Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

sonderlich dem Sohne meines Vormundes, der
Corporal hieß, erdulten mußte, war abermahls
unerträglich. Jch glaube, daß letzt erwehnter Bö-
sewicht, mir lediglich auf Anstifften seiner vergällten
Mutter, so viel Hertzeleid zufügte, und auch seine
andern Cameraden darzu anrettzte, denn wenn ich
beym privat-exerciren nur das Weisse in den Au-
gen ein wenig verwendete, geschweige denn sonst
etwas unmögliches recht zu machen wußte, mußte
mein Rücken dermassen viel Stockschläge fühlen,
dergleichen er sich empfangen zu haben nicht erin-
nern konte, seit dem ich der Katze die Schelle ange-
hängt, der Magd den Zettel angeklebt, des Hundes
Stuhl mit Steck-Nadeln gefüttert, und den alten
Weibern das curieuse Feuerwerck praepariret hatte.

Wir mußten über die besonders lustige Art, wo-"
mit Mons. Kramer dieses letztere vorbrachte, von"
Hertzen lachen, ohngeacht die Beschreibung seines"
angetretenen Soldaten-Lebens eben nicht lächer-"
lich war, so bald er sich aber selbst mit uns satt ge-"
lacht hatte, fuhr er in erzehlen also fort."

Solcher gestalt müßte ich sehr einfältig gewesen
seyn, wenn ich nicht gemerckt, daß mir mein Vet-
ter und Vormund dieses Bad selbst zubereitet hätte,
um nur desto länger mit dem verdrießlichen Spru-
che: Thue Rechnung von deinem Haushal-
ten etc.
verschonet zu bleiben. Derowegen war eben
im Begriff, etwa einen höhern Officier, durch Ge-
schencke, und Versprechung eines mehrern, auf mei-
ne Seite zu bringen, der mir nicht allein einige Lin-
derung, sondern von meinem ungetreuen Vor-
munde hinlängliche Satisfaction verschaffen solte,

als
o 4

ſonderlich dem Sohne meines Vormundes, der
Corporal hieß, erdulten mußte, war abermahls
unertraͤglich. Jch glaube, daß letzt erwehnter Boͤ-
ſewicht, mir lediglich auf Anſtifften ſeiner vergaͤllten
Mutter, ſo viel Hertzeleid zufuͤgte, und auch ſeine
andern Cameraden darzu anrettzte, denn wenn ich
beym privat-exerciren nur das Weiſſe in den Au-
gen ein wenig verwendete, geſchweige denn ſonſt
etwas unmoͤgliches recht zu machen wußte, mußte
mein Ruͤcken dermaſſen viel Stockſchlaͤge fuͤhlen,
dergleichen er ſich empfangen zu haben nicht erin-
nern konte, ſeit dem ich der Katze die Schelle ange-
haͤngt, der Magd den Zettel angeklebt, des Hundes
Stuhl mit Steck-Nadeln gefuͤttert, und den alten
Weibeꝛn das curieuſe Feuerwerck præpariꝛet hatte.

Wir mußten uͤber die beſonders luſtige Art, wo-„
mit Monſ. Kramer dieſes letztere vorbrachte, von„
Hertzen lachen, ohngeacht die Beſchreibung ſeines„
angetretenen Soldaten-Lebens eben nicht laͤcher-„
lich war, ſo bald er ſich aber ſelbſt mit uns ſatt ge-„
lacht hatte, fuhr er in erzehlen alſo fort.‟

Solcher geſtalt muͤßte ich ſehr einfaͤltig geweſen
ſeyn, wenn ich nicht gemerckt, daß mir mein Vet-
ter und Vormund dieſes Bad ſelbſt zubereitet haͤtte,
um nur deſto laͤnger mit dem verdrießlichen Spru-
che: Thue Rechnung von deinem Haushal-
ten ꝛc.
verſchonet zu bleiben. Derowegen war eben
im Begriff, etwa einen hoͤhern Officier, durch Ge-
ſchencke, und Verſprechung eines mehrern, auf mei-
ne Seite zu bringen, der mir nicht allein einige Lin-
derung, ſondern von meinem ungetreuen Vor-
munde hinlaͤngliche Satisfaction verſchaffen ſolte,

als
o 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0229" n="215"/>
&#x017F;onderlich dem Sohne meines Vormundes, der<lb/><hi rendition="#aq">Corporal</hi> hieß, erdulten mußte, war abermahls<lb/>
unertra&#x0364;glich. Jch glaube, daß letzt erwehnter Bo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ewicht, mir lediglich auf An&#x017F;tifften &#x017F;einer verga&#x0364;llten<lb/>
Mutter, &#x017F;o viel Hertzeleid zufu&#x0364;gte, und auch &#x017F;eine<lb/>
andern <hi rendition="#aq">Camerad</hi>en darzu anrettzte, denn wenn ich<lb/>
beym <hi rendition="#aq">privat-exerci</hi>ren nur das Wei&#x017F;&#x017F;e in den Au-<lb/>
gen ein wenig verwendete, ge&#x017F;chweige denn &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
etwas unmo&#x0364;gliches recht zu machen wußte, mußte<lb/>
mein Ru&#x0364;cken derma&#x017F;&#x017F;en viel Stock&#x017F;chla&#x0364;ge fu&#x0364;hlen,<lb/>
dergleichen er &#x017F;ich empfangen zu haben nicht erin-<lb/>
nern konte, &#x017F;eit dem ich der Katze die Schelle ange-<lb/>
ha&#x0364;ngt, der Magd den Zettel angeklebt, des Hundes<lb/>
Stuhl mit Steck-Nadeln gefu&#x0364;ttert, und den alten<lb/>
Weibe&#xA75B;n das <hi rendition="#aq">curieu&#x017F;e</hi> Feuerwerck <hi rendition="#aq">præpari</hi>&#xA75B;et hatte.</p><lb/>
          <p>Wir mußten u&#x0364;ber die be&#x017F;onders lu&#x017F;tige Art, wo-&#x201E;<lb/>
mit <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. Kramer</hi> die&#x017F;es letztere vorbrachte, von&#x201E;<lb/>
Hertzen lachen, ohngeacht die Be&#x017F;chreibung &#x017F;eines&#x201E;<lb/>
angetretenen Soldaten-Lebens eben nicht la&#x0364;cher-&#x201E;<lb/>
lich war, &#x017F;o bald er &#x017F;ich aber &#x017F;elb&#x017F;t mit uns &#x017F;att ge-&#x201E;<lb/>
lacht hatte, fuhr er in erzehlen al&#x017F;o fort.&#x201F;</p><lb/>
          <p>Solcher ge&#x017F;talt mu&#x0364;ßte ich &#x017F;ehr einfa&#x0364;ltig gewe&#x017F;en<lb/>
&#x017F;eyn, wenn ich nicht gemerckt, daß mir mein Vet-<lb/>
ter und Vormund die&#x017F;es Bad &#x017F;elb&#x017F;t zubereitet ha&#x0364;tte,<lb/>
um nur de&#x017F;to la&#x0364;nger mit dem verdrießlichen Spru-<lb/>
che: <hi rendition="#fr">Thue Rechnung von deinem Haushal-<lb/>
ten &#xA75B;c.</hi> ver&#x017F;chonet zu bleiben. Derowegen war eben<lb/>
im Begriff, etwa einen ho&#x0364;hern <hi rendition="#aq">Officier,</hi> durch Ge-<lb/>
&#x017F;chencke, und Ver&#x017F;prechung eines mehrern, auf mei-<lb/>
ne Seite zu bringen, der mir nicht allein einige Lin-<lb/>
derung, &#x017F;ondern von meinem ungetreuen Vor-<lb/>
munde hinla&#x0364;ngliche <hi rendition="#aq">Satisfaction</hi> ver&#x017F;chaffen &#x017F;olte,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">o 4</fw><fw place="bottom" type="catch">als</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0229] ſonderlich dem Sohne meines Vormundes, der Corporal hieß, erdulten mußte, war abermahls unertraͤglich. Jch glaube, daß letzt erwehnter Boͤ- ſewicht, mir lediglich auf Anſtifften ſeiner vergaͤllten Mutter, ſo viel Hertzeleid zufuͤgte, und auch ſeine andern Cameraden darzu anrettzte, denn wenn ich beym privat-exerciren nur das Weiſſe in den Au- gen ein wenig verwendete, geſchweige denn ſonſt etwas unmoͤgliches recht zu machen wußte, mußte mein Ruͤcken dermaſſen viel Stockſchlaͤge fuͤhlen, dergleichen er ſich empfangen zu haben nicht erin- nern konte, ſeit dem ich der Katze die Schelle ange- haͤngt, der Magd den Zettel angeklebt, des Hundes Stuhl mit Steck-Nadeln gefuͤttert, und den alten Weibeꝛn das curieuſe Feuerwerck præpariꝛet hatte. Wir mußten uͤber die beſonders luſtige Art, wo-„ mit Monſ. Kramer dieſes letztere vorbrachte, von„ Hertzen lachen, ohngeacht die Beſchreibung ſeines„ angetretenen Soldaten-Lebens eben nicht laͤcher-„ lich war, ſo bald er ſich aber ſelbſt mit uns ſatt ge-„ lacht hatte, fuhr er in erzehlen alſo fort.‟ Solcher geſtalt muͤßte ich ſehr einfaͤltig geweſen ſeyn, wenn ich nicht gemerckt, daß mir mein Vet- ter und Vormund dieſes Bad ſelbſt zubereitet haͤtte, um nur deſto laͤnger mit dem verdrießlichen Spru- che: Thue Rechnung von deinem Haushal- ten ꝛc. verſchonet zu bleiben. Derowegen war eben im Begriff, etwa einen hoͤhern Officier, durch Ge- ſchencke, und Verſprechung eines mehrern, auf mei- ne Seite zu bringen, der mir nicht allein einige Lin- derung, ſondern von meinem ungetreuen Vor- munde hinlaͤngliche Satisfaction verſchaffen ſolte, als o 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/229
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/229>, abgerufen am 21.11.2024.