Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

Herren, sagte hierbey Mons. Kramer, auch eine
ausführliche Beschreibung von meinen zugestossenen
Kriegs-Begebenheiten machen, allein ich fürchte, es
möchte selbige auf einmahl, wegen der Langweilig-
keit verdrießlich fallen, derowegen will dergleichen
bis auf eine andere Zeit versparen, und voritzo nur
melden, daß, nach glücklich abgelegten Rück-
March, kaum mein Stand-Quartier bezogen hat-
te, da ich so gleich um Urlaub bat, und die Reise zu
meiner Liebsten antrat. Aber, aber! indem ich die-
selbe unverhofft zu überfallen, und desto mehr Freu-
de zu verursachen gedachte, traff ich im Hause alles
consternirt, betrübt und gegen mich kaltsinnig an.
Meine Braut solte vor wenig Wochen zu einer ih-
rer Muhmen gereiset seyn, welche selbige nicht so
bald wieder hätte von sich lassen wollen. Jch machte
mir allerhand Gedancken bey solchem verwirreten
und kaltsinnigen Wesen, iedoch was will ich itzo vie-
le Umschweife machen? die saubere Rosine hatte
bey ihrer grossen Klugheit ins Nest hofiret, deutlich
aber zu sagen, ein Jungfer-Kindgen bekommen,
und zwar von einem solchen Spaß-Galane, der
sie Standes wegen nicht heyrathen durffte oder
wolte.

Jhre Eltern liessen mir dieses Malheur, durch den
dritten Mann, in einem Säfftgen beybringen, wel-
cher hoch und theuer versicherte, daß diese Sache
gantz und gar noch nicht kundbar wäre, sondern
gantz artig vermäntelt werden könte, wenn ich vor
1000. Thlr. besondere Discretion, mich ins Mittel
schlagen, Vater des Kindes heissen, u. die Geschwäch-
te heyrathen wolte. Allein hierzu war der gantze

Kerl

Herren, ſagte hierbey Monſ. Kramer, auch eine
ausfuͤhrliche Beſchreibung von meinen zugeſtoſſenen
Kriegs-Begebenheiten machen, allein ich fuͤrchte, es
moͤchte ſelbige auf einmahl, wegen der Langweilig-
keit verdrießlich fallen, derowegen will dergleichen
bis auf eine andere Zeit verſparen, und voritzo nur
melden, daß, nach gluͤcklich abgelegten Ruͤck-
March, kaum mein Stand-Quartier bezogen hat-
te, da ich ſo gleich um Urlaub bat, und die Reiſe zu
meiner Liebſten antrat. Aber, aber! indem ich die-
ſelbe unverhofft zu uͤberfallen, und deſto mehr Freu-
de zu verurſachen gedachte, traff ich im Hauſe alles
conſternirt, betruͤbt und gegen mich kaltſinnig an.
Meine Braut ſolte vor wenig Wochen zu einer ih-
rer Muhmen gereiſet ſeyn, welche ſelbige nicht ſo
bald wieder haͤtte von ſich laſſen wollen. Jch machte
mir allerhand Gedancken bey ſolchem verwirreten
und kaltſinnigen Weſen, iedoch was will ich itzo vie-
le Umſchweife machen? die ſaubere Roſine hatte
bey ihrer groſſen Klugheit ins Neſt hofiret, deutlich
aber zu ſagen, ein Jungfer-Kindgen bekommen,
und zwar von einem ſolchen Spaß-Galane, der
ſie Standes wegen nicht heyrathen durffte oder
wolte.

Jhre Eltern lieſſen mir dieſes Malheur, durch den
dritten Mann, in einem Saͤfftgen beybringen, wel-
cher hoch und theuer verſicherte, daß dieſe Sache
gantz und gar noch nicht kundbar waͤre, ſondern
gantz artig vermaͤntelt werden koͤnte, wenn ich vor
1000. Thlr. beſondere Diſcretion, mich ins Mittel
ſchlagen, Vater des Kindes heiſſen, u. die Geſchwaͤch-
te heyrathen wolte. Allein hierzu war der gantze

Kerl
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0240" n="226"/>
Herren, &#x017F;agte hierbey <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. Kramer,</hi> auch eine<lb/>
ausfu&#x0364;hrliche Be&#x017F;chreibung von meinen zuge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;enen<lb/>
Kriegs-Begebenheiten machen, allein ich fu&#x0364;rchte, es<lb/>
mo&#x0364;chte &#x017F;elbige auf einmahl, wegen der Langweilig-<lb/>
keit verdrießlich fallen, derowegen will dergleichen<lb/>
bis auf eine andere Zeit ver&#x017F;paren, und voritzo nur<lb/>
melden, daß, nach glu&#x0364;cklich abgelegten Ru&#x0364;ck-<lb/><hi rendition="#aq">March,</hi> kaum mein Stand-<hi rendition="#aq">Quartier</hi> bezogen hat-<lb/>
te, da ich &#x017F;o gleich um Urlaub bat, und die Rei&#x017F;e zu<lb/>
meiner Lieb&#x017F;ten antrat. Aber, aber! indem ich die-<lb/>
&#x017F;elbe unverhofft zu u&#x0364;berfallen, und de&#x017F;to mehr Freu-<lb/>
de zu verur&#x017F;achen gedachte, traff ich im Hau&#x017F;e alles<lb/><hi rendition="#aq">con&#x017F;terni</hi>rt, betru&#x0364;bt und gegen mich kalt&#x017F;innig an.<lb/>
Meine Braut &#x017F;olte vor wenig Wochen zu einer ih-<lb/>
rer Muhmen gerei&#x017F;et &#x017F;eyn, welche &#x017F;elbige nicht &#x017F;o<lb/>
bald wieder ha&#x0364;tte von &#x017F;ich la&#x017F;&#x017F;en wollen. Jch machte<lb/>
mir allerhand Gedancken bey &#x017F;olchem verwirreten<lb/>
und kalt&#x017F;innigen We&#x017F;en, iedoch was will ich itzo vie-<lb/>
le Um&#x017F;chweife machen? die &#x017F;aubere <hi rendition="#aq">Ro&#x017F;ine</hi> hatte<lb/>
bey ihrer gro&#x017F;&#x017F;en Klugheit ins Ne&#x017F;t hofiret, deutlich<lb/>
aber zu &#x017F;agen, ein Jungfer-Kindgen bekommen,<lb/>
und zwar von einem &#x017F;olchen Spaß-<hi rendition="#aq">Galane,</hi> der<lb/>
&#x017F;ie Standes wegen nicht heyrathen durffte oder<lb/>
wolte.</p><lb/>
          <p>Jhre Eltern lie&#x017F;&#x017F;en mir die&#x017F;es <hi rendition="#aq">Malheur,</hi> durch den<lb/>
dritten Mann, in einem Sa&#x0364;fftgen beybringen, wel-<lb/>
cher hoch und theuer ver&#x017F;icherte, daß die&#x017F;e Sache<lb/>
gantz und gar noch nicht kundbar wa&#x0364;re, &#x017F;ondern<lb/>
gantz artig verma&#x0364;ntelt werden ko&#x0364;nte, wenn ich vor<lb/>
1000. Thlr. be&#x017F;ondere <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cretion,</hi> mich ins Mittel<lb/>
&#x017F;chlagen, Vater des Kindes hei&#x017F;&#x017F;en, u. die Ge&#x017F;chwa&#x0364;ch-<lb/>
te heyrathen wolte. Allein hierzu war der gantze<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Kerl</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0240] Herren, ſagte hierbey Monſ. Kramer, auch eine ausfuͤhrliche Beſchreibung von meinen zugeſtoſſenen Kriegs-Begebenheiten machen, allein ich fuͤrchte, es moͤchte ſelbige auf einmahl, wegen der Langweilig- keit verdrießlich fallen, derowegen will dergleichen bis auf eine andere Zeit verſparen, und voritzo nur melden, daß, nach gluͤcklich abgelegten Ruͤck- March, kaum mein Stand-Quartier bezogen hat- te, da ich ſo gleich um Urlaub bat, und die Reiſe zu meiner Liebſten antrat. Aber, aber! indem ich die- ſelbe unverhofft zu uͤberfallen, und deſto mehr Freu- de zu verurſachen gedachte, traff ich im Hauſe alles conſternirt, betruͤbt und gegen mich kaltſinnig an. Meine Braut ſolte vor wenig Wochen zu einer ih- rer Muhmen gereiſet ſeyn, welche ſelbige nicht ſo bald wieder haͤtte von ſich laſſen wollen. Jch machte mir allerhand Gedancken bey ſolchem verwirreten und kaltſinnigen Weſen, iedoch was will ich itzo vie- le Umſchweife machen? die ſaubere Roſine hatte bey ihrer groſſen Klugheit ins Neſt hofiret, deutlich aber zu ſagen, ein Jungfer-Kindgen bekommen, und zwar von einem ſolchen Spaß-Galane, der ſie Standes wegen nicht heyrathen durffte oder wolte. Jhre Eltern lieſſen mir dieſes Malheur, durch den dritten Mann, in einem Saͤfftgen beybringen, wel- cher hoch und theuer verſicherte, daß dieſe Sache gantz und gar noch nicht kundbar waͤre, ſondern gantz artig vermaͤntelt werden koͤnte, wenn ich vor 1000. Thlr. beſondere Diſcretion, mich ins Mittel ſchlagen, Vater des Kindes heiſſen, u. die Geſchwaͤch- te heyrathen wolte. Allein hierzu war der gantze Kerl

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/240
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/240>, abgerufen am 18.12.2024.