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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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hertzigkeit ebenfalls gewahr werden mußte, ehe er sein
Gespräch also fortsetzen konte:

Sie werden, meine Herren, ohne schwer selbst
begreiffen, wie mir elenden und alles Trosts un-
fähigen Menschen zu Muthe gewesen, derowegen
will nichts davon gedencken. Der von P. ** hatte
sich einige Minuten eher als meine Charlotte ver-
blutet, mithin zugleich die Bitterkeit des zeitlichen
Todes überstanden. Ob ihm vor seinem Ende diese
verdammte Mordthat gereuet hat? weiß ich nicht,
denn ich habe weiter kein Wort aus seinem Mun-
de gehört, doch soll er zu seinem Diener, der ihm
die Wunde zustopfen wollen, gesagt haben: Laß
mich in Ruhe, es ist alles umsonst, ich muß
sterben.

Jch vor meine Person, wolte durchaus den
entseelten Cörper meiner hertzlich Geliebten in das
nächste Dorff oder Stadt begleiten, und daselbst
zur Erden bestatten lassen; Allein meine zwey Com-
pagnons
wandten allen Fleiß an, mich daran zu
verhindern, vielmehr zur schleunigen Flucht zu be-
reden, selbst die Diener meines entleibten Mit-
Buhlers sagten: Ach Monsieur! rettet in GOt-
tes Nahmen euer Leben mit der Flucht, denn uns
wird mit eurem Blute wenig gedienet seyn, be-
kommt man euch in hiesigen Landen einmahl in
Arrest, so siehts um euren Kopf gefährlich aus.
Endlich kam ich mit grosser Mühe zu einigem Ver-
stande, zohe das Mägdgen meiner seligen Liebste
auf die Seite, und gab derselben ein und andere
verwirrte Rathschläge, bat sie, wenn ihrer Ge-
bieterin der letzte Liebes-Dienst geleistet worden,

bey

hertzigkeit ebenfalls gewahr werden mußte, ehe er ſein
Geſpraͤch alſo fortſetzen konte:

Sie werden, meine Herren, ohne ſchwer ſelbſt
begreiffen, wie mir elenden und alles Troſts un-
faͤhigen Menſchen zu Muthe geweſen, derowegen
will nichts davon gedencken. Der von P. ** hatte
ſich einige Minuten eher als meine Charlotte ver-
blutet, mithin zugleich die Bitterkeit des zeitlichen
Todes uͤberſtanden. Ob ihm vor ſeinem Ende dieſe
verdammte Mordthat gereuet hat? weiß ich nicht,
denn ich habe weiter kein Wort aus ſeinem Mun-
de gehoͤrt, doch ſoll er zu ſeinem Diener, der ihm
die Wunde zuſtopfen wollen, geſagt haben: Laß
mich in Ruhe, es iſt alles umſonſt, ich muß
ſterben.

Jch vor meine Perſon, wolte durchaus den
entſeelten Coͤrper meiner hertzlich Geliebten in das
naͤchſte Dorff oder Stadt begleiten, und daſelbſt
zur Erden beſtatten laſſen; Allein meine zwey Com-
pagnons
wandten allen Fleiß an, mich daran zu
verhindern, vielmehr zur ſchleunigen Flucht zu be-
reden, ſelbſt die Diener meines entleibten Mit-
Buhlers ſagten: Ach Monſieur! rettet in GOt-
tes Nahmen euer Leben mit der Flucht, denn uns
wird mit eurem Blute wenig gedienet ſeyn, be-
kommt man euch in hieſigen Landen einmahl in
Arreſt, ſo ſiehts um euren Kopf gefaͤhrlich aus.
Endlich kam ich mit groſſer Muͤhe zu einigem Ver-
ſtande, zohe das Maͤgdgen meiner ſeligen Liebſte
auf die Seite, und gab derſelben ein und andere
verwirrte Rathſchlaͤge, bat ſie, wenn ihrer Ge-
bieterin der letzte Liebes-Dienſt geleiſtet worden,

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[154/0168] hertzigkeit ebenfalls gewahr werden mußte, ehe er ſein Geſpraͤch alſo fortſetzen konte: Sie werden, meine Herren, ohne ſchwer ſelbſt begreiffen, wie mir elenden und alles Troſts un- faͤhigen Menſchen zu Muthe geweſen, derowegen will nichts davon gedencken. Der von P. ** hatte ſich einige Minuten eher als meine Charlotte ver- blutet, mithin zugleich die Bitterkeit des zeitlichen Todes uͤberſtanden. Ob ihm vor ſeinem Ende dieſe verdammte Mordthat gereuet hat? weiß ich nicht, denn ich habe weiter kein Wort aus ſeinem Mun- de gehoͤrt, doch ſoll er zu ſeinem Diener, der ihm die Wunde zuſtopfen wollen, geſagt haben: Laß mich in Ruhe, es iſt alles umſonſt, ich muß ſterben. Jch vor meine Perſon, wolte durchaus den entſeelten Coͤrper meiner hertzlich Geliebten in das naͤchſte Dorff oder Stadt begleiten, und daſelbſt zur Erden beſtatten laſſen; Allein meine zwey Com- pagnons wandten allen Fleiß an, mich daran zu verhindern, vielmehr zur ſchleunigen Flucht zu be- reden, ſelbſt die Diener meines entleibten Mit- Buhlers ſagten: Ach Monſieur! rettet in GOt- tes Nahmen euer Leben mit der Flucht, denn uns wird mit eurem Blute wenig gedienet ſeyn, be- kommt man euch in hieſigen Landen einmahl in Arreſt, ſo ſiehts um euren Kopf gefaͤhrlich aus. Endlich kam ich mit groſſer Muͤhe zu einigem Ver- ſtande, zohe das Maͤgdgen meiner ſeligen Liebſte auf die Seite, und gab derſelben ein und andere verwirrte Rathſchlaͤge, bat ſie, wenn ihrer Ge- bieterin der letzte Liebes-Dienſt geleiſtet worden, bey

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/168>, abgerufen am 23.11.2024.