Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

dentens Wohnung in eine Thor-Fahrt, entblöste
seine Esquadronir-Klinge, und hieb, auf dermassen
verzweifelte Art, die creutze und die quere in die
heroische Brüderschafft hinein, daß selbige an
nichts weniger, als an die Gegenwehr zu gedencken
schien, sondern sich auf die Flucht begab. Hier-
mit aber war es noch nicht genug, sondern er ver-
folget dieselbe dermassen furieus, daß von 10. oder
12. Personen, nicht zwey bey einander bleiben dürf-
fen, worauf er sans passion zurücke gehet, und sei-
nen Rock wieder anziehet, mich aber bey seinem
blessirten Stuben-Purschen antraff, und die gan-
tze Geschicht ohne eintzige Prahlerey erzehlete. Der-
gleichen Courage hätte ich meines theils bey keinem
Menschen, am allerwenigsten aber bey diesem ge-
sucht, denn er schien eben der stärckste nicht zu seyn,
war aber doch mittlerer Taille, ziemlich untersetzt,
und etwas unter 3. Jahren auf der Universität,
vorhero aber auf dem Gymnasio zu Zeitz gewesen,
allwo er verschiedenemahl Gelegenheit gehabt sich
mit den Soldaten herum zuschlagen, welches die
häßlichen Narben auf seinem Kopfe des mehrern
bezeugten. Wie gesagt, ich hätte dergleichen hertz-
hafften Streich nimmermehr geglaubt, wenn nicht
das meiste selbst mit Augen gesehen, und in darauf
folgenden Tagen die Confirmation von allen, die
um selbige Gegend wohneten, gehöret hätte.

Jnzwischen war die gantze heroische Brüder-
schafft zum größten Gelächter aller Menschen auf
einmahl zerstreuet worden, ich aber machte mit
diesem resoluten Studioso die vertrauteste Freund-
schafft, weil selbiger meinen Gedancken nach, mir

zum

dentens Wohnung in eine Thor-Fahrt, entbloͤſte
ſeine Eſquadronir-Klinge, und hieb, auf dermaſſen
verzweifelte Art, die creutze und die quere in die
heroiſche Bruͤderſchafft hinein, daß ſelbige an
nichts weniger, als an die Gegenwehr zu gedencken
ſchien, ſondern ſich auf die Flucht begab. Hier-
mit aber war es noch nicht genug, ſondern er ver-
folget dieſelbe dermaſſen furieus, daß von 10. oder
12. Perſonen, nicht zwey bey einander bleiben duͤrf-
fen, worauf er ſans paſſion zuruͤcke gehet, und ſei-
nen Rock wieder anziehet, mich aber bey ſeinem
bleſſirten Stuben-Purſchen antraff, und die gan-
tze Geſchicht ohne eintzige Prahlerey erzehlete. Der-
gleichen Courage haͤtte ich meines theils bey keinem
Menſchen, am allerwenigſten aber bey dieſem ge-
ſucht, denn er ſchien eben der ſtaͤrckſte nicht zu ſeyn,
war aber doch mittlerer Taille, ziemlich unterſetzt,
und etwas unter 3. Jahren auf der Univerſitaͤt,
vorhero aber auf dem Gymnaſio zu Zeitz geweſen,
allwo er verſchiedenemahl Gelegenheit gehabt ſich
mit den Soldaten herum zuſchlagen, welches die
haͤßlichen Narben auf ſeinem Kopfe des mehrern
bezeugten. Wie geſagt, ich haͤtte dergleichen hertz-
hafften Streich nimmermehr geglaubt, wenn nicht
das meiſte ſelbſt mit Augen geſehen, und in darauf
folgenden Tagen die Confirmation von allen, die
um ſelbige Gegend wohneten, gehoͤret haͤtte.

Jnzwiſchen war die gantze heroiſche Bruͤder-
ſchafft zum groͤßten Gelaͤchter aller Menſchen auf
einmahl zerſtreuet worden, ich aber machte mit
dieſem reſoluten Studioſo die vertrauteſte Freund-
ſchafft, weil ſelbiger meinen Gedancken nach, mir

zum
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0222" n="208"/><hi rendition="#aq">dent</hi>ens Wohnung in eine Thor-Fahrt, entblo&#x0364;&#x017F;te<lb/>
&#x017F;eine <hi rendition="#aq">E&#x017F;quadronir-</hi>Klinge, und hieb, auf derma&#x017F;&#x017F;en<lb/>
verzweifelte Art, die creutze und die quere in die<lb/><hi rendition="#aq">heroi</hi>&#x017F;che Bru&#x0364;der&#x017F;chafft hinein, daß &#x017F;elbige an<lb/>
nichts weniger, als an die Gegenwehr zu gedencken<lb/>
&#x017F;chien, &#x017F;ondern &#x017F;ich auf die Flucht begab. Hier-<lb/>
mit aber war es noch nicht genug, &#x017F;ondern er ver-<lb/>
folget die&#x017F;elbe derma&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">furieus,</hi> daß von 10. oder<lb/>
12. Per&#x017F;onen, nicht zwey bey einander bleiben du&#x0364;rf-<lb/>
fen, worauf er <hi rendition="#aq">&#x017F;ans pa&#x017F;&#x017F;ion</hi> zuru&#x0364;cke gehet, und &#x017F;ei-<lb/>
nen Rock wieder anziehet, mich aber bey &#x017F;einem<lb/><hi rendition="#aq">ble&#x017F;&#x017F;ir</hi>ten Stuben-Pur&#x017F;chen antraff, und die gan-<lb/>
tze Ge&#x017F;chicht ohne eintzige Prahlerey erzehlete. Der-<lb/>
gleichen <hi rendition="#aq">Courage</hi> ha&#x0364;tte ich meines theils bey keinem<lb/>
Men&#x017F;chen, am allerwenig&#x017F;ten aber bey die&#x017F;em ge-<lb/>
&#x017F;ucht, denn er &#x017F;chien eben der &#x017F;ta&#x0364;rck&#x017F;te nicht zu &#x017F;eyn,<lb/>
war aber doch mittlerer <hi rendition="#aq">Taille,</hi> ziemlich unter&#x017F;etzt,<lb/>
und etwas unter 3. Jahren auf der <hi rendition="#aq">Univer&#x017F;it</hi>a&#x0364;t,<lb/>
vorhero aber auf dem <hi rendition="#aq">Gymna&#x017F;io</hi> zu Zeitz gewe&#x017F;en,<lb/>
allwo er ver&#x017F;chiedenemahl Gelegenheit gehabt &#x017F;ich<lb/>
mit den Soldaten herum zu&#x017F;chlagen, welches die<lb/>
ha&#x0364;ßlichen Narben auf &#x017F;einem Kopfe des mehrern<lb/>
bezeugten. Wie ge&#x017F;agt, ich ha&#x0364;tte dergleichen hertz-<lb/>
hafften Streich nimmermehr geglaubt, wenn nicht<lb/>
das mei&#x017F;te &#x017F;elb&#x017F;t mit Augen ge&#x017F;ehen, und in darauf<lb/>
folgenden Tagen die <hi rendition="#aq">Confirmation</hi> von allen, die<lb/>
um &#x017F;elbige Gegend wohneten, geho&#x0364;ret ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>Jnzwi&#x017F;chen war die gantze <hi rendition="#aq">heroi</hi>&#x017F;che Bru&#x0364;der-<lb/>
&#x017F;chafft zum gro&#x0364;ßten Gela&#x0364;chter aller Men&#x017F;chen auf<lb/>
einmahl zer&#x017F;treuet worden, ich aber machte mit<lb/>
die&#x017F;em <hi rendition="#aq">re&#x017F;olut</hi>en <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;o</hi> die vertraute&#x017F;te Freund-<lb/>
&#x017F;chafft, weil &#x017F;elbiger meinen Gedancken nach, mir<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zum</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0222] dentens Wohnung in eine Thor-Fahrt, entbloͤſte ſeine Eſquadronir-Klinge, und hieb, auf dermaſſen verzweifelte Art, die creutze und die quere in die heroiſche Bruͤderſchafft hinein, daß ſelbige an nichts weniger, als an die Gegenwehr zu gedencken ſchien, ſondern ſich auf die Flucht begab. Hier- mit aber war es noch nicht genug, ſondern er ver- folget dieſelbe dermaſſen furieus, daß von 10. oder 12. Perſonen, nicht zwey bey einander bleiben duͤrf- fen, worauf er ſans paſſion zuruͤcke gehet, und ſei- nen Rock wieder anziehet, mich aber bey ſeinem bleſſirten Stuben-Purſchen antraff, und die gan- tze Geſchicht ohne eintzige Prahlerey erzehlete. Der- gleichen Courage haͤtte ich meines theils bey keinem Menſchen, am allerwenigſten aber bey dieſem ge- ſucht, denn er ſchien eben der ſtaͤrckſte nicht zu ſeyn, war aber doch mittlerer Taille, ziemlich unterſetzt, und etwas unter 3. Jahren auf der Univerſitaͤt, vorhero aber auf dem Gymnaſio zu Zeitz geweſen, allwo er verſchiedenemahl Gelegenheit gehabt ſich mit den Soldaten herum zuſchlagen, welches die haͤßlichen Narben auf ſeinem Kopfe des mehrern bezeugten. Wie geſagt, ich haͤtte dergleichen hertz- hafften Streich nimmermehr geglaubt, wenn nicht das meiſte ſelbſt mit Augen geſehen, und in darauf folgenden Tagen die Confirmation von allen, die um ſelbige Gegend wohneten, gehoͤret haͤtte. Jnzwiſchen war die gantze heroiſche Bruͤder- ſchafft zum groͤßten Gelaͤchter aller Menſchen auf einmahl zerſtreuet worden, ich aber machte mit dieſem reſoluten Studioſo die vertrauteſte Freund- ſchafft, weil ſelbiger meinen Gedancken nach, mir zum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/222
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/222>, abgerufen am 24.11.2024.