht adeliches Herkommens sey, zum Manne be-
kommen solte.

Solchergestalt wird die liebe Charlotte auf al-
len Seiten, und zwar von ihrem leiblichen Bruder
am meisten geplagt, bis endlich die Zeitung von
dem Rück-March der Sächsischen Trouppen ein-
läufft. Mein Avancement ist ihnen allerseits schon
bekandt, derowegen befürchten sie nicht ohne Ursa-
che, daß es Händel setzen möchte, schaffen also
Charlotten bey Zeiten weiter fort, zu einer ihrer
Anverwandten im Anhältischen, Allein die guten
Leute hatten doch ihre Sachen nicht klug genug an-
gestellet, weil ich, wie bereits gemeldet worden, gar
bald alles auskundschaffte. Ferdinand und August,
die man vor ein paar veritable Krippen-Reuter
und Schmarotzer halten konte, hatten einmahl pa-
troulli
ren und erkundigen wollen, ob Charlotte
etwas ferneres von mir vernommen, oder ob ich
mich etwa um selbige Gegend gezeiget, ihr auch vor-
geschwatzt, ich hätte Regiments-Gelder angegrif-
fen, und wäre mir dieserwegen der Degen vom
Stecken-Knecht vor dem Knie zerbrochen, um die
Ohren geschlagen, ich also als ein Schelm vom Re-
giment verjagt worden, allein sie kommen in allen
Stücken blind, Litzberg aber hatte das Vergnü-

gen,

ſen zu Hertzen, und weil er Charlotten von Jugend
auf nicht viel geringer als ſeine eigene Kinder ge-
liebt, erlaubt er zwar, daß ſich Ferdinand weiter
um ſie bemuͤhen moͤchte, gibt aber anbey zu verſte-
hen, daß er das Fraͤulein zu keiner Heyrath zwin-
gen, iedennoch auch bey ſeinen Lebzeiten nicht er-
lauben wolte, daß ſie mich, oder einen andern, der
nicht adeliches Herkommens ſey, zum Manne be-
kommen ſolte.

Solchergeſtalt wird die liebe Charlotte auf al-
len Seiten, und zwar von ihrem leiblichen Bruder
am meiſten geplagt, bis endlich die Zeitung von
dem Ruͤck-March der Saͤchſiſchen Trouppen ein-
laͤufft. Mein Avancement iſt ihnen allerſeits ſchon
bekandt, derowegen befuͤrchten ſie nicht ohne Urſa-
che, daß es Haͤndel ſetzen moͤchte, ſchaffen alſo
Charlotten bey Zeiten weiter fort, zu einer ihrer
Anverwandten im Anhaͤltiſchen, Allein die guten
Leute hatten doch ihre Sachen nicht klug genug an-
geſtellet, weil ich, wie bereits gemeldet worden, gar
bald alles auskundſchaffte. Ferdinand und Auguſt,
die man vor ein paar veritable Krippen-Reuter
und Schmarotzer halten konte, hatten einmahl pa-
troulli
ren und erkundigen wollen, ob Charlotte
etwas ferneres von mir vernommen, oder ob ich
mich etwa um ſelbige Gegend gezeiget, ihr auch vor-
geſchwatzt, ich haͤtte Regiments-Gelder angegrif-
fen, und waͤre mir dieſerwegen der Degen vom
Stecken-Knecht vor dem Knie zerbrochen, um die
Ohren geſchlagen, ich alſo als ein Schelm vom Re-
giment verjagt worden, allein ſie kommen in allen
Stuͤcken blind, Litzberg aber hatte das Vergnuͤ-

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[143/0157] ſen zu Hertzen, und weil er Charlotten von Jugend auf nicht viel geringer als ſeine eigene Kinder ge- liebt, erlaubt er zwar, daß ſich Ferdinand weiter um ſie bemuͤhen moͤchte, gibt aber anbey zu verſte- hen, daß er das Fraͤulein zu keiner Heyrath zwin- gen, iedennoch auch bey ſeinen Lebzeiten nicht er- lauben wolte, daß ſie mich, oder einen andern, der nicht adeliches Herkommens ſey, zum Manne be- kommen ſolte. Solchergeſtalt wird die liebe Charlotte auf al- len Seiten, und zwar von ihrem leiblichen Bruder am meiſten geplagt, bis endlich die Zeitung von dem Ruͤck-March der Saͤchſiſchen Trouppen ein- laͤufft. Mein Avancement iſt ihnen allerſeits ſchon bekandt, derowegen befuͤrchten ſie nicht ohne Urſa- che, daß es Haͤndel ſetzen moͤchte, ſchaffen alſo Charlotten bey Zeiten weiter fort, zu einer ihrer Anverwandten im Anhaͤltiſchen, Allein die guten Leute hatten doch ihre Sachen nicht klug genug an- geſtellet, weil ich, wie bereits gemeldet worden, gar bald alles auskundſchaffte. Ferdinand und Auguſt, die man vor ein paar veritable Krippen-Reuter und Schmarotzer halten konte, hatten einmahl pa- troulliren und erkundigen wollen, ob Charlotte etwas ferneres von mir vernommen, oder ob ich mich etwa um ſelbige Gegend gezeiget, ihr auch vor- geſchwatzt, ich haͤtte Regiments-Gelder angegrif- fen, und waͤre mir dieſerwegen der Degen vom Stecken-Knecht vor dem Knie zerbrochen, um die Ohren geſchlagen, ich alſo als ein Schelm vom Re- giment verjagt worden, allein ſie kommen in allen Stuͤcken blind, Litzberg aber hatte das Vergnuͤ- gen,

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/157>, abgerufen am 23.11.2024.