Frau Muhme, als eine dem Geitze sehr ergebene Frau, bey ihrem grossen Vermögen noch immer Hungers zu sterben befürchtete, und der Himmel auf einem andern Gymnasio, wegen meiner reinen und ziemlich manierlichen Singe-Stimme, sehr wichtige Subsidia vor mich zeigte, schaffte mich mei- ne liebe Mutter, auf inständiges Anhalten, unter Vergiessung häuffiger Thränen, mit zufälliger gu- ter Gelegenheit dahin, allwo sonderlich die herrlichen Testimonia meiner Praeceptorum, und Recom- mendation-Schreiben anderer vornehmer Leute mir den profitablesten Unterhalt verschafften.
Es war kurtz nach Pfingsten des 1707ten Jah- res da ich solchergestalt, eine gantz neue und verbes- serte Einrichtung in meinem Studiren machte, und weiln mir das Glück favorisirte, mich bey dem er- sten Examine so wohl im peroriren, als in der Ela- boration aller vorgegebenen Exercitien, vor an- dern, die doch weit älter als ich waren, ziemlicher massen hervor zu thun, fiel mir die Gunst vornehmer Schul-Patronen und der neuen Praeceptorum in reicherer Masse bey, als ich mir hätte einbilden kön- nen. Ein vornehmer Mann, mit dessen 12. jähri- gen artigen Sohne ich die Humaniora alltäglich, zu seinem und meinem Nutzen, aufs fleißigste repetiren mußte, gab mir aus besonderer Liebe gegen meine Wenigkeit, freyen Tisch, Stube, Holtz, Licht, Wä- sche und über dieses alles, noch manchen schönen Thaler an baaren Gelde, ja da er meine besondere Emsigkeit merckte, zohe er selbst noch 4. andere wohlgezogene Knaben zu dieser privat Ubung, deren Eltern, als lauter vornehme und wohlhabende Leute,
mich
Frau Muhme, als eine dem Geitze ſehr ergebene Frau, bey ihrem groſſen Vermoͤgen noch immer Hungers zu ſterben befuͤrchtete, und der Himmel auf einem andern Gymnaſio, wegen meiner reinen und ziemlich manierlichen Singe-Stimme, ſehr wichtige Subſidia vor mich zeigte, ſchaffte mich mei- ne liebe Mutter, auf inſtaͤndiges Anhalten, unter Vergieſſung haͤuffiger Thraͤnen, mit zufaͤlliger gu- ter Gelegenheit dahin, allwo ſonderlich die herrlichen Teſtimonia meiner Præceptorum, und Recom- mendation-Schreiben anderer vornehmer Leute mir den profitableſten Unterhalt verſchafften.
Es war kurtz nach Pfingſten des 1707ten Jah- res da ich ſolchergeſtalt, eine gantz neue und verbeſ- ſerte Einrichtung in meinem Studiren machte, und weiln mir das Gluͤck favoriſirte, mich bey dem er- ſten Examine ſo wohl im peroriren, als in der Ela- boration aller vorgegebenen Exercitien, vor an- dern, die doch weit aͤlter als ich waren, ziemlicher maſſen hervor zu thun, fiel mir die Gunſt vornehmer Schul-Patronen und der neuen Præceptorum in reicherer Maſſe bey, als ich mir haͤtte einbilden koͤn- nen. Ein vornehmer Mann, mit deſſen 12. jaͤhri- gen artigen Sohne ich die Humaniora alltaͤglich, zu ſeinem und meinem Nutzen, aufs fleißigſte repetiren mußte, gab mir aus beſonderer Liebe gegen meine Wenigkeit, freyen Tiſch, Stube, Holtz, Licht, Waͤ- ſche und uͤber dieſes alles, noch manchen ſchoͤnen Thaler an baaren Gelde, ja da er meine beſondere Emſigkeit merckte, zohe er ſelbſt noch 4. andere wohlgezogene Knaben zu dieſer privat Ubung, deren Eltern, als lauter vornehme und wohlhabende Leute,
mich
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[11/0025]
Frau Muhme, als eine dem Geitze ſehr ergebene
Frau, bey ihrem groſſen Vermoͤgen noch immer
Hungers zu ſterben befuͤrchtete, und der Himmel
auf einem andern Gymnaſio, wegen meiner reinen
und ziemlich manierlichen Singe-Stimme, ſehr
wichtige Subſidia vor mich zeigte, ſchaffte mich mei-
ne liebe Mutter, auf inſtaͤndiges Anhalten, unter
Vergieſſung haͤuffiger Thraͤnen, mit zufaͤlliger gu-
ter Gelegenheit dahin, allwo ſonderlich die herrlichen
Teſtimonia meiner Præceptorum, und Recom-
mendation-Schreiben anderer vornehmer Leute
mir den profitableſten Unterhalt verſchafften.
Es war kurtz nach Pfingſten des 1707ten Jah-
res da ich ſolchergeſtalt, eine gantz neue und verbeſ-
ſerte Einrichtung in meinem Studiren machte, und
weiln mir das Gluͤck favoriſirte, mich bey dem er-
ſten Examine ſo wohl im peroriren, als in der Ela-
boration aller vorgegebenen Exercitien, vor an-
dern, die doch weit aͤlter als ich waren, ziemlicher
maſſen hervor zu thun, fiel mir die Gunſt vornehmer
Schul-Patronen und der neuen Præceptorum in
reicherer Maſſe bey, als ich mir haͤtte einbilden koͤn-
nen. Ein vornehmer Mann, mit deſſen 12. jaͤhri-
gen artigen Sohne ich die Humaniora alltaͤglich, zu
ſeinem und meinem Nutzen, aufs fleißigſte repetiren
mußte, gab mir aus beſonderer Liebe gegen meine
Wenigkeit, freyen Tiſch, Stube, Holtz, Licht, Waͤ-
ſche und uͤber dieſes alles, noch manchen ſchoͤnen
Thaler an baaren Gelde, ja da er meine beſondere
Emſigkeit merckte, zohe er ſelbſt noch 4. andere
wohlgezogene Knaben zu dieſer privat Ubung, deren
Eltern, als lauter vornehme und wohlhabende Leute,
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/25>, abgerufen am 23.11.2024.
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