zum Schilde wider alle dergleichen Verfolgungen dienen konte. Er hatte nicht sonderlich viel in bo- nis, da ich aber durch ihn in kurtzen zu schönen Geld- Verdienste gelangete, wurde er von mir nicht allein nach meinem Vermögen dann und wann mit Gel- de fournirt, sondern in allen Compagnien, wo er bey mir war, frey gehalten. Jedoch auf solche Manier, lernete ich wöchentlich zwey, drey, auch wohl 4. mahl auf die Dörffer spaziren, und mei- nen bisherigen Fleiß, der wegen täglicher Liebes- Grillen ohnedem schon einigen Abbruch gelitten, noch weiter stärcker hemmen. Aber was wurde draus? erstlich ein lustiger Pursche, hernach ein nasser Bruder, weiter ein Craqueler, und endlich ein desperater Kerl. Denn einsmahls, da ich mich auf einem nahgelegenen Dorffe unter lustiger Compagnie befand, kamen auch ihrer fünffe von der ehemaligen heroischen Brüderschafft in unsern Saal getreten. Mir machten sie keine Sorge, denn da ich dero besondere Hertzhafftigkeit einmahl auf der Probe gesehen, trug mein, von Bier und Wein ziemlich angefeureter Geist, nicht das allergeringste Bedencken, mit ihnen anzubinden, ohngeacht mein ehemahliger Vorfechter diesesmahl nicht mit zuge- gen war. Es währete nicht lange, so wurden aller- hand Stichel-Reden gewechselt, welche ich und meine Anhänger mit gleicher Müntze bezahleten, endlich aber, da die Worte fielen: daß sich heute zu Tage ein ieder Bartscheerer vom Doctor-Hute wolte träumen lassen, wurde dem Fasse der Boden ausgestossen. Meine 4. Anhänger waren so glück- lich, ihre 4. Gegner zur Thür hinaus zu fuchteln,
ich
II.Theil. o
zum Schilde wider alle dergleichen Verfolgungen dienen konte. Er hatte nicht ſonderlich viel in bo- nis, da ich aber durch ihn in kurtzen zu ſchoͤnen Geld- Verdienſte gelangete, wurde er von mir nicht allein nach meinem Vermoͤgen dann und wann mit Gel- de fournirt, ſondern in allen Compagnien, wo er bey mir war, frey gehalten. Jedoch auf ſolche Manier, lernete ich woͤchentlich zwey, drey, auch wohl 4. mahl auf die Doͤrffer ſpaziren, und mei- nen bisherigen Fleiß, der wegen taͤglicher Liebes- Grillen ohnedem ſchon einigen Abbruch gelitten, noch weiter ſtaͤrcker hemmen. Aber was wurde draus? erſtlich ein luſtiger Purſche, hernach ein naſſer Bruder, weiter ein Craqueler, und endlich ein deſperater Kerl. Denn einsmahls, da ich mich auf einem nahgelegenen Dorffe unter luſtiger Compagnie befand, kamen auch ihrer fuͤnffe von der ehemaligen heroiſchen Bruͤderſchafft in unſern Saal getreten. Mir machten ſie keine Sorge, denn da ich dero beſondere Hertzhafftigkeit einmahl auf der Probe geſehen, trug mein, von Bier und Wein ziemlich angefeureter Geiſt, nicht das allergeringſte Bedencken, mit ihnen anzubinden, ohngeacht mein ehemahliger Vorfechter dieſesmahl nicht mit zuge- gen war. Es waͤhrete nicht lange, ſo wurden aller- hand Stichel-Reden gewechſelt, welche ich und meine Anhaͤnger mit gleicher Muͤntze bezahleten, endlich aber, da die Worte fielen: daß ſich heute zu Tage ein ieder Bartſcheerer vom Doctor-Hute wolte traͤumen laſſen, wurde dem Faſſe der Boden ausgeſtoſſen. Meine 4. Anhaͤnger waren ſo gluͤck- lich, ihre 4. Gegner zur Thuͤr hinaus zu fuchteln,
ich
II.Theil. o
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0223"n="209"/>
zum Schilde wider alle dergleichen Verfolgungen<lb/>
dienen konte. Er hatte nicht ſonderlich viel in <hirendition="#aq">bo-<lb/>
nis,</hi> da ich aber durch ihn in kurtzen zu ſchoͤnen Geld-<lb/>
Verdienſte gelangete, wurde er von mir nicht allein<lb/>
nach meinem Vermoͤgen dann und wann mit Gel-<lb/>
de <hirendition="#aq">fourni</hi>rt, ſondern in allen <hirendition="#aq">Compagni</hi>en, wo er<lb/>
bey mir war, frey gehalten. Jedoch auf ſolche<lb/>
Manier, lernete ich woͤchentlich zwey, drey, auch<lb/>
wohl 4. mahl auf die Doͤrffer <hirendition="#aq">ſpazir</hi>en, und mei-<lb/>
nen bisherigen Fleiß, der wegen taͤglicher Liebes-<lb/>
Grillen ohnedem ſchon einigen Abbruch gelitten,<lb/>
noch weiter ſtaͤrcker hemmen. Aber was wurde<lb/>
draus? erſtlich ein luſtiger Purſche, hernach ein<lb/>
naſſer Bruder, weiter ein <hirendition="#aq">Craquel</hi>er, und endlich<lb/>
ein <hirendition="#aq">deſperat</hi>er Kerl. Denn einsmahls, da ich mich<lb/>
auf einem nahgelegenen Dorffe unter luſtiger<lb/><hirendition="#aq">Compagnie</hi> befand, kamen auch ihrer fuͤnffe von<lb/>
der ehemaligen <hirendition="#aq">heroi</hi>ſchen Bruͤderſchafft in unſern<lb/>
Saal getreten. Mir machten ſie keine Sorge, denn<lb/>
da ich dero beſondere Hertzhafftigkeit einmahl auf<lb/>
der Probe geſehen, trug mein, von Bier und Wein<lb/>
ziemlich angefeureter Geiſt, nicht das allergeringſte<lb/>
Bedencken, mit ihnen anzubinden, ohngeacht mein<lb/>
ehemahliger Vorfechter dieſesmahl nicht mit zuge-<lb/>
gen war. Es waͤhrete nicht lange, ſo wurden aller-<lb/>
hand Stichel-Reden gewechſelt, welche ich und<lb/>
meine Anhaͤnger mit gleicher Muͤntze bezahleten,<lb/>
endlich aber, da die Worte fielen: daß ſich heute zu<lb/>
Tage ein ieder Bartſcheerer vom <hirendition="#aq">Doctor-</hi>Hute<lb/>
wolte traͤumen laſſen, wurde dem Faſſe der Boden<lb/>
ausgeſtoſſen. Meine 4. Anhaͤnger waren ſo gluͤck-<lb/>
lich, ihre 4. Gegner zur Thuͤr hinaus zu fuchteln,<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">II.</hi><hirendition="#fr">Theil.</hi> o</fw><fwplace="bottom"type="catch">ich</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[209/0223]
zum Schilde wider alle dergleichen Verfolgungen
dienen konte. Er hatte nicht ſonderlich viel in bo-
nis, da ich aber durch ihn in kurtzen zu ſchoͤnen Geld-
Verdienſte gelangete, wurde er von mir nicht allein
nach meinem Vermoͤgen dann und wann mit Gel-
de fournirt, ſondern in allen Compagnien, wo er
bey mir war, frey gehalten. Jedoch auf ſolche
Manier, lernete ich woͤchentlich zwey, drey, auch
wohl 4. mahl auf die Doͤrffer ſpaziren, und mei-
nen bisherigen Fleiß, der wegen taͤglicher Liebes-
Grillen ohnedem ſchon einigen Abbruch gelitten,
noch weiter ſtaͤrcker hemmen. Aber was wurde
draus? erſtlich ein luſtiger Purſche, hernach ein
naſſer Bruder, weiter ein Craqueler, und endlich
ein deſperater Kerl. Denn einsmahls, da ich mich
auf einem nahgelegenen Dorffe unter luſtiger
Compagnie befand, kamen auch ihrer fuͤnffe von
der ehemaligen heroiſchen Bruͤderſchafft in unſern
Saal getreten. Mir machten ſie keine Sorge, denn
da ich dero beſondere Hertzhafftigkeit einmahl auf
der Probe geſehen, trug mein, von Bier und Wein
ziemlich angefeureter Geiſt, nicht das allergeringſte
Bedencken, mit ihnen anzubinden, ohngeacht mein
ehemahliger Vorfechter dieſesmahl nicht mit zuge-
gen war. Es waͤhrete nicht lange, ſo wurden aller-
hand Stichel-Reden gewechſelt, welche ich und
meine Anhaͤnger mit gleicher Muͤntze bezahleten,
endlich aber, da die Worte fielen: daß ſich heute zu
Tage ein ieder Bartſcheerer vom Doctor-Hute
wolte traͤumen laſſen, wurde dem Faſſe der Boden
ausgeſtoſſen. Meine 4. Anhaͤnger waren ſo gluͤck-
lich, ihre 4. Gegner zur Thuͤr hinaus zu fuchteln,
ich
II. Theil. o
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/223>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.