stichon fast in allen Evangelischen Häusern kund- bar, jedoch die Herren Jesuiter, stelleten sich an, als ob sie diesen Streich entweder nicht wüßten, oder nichts achteten, derowegen fing ich nach Verfluß ei- nes gantzen Monats zuglauben an: Meine Furcht und gebrauchte Vorsicht, nicht etwa ein Schlacht- Opfer ihres Eiffers zu werden, sey gantz und gar vergebens. Allein daß nicht alle schlafen, welche die Augen zuthun, und daß die stillen Wasser gefähr- lich und tief sind, mußte ich damahls zu meinem ziem- lichen Unglück erfahren. Denn da ich eines Abends vor der Haus-Thür stund, kam ein grün gekleideter Laquey und bat mich, ihn zu berichten, in welchem Hause der Gymnasiaste Schmeltzer anzutreffen; nachdem ihn nun vergewissert, daß ich selbsten der- jenige sey, welchen er suchte, sprach er mit sehr freund- lichen Geberden, ich solte so gut seyn und ihm in ein gewisses Haus, welches er mir nennete, folgen, wei- len daselbst zwey fremde Cavalier, meine, ihnen so sehr gerühmte Singe-Stimme, bey einer doucen Abend-Musique zu hören verlangten, meine Mühe aber reichlich belohnen wolten. Allein, setzte er hin- zu, ich dürffte mich nicht säumen, weil sie und die Musicanten selbst, mit Schmertzen darauf warteten. Zu meinem Unglück war mein Principal, nebst sei- ner Familie, bey einem vornehmen Freunde zu Ga- ste, und weil ich über 2. oder 3. Stunden nicht aus- zubleiben vermeinete, sagte ich dem Haus-Gesinde, gewisser Ursachen wegen, nicht wo ich hin wolte, son- dern hohlete nur eiligst einige Musicalien von meiner Stube, mit welchen ich dann, ohne eintziges Nach- dencken, dem, unten vor der Thür auf mich warten-
den
ſtichon faſt in allen Evangeliſchen Haͤuſern kund- bar, jedoch die Herren Jeſuiter, ſtelleten ſich an, als ob ſie dieſen Streich entweder nicht wuͤßten, oder nichts achteten, derowegen fing ich nach Verfluß ei- nes gantzen Monats zuglauben an: Meine Furcht und gebrauchte Vorſicht, nicht etwa ein Schlacht- Opfer ihres Eiffers zu werden, ſey gantz und gar vergebens. Allein daß nicht alle ſchlafen, welche die Augen zuthun, und daß die ſtillen Waſſer gefaͤhr- lich und tief ſind, mußte ich damahls zu meinem ziem- lichen Ungluͤck erfahren. Denn da ich eines Abends vor der Haus-Thuͤr ſtund, kam ein gruͤn gekleideter Laquey und bat mich, ihn zu berichten, in welchem Hauſe der Gymnaſiaſte Schmeltzer anzutreffen; nachdem ihn nun vergewiſſert, daß ich ſelbſten der- jenige ſey, welchen er ſuchte, ſprach er mit ſehr freund- lichen Geberden, ich ſolte ſo gut ſeyn und ihm in ein gewiſſes Haus, welches er mir nennete, folgen, wei- len daſelbſt zwey fremde Cavalier, meine, ihnen ſo ſehr geruͤhmte Singe-Stimme, bey einer douçen Abend-Muſique zu hoͤren verlangten, meine Muͤhe aber reichlich belohnen wolten. Allein, ſetzte er hin- zu, ich duͤrffte mich nicht ſaͤumen, weil ſie und die Muſicanten ſelbſt, mit Schmertzen darauf warteten. Zu meinem Ungluͤck war mein Principal, nebſt ſei- ner Familie, bey einem vornehmen Freunde zu Ga- ſte, und weil ich uͤber 2. oder 3. Stunden nicht aus- zubleiben vermeinete, ſagte ich dem Haus-Geſinde, gewiſſer Urſachen wegen, nicht wo ich hin wolte, ſon- dern hohlete nur eiligſt einige Muſicalien von meiner Stube, mit welchen ich dann, ohne eintziges Nach- dencken, dem, unten vor der Thuͤr auf mich warten-
den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0030"n="16"/><hirendition="#aq">ſtichon</hi> faſt in allen Evangeliſchen Haͤuſern kund-<lb/>
bar, jedoch die Herren <hirendition="#aq">Jeſuiter,</hi>ſtelleten ſich an, als<lb/>
ob ſie dieſen Streich entweder nicht wuͤßten, oder<lb/>
nichts achteten, derowegen fing ich nach Verfluß ei-<lb/>
nes gantzen Monats zuglauben an: Meine Furcht<lb/>
und gebrauchte Vorſicht, nicht etwa ein Schlacht-<lb/>
Opfer ihres Eiffers zu werden, ſey gantz und gar<lb/>
vergebens. Allein daß nicht alle ſchlafen, welche<lb/>
die Augen zuthun, und daß die ſtillen Waſſer gefaͤhr-<lb/>
lich und tief ſind, mußte ich damahls zu meinem ziem-<lb/>
lichen Ungluͤck erfahren. Denn da ich eines Abends<lb/>
vor der Haus-Thuͤr ſtund, kam ein gruͤn gekleideter<lb/><hirendition="#aq">Laquey</hi> und bat mich, ihn zu berichten, in welchem<lb/>
Hauſe der <hirendition="#aq">Gymnaſia</hi>ſte <hirendition="#aq">Schmeltzer</hi> anzutreffen;<lb/>
nachdem ihn nun vergewiſſert, daß ich ſelbſten der-<lb/>
jenige ſey, welchen er ſuchte, ſprach er mit ſehr freund-<lb/>
lichen Geberden, ich ſolte ſo gut ſeyn und ihm in ein<lb/>
gewiſſes Haus, welches er mir nennete, folgen, wei-<lb/>
len daſelbſt zwey fremde <hirendition="#aq">Cavalier,</hi> meine, ihnen ſo<lb/>ſehr geruͤhmte Singe-Stimme, bey einer <hirendition="#aq">douç</hi>en<lb/>
Abend-<hirendition="#aq">Muſique</hi> zu hoͤren verlangten, meine Muͤhe<lb/>
aber reichlich belohnen wolten. Allein, ſetzte er hin-<lb/>
zu, ich duͤrffte mich nicht ſaͤumen, weil ſie und die<lb/><hirendition="#aq">Muſicant</hi>en ſelbſt, mit Schmertzen darauf warteten.<lb/>
Zu meinem Ungluͤck war mein <hirendition="#aq">Principal,</hi> nebſt ſei-<lb/>
ner <hirendition="#aq">Familie,</hi> bey einem vornehmen Freunde zu Ga-<lb/>ſte, und weil ich uͤber 2. oder 3. Stunden nicht aus-<lb/>
zubleiben vermeinete, ſagte ich dem Haus-Geſinde,<lb/>
gewiſſer Urſachen wegen, nicht wo ich hin wolte, ſon-<lb/>
dern hohlete nur eiligſt einige <hirendition="#aq">Muſicali</hi>en von meiner<lb/>
Stube, mit welchen ich dann, ohne eintziges Nach-<lb/>
dencken, dem, unten vor der Thuͤr auf mich warten-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">den</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[16/0030]
ſtichon faſt in allen Evangeliſchen Haͤuſern kund-
bar, jedoch die Herren Jeſuiter, ſtelleten ſich an, als
ob ſie dieſen Streich entweder nicht wuͤßten, oder
nichts achteten, derowegen fing ich nach Verfluß ei-
nes gantzen Monats zuglauben an: Meine Furcht
und gebrauchte Vorſicht, nicht etwa ein Schlacht-
Opfer ihres Eiffers zu werden, ſey gantz und gar
vergebens. Allein daß nicht alle ſchlafen, welche
die Augen zuthun, und daß die ſtillen Waſſer gefaͤhr-
lich und tief ſind, mußte ich damahls zu meinem ziem-
lichen Ungluͤck erfahren. Denn da ich eines Abends
vor der Haus-Thuͤr ſtund, kam ein gruͤn gekleideter
Laquey und bat mich, ihn zu berichten, in welchem
Hauſe der Gymnaſiaſte Schmeltzer anzutreffen;
nachdem ihn nun vergewiſſert, daß ich ſelbſten der-
jenige ſey, welchen er ſuchte, ſprach er mit ſehr freund-
lichen Geberden, ich ſolte ſo gut ſeyn und ihm in ein
gewiſſes Haus, welches er mir nennete, folgen, wei-
len daſelbſt zwey fremde Cavalier, meine, ihnen ſo
ſehr geruͤhmte Singe-Stimme, bey einer douçen
Abend-Muſique zu hoͤren verlangten, meine Muͤhe
aber reichlich belohnen wolten. Allein, ſetzte er hin-
zu, ich duͤrffte mich nicht ſaͤumen, weil ſie und die
Muſicanten ſelbſt, mit Schmertzen darauf warteten.
Zu meinem Ungluͤck war mein Principal, nebſt ſei-
ner Familie, bey einem vornehmen Freunde zu Ga-
ſte, und weil ich uͤber 2. oder 3. Stunden nicht aus-
zubleiben vermeinete, ſagte ich dem Haus-Geſinde,
gewiſſer Urſachen wegen, nicht wo ich hin wolte, ſon-
dern hohlete nur eiligſt einige Muſicalien von meiner
Stube, mit welchen ich dann, ohne eintziges Nach-
dencken, dem, unten vor der Thuͤr auf mich warten-
den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/30>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.