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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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mir mein Concept gewaltig verrückt, da mich ohn-
gefähr 8. oder 9. Meilen von meiner Geburts-
Stadt, beym Post-Wechsel, ein Troupp Solda-
ten umringete, nebst meinen bey mir habenden Sa-
chen, auf einen andern Wagen setzte, über Stock
und Stiel fortführete, und endlich in einer ziemli-
chen Vestung auf die Hauptwache lieferte. Was
mir daselbst vor Schmach und Quaal angethan
worden, da ich durchaus nicht willigen wolte, eine
Musquete auf die Schulter zu nehmen, ist wahr-
hafftig nicht auszufprechen, mein Vorschlag war
iedennoch, 500. Thlr. vor den Abschied zugeben,
und da solches verweigert wurde, einen Feldscheers-
Dienst anzunehmen, auch auf 3. oder 4. Jahr zu
capituliren, allein es war alles vergebens, denn die
Officiers sagten mir frey ins Gesichte, daß sie eben
keine lang gewachsenen Feldscheers, wohl aber lange
Musquetirs brauchten. Endlich da ich 2. Tage und
3. Nachte krumm zusammen gebunden, unter der
Pritsche schwitzen müssen, und kein anderes Laabsal
oder Nahrungs-Mittel empfangen hatte, als He-
rings-Köpfe welche mir einmahl über das andere
in den Mund gesteckt wurden, war es unmöglich,
die Marter länger auszustehen, sondern ich mußte
mich endlich entschliessen, einen höchstgezwungenen
Eyd zur Kriegs-Fahne abzulegen. Nun hätte sich
zwar nach und nach vielleicht die Gedult bey mir ein-
gefunden, diesem widerwärtigen Verhängnisse so
lange stille zu halten, bis sich mit der Zeit Gelegen-
heit gefunden, selbiges mit guter Manier zu verbes-
sern, allein das unerhört grausame Tractament,
welches ich alltäglich von den Unter-Officiers, und

son-

mir mein Concept gewaltig verruͤckt, da mich ohn-
gefaͤhr 8. oder 9. Meilen von meiner Geburts-
Stadt, beym Poſt-Wechſel, ein Troupp Solda-
ten umringete, nebſt meinen bey mir habenden Sa-
chen, auf einen andern Wagen ſetzte, uͤber Stock
und Stiel fortfuͤhrete, und endlich in einer ziemli-
chen Veſtung auf die Hauptwache lieferte. Was
mir daſelbſt vor Schmach und Quaal angethan
worden, da ich durchaus nicht willigen wolte, eine
Muſquete auf die Schulter zu nehmen, iſt wahr-
hafftig nicht auszufprechen, mein Vorſchlag war
iedennoch, 500. Thlr. vor den Abſchied zugeben,
und da ſolches verweigert wurde, einen Feldſcheers-
Dienſt anzunehmen, auch auf 3. oder 4. Jahr zu
capituliren, allein es war alles vergebens, denn die
Officiers ſagten mir frey ins Geſichte, daß ſie eben
keine lang gewachſenen Feldſcheers, wohl aber lange
Muſquetirs brauchten. Endlich da ich 2. Tage und
3. Nachte krumm zuſammen gebunden, unter der
Pritſche ſchwitzen muͤſſen, und kein anderes Laabſal
oder Nahrungs-Mittel empfangen hatte, als He-
rings-Koͤpfe welche mir einmahl uͤber das andere
in den Mund geſteckt wurden, war es unmoͤglich,
die Marter laͤnger auszuſtehen, ſondern ich mußte
mich endlich entſchlieſſen, einen hoͤchſtgezwungenen
Eyd zur Kriegs-Fahne abzulegen. Nun haͤtte ſich
zwar nach und nach vielleicht die Gedult bey mir ein-
gefunden, dieſem widerwaͤrtigen Verhaͤngniſſe ſo
lange ſtille zu halten, bis ſich mit der Zeit Gelegen-
heit gefunden, ſelbiges mit guter Manier zu verbeſ-
ſern, allein das unerhoͤrt grauſame Tractament,
welches ich alltaͤglich von den Unter-Officiers, und

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[214/0228] mir mein Concept gewaltig verruͤckt, da mich ohn- gefaͤhr 8. oder 9. Meilen von meiner Geburts- Stadt, beym Poſt-Wechſel, ein Troupp Solda- ten umringete, nebſt meinen bey mir habenden Sa- chen, auf einen andern Wagen ſetzte, uͤber Stock und Stiel fortfuͤhrete, und endlich in einer ziemli- chen Veſtung auf die Hauptwache lieferte. Was mir daſelbſt vor Schmach und Quaal angethan worden, da ich durchaus nicht willigen wolte, eine Muſquete auf die Schulter zu nehmen, iſt wahr- hafftig nicht auszufprechen, mein Vorſchlag war iedennoch, 500. Thlr. vor den Abſchied zugeben, und da ſolches verweigert wurde, einen Feldſcheers- Dienſt anzunehmen, auch auf 3. oder 4. Jahr zu capituliren, allein es war alles vergebens, denn die Officiers ſagten mir frey ins Geſichte, daß ſie eben keine lang gewachſenen Feldſcheers, wohl aber lange Muſquetirs brauchten. Endlich da ich 2. Tage und 3. Nachte krumm zuſammen gebunden, unter der Pritſche ſchwitzen muͤſſen, und kein anderes Laabſal oder Nahrungs-Mittel empfangen hatte, als He- rings-Koͤpfe welche mir einmahl uͤber das andere in den Mund geſteckt wurden, war es unmoͤglich, die Marter laͤnger auszuſtehen, ſondern ich mußte mich endlich entſchlieſſen, einen hoͤchſtgezwungenen Eyd zur Kriegs-Fahne abzulegen. Nun haͤtte ſich zwar nach und nach vielleicht die Gedult bey mir ein- gefunden, dieſem widerwaͤrtigen Verhaͤngniſſe ſo lange ſtille zu halten, bis ſich mit der Zeit Gelegen- heit gefunden, ſelbiges mit guter Manier zu verbeſ- ſern, allein das unerhoͤrt grauſame Tractament, welches ich alltaͤglich von den Unter-Officiers, und ſon-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/228>, abgerufen am 21.11.2024.